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Das Internationale Friedenszentrum Sarajevo antwortet

Der Kampf für Frieden, Menschenrechte und eine humane Gesellschaft gehört zu den grundlegenden Forderungen des Internationalen Friedenszentrums.
Wir glaubten, daß ziviler Widerstand gegen die Option des Krieges, indem wir die einheimische und die internationale Öffentlichkeit mobilisierten, entscheidend dabei helfen könnte, den Krieg zu verhindern. Aber kein guter Wille, keine Antikriegsaktion, kein Druck durch die öffentliche Meinung war erfolgreich, weder um den Angriff zu verhindern noch das entsetzliche Maß der Aggression zu begrenzen.
Faschismus- alle Anzeichen gehen dahin, daß es dies ist, worum es hier in Bosnien-Herzegowina geht - hat gezeigt, welche entsetzlichen Folgen er hat. Was Sie nur in Filmen vom Zweiten Weltkrieg sehen können, erleben wir hier in seinem vollen Ausmaß.
Vor den Augen der ganzen internationalen Öffentlichkeit wird in Bosnien-Herzegowina die ethnische Säuberung mittels Niedermetzeln, Massakern, Folterungen und Ermordungen der zivilen Bevölkerung durchgeführt. Konzentrationslager werden gegründet, wohin die ganze nicht-serbische Bevölkerung gebracht wird, die Deportation von Menschen wird ausgeführt und deshalb gibt es eine Flut von Flüchtlingen, die die Welt seit dem Zweiten Weltkrieg nicht gesehen hat.
Die historischen, kulturellen und spirituellen Denkmäler Bosnien-Herzegowinas werden zerstört. Ganze Städte, Ansiedlungen und Dörfer werden zu Ghettos, in denen die Bevölkerung aus Mangel an Lebensmitteln und Medikamenten und unhygienischen Bedingungen (Wasser-und Elektrizität) stirbt.
Gegen eine mächtige Militärmacht, die alle verfügbaren Mittel besitzt, steht die schlecht bewaffnete Armee Bosnien-Herzegowinas, Patrioten, die durch die Idee von Freiheit und einem menschenwürdigen Leben motiviert werden; sie besitzen nichts anderes.
Wir erinnern Sie, daß der respektable französische Philosoph Bernard-Henri Levy, der Sarajevo besucht hat, mit den BürgerInnen aller sozialen Gruppen gesprochen und daraus gefolgert hat, daß eine Militärintervention notwendig ist. Sie ist notwendig, weil dies kein klassischer Krieg mit zwei militärischen Mächten ist, sondern ein Massaker. Dies ist die einzige Bezeichnung für die Situation, in der eine mächtige Militärkraft - ungestraft - Terror ausübt und den Großteil der Bevölkerung von Bosnien-Herzegowina zerstört. Es wird gesagt, daß das Leben in Bosnien-Herzegowina zu einer Art von Russischem Roulette geworden ist, weil das Leben von Zufällen des Schicksals oder Glücks abhängt.
In solch einer Situation, wo wir zwischen Überleben und Militärintervention wählen müssen, wählen wir die letztere. Denn, wenn es keine Macht gibt, die zurückschlagen kann auf diese, die uns überfallen hat, werden Sie uns Särge als humanitäre Hilfe liefern müssen.
In Bosnien-Herzegowina wird das Recht zu leben, das Recht auf eine humane Gesellschaft, das Recht auf menschliche Würde und Gleichheit verteidigt. Jene, die uns angreifen, gehen gnadenlos über all diese, aber auch über andere internationale Prinzipien, die das Fundament der Welt sind. Unglücklicherweise ist die einzige Sprache, die sie verstehen, die Sprache der Gewalt und wenn sie keine solche Antwort bekommen, wird es keine andere Lösung für Bosnien-Herzegowina geben.
Die politische, moralische und humanitäre Hilfe, die Sie uns bringen, ist in Ordnung und wir heißen sie willkommen, aber es ist nicht genug. Wenn es die einzige Hilfe bleibt, die der Bevölkerung Bosnien-Herzegowinas von der internationalen Gemeinschaft geboten wird, dann wird unsere Bevölkerung verschwinden. Im Namen des Rechtes zu leben und all den humanen Prinzipien, die wir in unseren Aktionen propagandierte, unterstützen wir die Idee einer Militärintervention. Dies ist keine bewusste politische Wahl, sondern blanke Notwendigkeit.
International Peace Centre Sarajevo, 6. Juli 1992, Übersetzt aus der Peace News, August 1992