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Kein Ende im afrikanischen Weltkrieg
Die Tragödie in der Demokratischen Republik Kongo geht weiter
vonLange Zeit wussten die Nichtregierungsorganisationen ebensowenig wie der UN-Sicherheitsrat, wie sie sich zum Kongo-Krieg verhalten könnten. Doch neuerdings kommt Bewegung in die Szene. Anfang Februar wurde in Bonn und New York der Internationale Kongo-Appell vorgestellt. Unterschrieben von mehr als fünfzig prominenten Staatsmännern, Friedensnobelpreisträgern und Vertretern der Kirchen, richtet er sich an den UN-Generalsekretär Kofi Annan und den Sicherheitsrat der VereintenNationen.
Der Appell fordert ein kontrolliertes Waffenembargo gegen alle in der Demokratischen Republik Kongo (DRK - ehem. Zaire) engagierten Kriegsparteien, eine entschiedene internationale Unterstützung des Friedensabkommens von Lusaka und eine internationale Friedenskonferenz für Zentralafrika. Initiatoren der Aktion sind der Internationale Versöhnungsbund, Pax Christi (Deutsche Sektion), Dialog International (Düsseldorf) und das Internationale Friedensbüro (Genf). Die Initiative entwickelt sich mehr und mehr zu einer langfristig angelegten Kampagne. Doch die Lobbyarbeit für den Kongo ist eine harzige Angelegenheit. In der Öffentlichkeit herrscht totales Desinteresse vor. Die rot-grüne Afrikapolitik muss erst noch Konturen gewinnen, wenn auch Joschka Fischer im Vorfeld des EU-Afrika-Gipfel Anfang April in Kairo zumindest eine Tour durch schwarzafrikanische Länder gemacht hat.
In der DRK findet weitgehend unbemerkt von der Weltöffentlichkeitseit August 1998 Afrikas "Erster Weltkrieg" (so u.a. Madeleine Albright) oder auch "Afrikas Vietnam" ("Afrika Bulletin") statt. Rebellenorganisationen kämpfen, unterstützt von den östlichen Nachbarländern Ruanda, Uganda und Burundi, gegen die Zentralmacht in der Hauptstadt Kinshasa und ihre Alliierten, vor allem aus den Nachbarstaaten des Westens und aus Simbabwe. Präsident Laurent-Desiré Kabila, der die langjährige Mobutu-Diktatur 1997 militärisch beendet hatte, kontrolliert nur mehr 40 Prozent des riesigen Landes mit seinen 50 Millionen Bewohnern. Die Situation der Menschenrechte ist auf beiden Seiten der Front miserabel, Millionen von Menschen sind direkt vom Krieg betroffen, die Versorgungslage der Bevölkerung ist kritisch.
Nur die Militarisierung des Landes kommt voran. Größtes Problem sind die Kleinwaffen, die den erhofften Friedenszustand dauerhaft belasten werden, den die streitenden Parteien im Friedensabkommen von Lusaka vom Juli 1999 schon beschlossen hatten. Das militärische Geschehen geht aber über solche Vereinbarunge bisher souverän hinweg. Inzwischen hat der UN-Sicherheitsrat in seiner Resolution 1291 vom 24.2.2000 eine Aufstockung der UNO-Mission beschlossen. Dochdie Spezialisten sind sich einig, dass auch damit nicht viel erreicht ist.
Ruanda und Uganda begründen die anhaltende Besatzung des halben Kongo mit der Aktivität der Hutu-Milizen, die ihre eigenen Grenzen unsicher machen können. Die Entwaffnung der Milizen wird auch im Friedensabkommen von Lusaka gefordert. Doch das Besatzungsregime dürfte daran im Grunde das geringste Interesse haben, da es kräftig von der Rohstoffausbeute in den Ostprovinzen des Kongo profitiert.
Eines der uneingelösten Versprechen von Präsident Kabila ist der innerkongolesische Dialog - auch dies eine Forderung von "Lusaka". Doch Kabilas Hofstaat herrscht per Dekret, die Demokratisierung findet nicht statt. Die alten politischen Parteien werden schwer drangsaliert. Verständlich, dass sie nicht bereit sind, an einer "consultation nationale" ohne Vorbedingung teilzunehmen. Unter der Oberfläche lassen sich die Erfahrungen in Sachen Demokratisierung in den letzten Jahren der Mobutu-Herrschaft aber nicht so leicht plattmachen (vgl. Daniel Stroux und Achim Vogt: Das Kabila Regime - Politische Parteien und die Zivilgesellschaft).
Die Initiatoren fordern in einer Erklärung vom 17. Februar die Bundesregierung direkt auf, die im Appell vorgeschlagenen Maßnahmen zur Beendigung des Krieges in der DRK zu unterstützen. Anfang März ging ein Brief an die Mitglieder des EU-Ministerrates heraus, in dem es um eine EU-Initiative in dieser Sache geht. Die Unterzeichner - Patriarch Michel Sabbah (Patriarch von Jerusalem und Präsident von Pax Christi International) und Hildegard Goss-Mayr (Ehrenpräsidentin, Internationaler Versöhnungsbund) - weisen dabei auch auf die gut gemeinte, aber wirkungslose Kongo-Erklärung des Ministerrates vom vergangenen November hin.
Die bestehenden Rüstungsexportregelungen - so eine immer noch gültige EU-Richtlinie von 1993 zum Waffenembargo gegen das damalige Zaire - verbieten zwar den direkten Export zumindest in die DRK. Die Riege der international tätigen Waffenschieber schaffen jedoch eine andere Realität. In den neunziger Jahren ist hier ein für die Waffenproduzenten bequemer Wildwuchs von "Schreiber-Typen" entstanden. Die Mehrzahl der Waffen, mit denen in Zentralafrika gekämpft wird, stammt aus Amerika und Europa. Um den Waffenimport - vor allem bei den "leichten Waffen" - zu unterbinden, ist eine aufwendige Importkontrolle notwendig. U.a. das Bonn Center for Conversion (BICC) hat sich in einer Konferenz im November 1999 mit solchen neuen (und leider wohl zukunftsweisenden) Formen von Embargos beschäftigt. Die internationale Kampagne gegen Kleinwaffen (IANSA) arbeitet ebenfalls auf diesem Gebiet. Es gilt hierdas Gleiche wie für die Sanktionen gegen die UNITA in Angola: Es sind die Diamanten und andere Rohstoffe, die die Kriegsmaschine am Laufen halten. Der Reichtum an Bodenschätzen wird zum Fluch für das Volk.
Der Weg zum Frieden in der Demokratischen Republik Kongo ist noch weit. Wie frustrierend die Arbeit von Friedensbringern in den Staaten an den großen afrikanischen Seen sein kann, zeigte zuletzt die faktisch gescheiterte Vermittlungsmission von Nelson Mandela im Burundi-Konflikt. Wie die diversen Vermittlungsversuche in Ex-Jugoslawien gezeigt haben, ist ein langer Atem entscheidend. Versöhnung ist nicht zum Billigtarif zu haben.
Vollständiger Aufruftext und weitere Infos: http://kongo.paxchristi.de.