Staudamm im Nordsudan

Deutsche Firma angeklagt

von Amani Teri

Während sich gegen einige Staudammprojekte im Nordsudan noch gewaltsamer oder gewaltfreier Widerstand regt (siehe Friedensforum 5/2009 S. 11), wurde der Meroe-Staudamm bereits in Betrieb genommen. Kurz nachdem der internationale Strafgerichtshof 2009 einen Haftbefehl gegen den sudanesischen Präsidenten Bashir erließ, trumpfte dieser mit der Einweihung des Staudamms und weiterer Prestige-Projekte im Land auf.

Doch auch der Meroe-Staudamm hat ein juristisches Nachspiel, zumindest für die deutsche Ingenieurs-Firma Lahmeyer: Das European Center for Constitutional and Human Rights gemeinsam mit einem der Betroffenen stellten Strafanzeige gegen die Firma, die den Staudamm konzipierte und den Bau überwachte. Den zwei leitenden Angestellten wird vorgeworfen, damit für die Vertreibung von über 4.700 Familien aus 30 Dörfern (zwischen 38.000 und 78.000 Menschen) mitverantwortlich zu sein. U.a. wurden bei den jährlichen Überflutungen Häuser, Felder, Vieh und Obstgärten überflutet. Bei friedlichen Protesten gegen den Staudamm wurden 2006 drei Menschen von Sicherheitskräften umgebracht. 

6364 km² Land wurden überflutet, um durchschnittlich 6.000 Gigawattstunden Elektrizität zu produzieren und etwa 400.000 ha Land bewässern zu helfen. Ob dies jedoch dauerhaft möglich sein wird, bleibt ungewiss, solange das Nile Water Agreement zwischen den Anrainerstaaten des Nils umstritten ist. Die Länder am Oberlauf des Weißen und Blauen Nils wollen in Zukunft das Recht in Anspruch nehmen, mehr Nilwasser zu nutzen - was nicht nur der Landwirtschaft, sondern gerade auch solchen Großprojekten und der Industrie am Unterlauf das Wasser abgraben könnte. Eskalationspotential vorprogrammiert.

Das Projekt wird vom Staat Sudan, mehreren arabischen Ländern und einer chinesischen Bank finanziert. Es dürfte allerdings weitaus schwieriger sein, diese Akteure zur Verantwortung zu ziehen. Lahmeyer kommt jedoch die Verantwortung zu, die Bauarbeiten initiiert zu haben, in dem Wissen, dass keine adäquaten Umsiedlungspläne und -maßnahmen in Gang gesetzt waren. In einer globalisierten Welt muss sich eine Firma auch für im Ausland begangene Menschenrechtsverletzungen verantworten, insbesondere wenn es sich bei dem Land um einen Nicht-Rechtsstaat handelt. Die Rechtsprechung könnte hier einen Präzedenzfall schaffen. Da die Bundesregierung der Verzahnung von Menschenrechten in der Entwicklungszusammenarbeit und Außenpolitik eine zentrale Stellung einräumt, sowie Entwicklungszusammenarbeit und Außenwirtschaft stärker verzahnen will, ist die rechtliche Ahndung zudem ein Politikum.

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Amani Teri arbeitet im Sudan.