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Kampagne "Kürzt den Rüstungsetat" erfolgreich angelaufen
Auf zum Endspurt!
vonSeit Mai diesen Jahres läuft, von Pax Christi initiiert, die Kampagne "Kürzt den Rüstungsetat", in der sich besonders christliche Gruppen (Bund der deutschen katholische Jugend, Ökumenische Initiative Eine Welt, Ohne Rüstung leben u. a.), aber auch die Deutsche Friedensgesellschaft-Vereinigte Kriegsdienstgegner engagieren. Ziel der Kampagne ist die "deutliche Verminderung" der Rüstungsausgaben in der Bundesrepublik. Dem Ziel der Senkung des Rüstungsetats dienen zwei Ansätze:
Zum einen, wie Schaffen und vertiefen wir ein politisches, psychologisches Klima, das Abrüstung nicht nur rhetorisch zuläßt oder fordert, sondern das auch die für Abrüstung und Umrüstung notwendige Bereitschaft zum persönlichen Einsatz und die notwendige Solidarität wachsen läßt? Konkretes Beispiel: Was passiert in strukturschwachen Regionen oder Gemeinden, wenn der einzige Wirtschaftsfaktor "Militär" abgezogen oder reduziert wird? Schon jetzt gibt es Gemeinden, die darauf hinweisen, daß Abrüstung sicher richtig ist, aber man doch bitteschön woanders damit beginnen solle. Zum anderen, was können wir auf politischer Ebene bewegen, damit die zweifellos vorhandene historische Chance zur endgültigen Überwindung des Nachkriegskonfliktes nicht vertan wird?
Beide Ziele, das "bewußtseinsbildende, psychologische" und das "politische", könne über das Kernstück der Kampagne, die Unterschriftensammlung zum Aufruf an den deutschen Bundestag gefördert werden. Wie ist der Stand der Bemühungen, wenige Wochen vor dem Ende der diesjährigen Kampagne (Buß- und Bettag, 22. 11., Verabschiedung des Haushaltes 1990 Anfang Dezember)?
Zwanzigtausend Unterschriften gesammelt
Zunächst: Etwa 20.000 Unterschriften wurden bisher unter den Aufruf gesammelt. Der Rücklauf und die Materialbestellungen sind kontinuierlich, erfahrungsgemäß gibt es zum Ende einer Kampagne nochmal einen "Berg" an Rücksendungen. Die Ziele der Kampagne finden nach allen bisherigen "Vor-Ort-Erfahrungen" Zustimmung, die Bereitschaft zu unterschreiben oder selbst etwas zu tun, ist groß. Die Zustimmung geht einerseits weit über das christliche Spektrum hinaus (kommunale Friedensforen z.B.), andererseits übertrifft sie deutlich die traditionellen Sympathisantenkreise der Friedensbewegung (z.B. Kirchengemeinden, CDU-Mitglieder). Die pädagogisch-psychologische Bewußtseinsbildung scheint gut auf dem Weg zu sein, wenngleich die inhaltliche Auseinandersetzung sicher noch nicht den oben angedeuteten Problemstand erreicht hat.
Letztlich geht es um den Umbau, die Konversion nicht nur der Industrie, sondern auch von Regionen, die Entmilitarisierung der gesamten Gesellschaft unter Berücksichtigung lokaler und globaler Solidarität, unter Einbeziehung ökologischer und sozialer Fragen.
Was ist in den verbleibenden Wochen für die Kampagne noch zu tun? Da sie dezentral angelegt ist, bietet sich folgende Möglichkeit, die jede-r mit relativ geringem Aufwand realisieren kann: Materialien bestellen (Briefumschläge, Aufrufe, Listen) und mit kurzem Begleitschreiben an alle FreundInnen und Bekannte schicken. Und diese wiederum auffordern, das gleiche zu tun.
Wer dagegen lieber "politisch" einsteigen möchte, dem sei empfohlen, sich auf Kontakte zu den Volksvertretern der Regierungsparteien zu konzentrieren (Sprechstunde besuchen, Briefe schreiben, anrufen). Warum? Ein kurzer Überblick über die Ergebnisse der politischen Auseinandersetzung macht dies deutlich:
Was die Parteien meinen
10.00 Unterschriften wurden dem Petitionsausschuß des Bundestages bereits mit einer Petition überreicht. Der Ausschuß hat inzwischen um eine Stellungnahme des Haushaltsausschusses gebeten. Die parlamentarischen Gremien beschäftigen sich also mit unserer Forderung. Das Ergebnis wird die Machtverhältnisse und die Positionen der Parteien spiegeln. Alle Parteien waren vom Pax-Christi-Präsidium um Gesprächstermine angefragt worden. Die Gespräche mit der SPD und den Grünen haben inzwischen stattgefunden. Die FDP hat einen Termin nach Verabschiedung des Haushaltsgesetzes angeboten. Die CDU bot nur die vage Aussicht, man könnte ja mal überlegen. Hier die Einschätzung aller Kontakte:
CDU:
Es gibt zur Zeit weder Stellungnahmen noch spürbare Gesprächsbereitschaft. Z.B. ist es fast aussichtslos, einen politisch bedeutenden Diskussionspartner für Veranstaltungen zu bekommen. "Warten auf Wien" scheint die Devise, hinter der man sich gegenwärtig in Sprachlosigkeit verschanzt. einzige Ausnahme: Rita Süssmuth. Am 29 9. forderte sie weltweite Einsparungen bei der Rüstung zugunsten des Umweltschutzes. Dies, so Frau Süssmuth, sei keine "Propaganda", sondern "lebensnotwendig".
FDP:
"Nicht an der Rüstung, sondern in der Rüstung sparen", scheint die gegenwärtige Devise der FDP zu sein. Rüstungsgelder effektiver nutzen, um so - genau genommen - die Abschreckung noch zu steigern. In dieser Linie liegt auch die prinzipielle Maxime der FDP, den Rüstungsetat nicht mehr als den Gesamthaushalt ansteigen zu lassen. Der Haushaltsentwurf '90 zeigt nämlich: "Nicht mehr" heißt leider auch "nicht weniger".
SPD:
"Einfrieren auf dem Stand von 1988", die Forderung des Münsteraner Parteitages ist Leitlinie für die diesjährigen Haushaltsvorschläge der SPD. Um dieses Ziel zu erreichen, werden Kürzungsvorschläge in Höhe von 3,15 Mrd. DM gemacht. Darunter, wie auch bei den Grünen, der Ausstieg aus dem "Jäger 90". Dieses Großprojekt, so die SPD, mache aber auch deutlich, daß Abrüstung zunächst einmal keine Gelder freisetzt, sondern etwas kostet. Im Falle des "Jäger 90" z. B. die Konventionalstrafen für den Ausstieg aus bestehenden Verträgen. Frage jedoch an die SPD: Was ist der Münsteraner Beschluß wert, wenn ihr Koalitionspartner 1990 nicht grün, sondern gelb ist?
Die Grünen:
Sie legen, wie zu erwarten war, die weitesgehenden Kürzungsvorschläge vor. Konkrete Zahlen allerdings noch nicht, sie rechnen noch. Ihr Vorschlag dürfte aber sicher über 20% des Regierungsvorschlages für den Einzelplan 14 liegen. Frage also an die Grünen: Können diese radikalen Kürzungen der Bevölkerung so vermittelt werden, daß die vielen grundsätzlich zur Abrüstung bereiten Menschen auch dann diese Position mittragen werden, wenn die Chance einer politischen Umsetzung von ihnen spürbare Opfer und/oder die Aufgaben (überzogener) Sicherheitsbedürfnisse verlangt?
Diese letzte Frage mag getrost auch als Frage an die Kampagne und die Friedensbewegung verstanden werden.