5.000 Menschen protestieren in Ramstein

Drohnenkrieg ist Mord. Wir kommen wieder

von Reiner BraunPascal LuigLucas WirlJuliane Drechsel-GrauAmela Škiljan
Stopp Ramstein
Stopp Ramstein
(c) Lucas Wirl

Es war die größte Protestaktion gegen Drohneneinsätze, es waren die größten Aktionen der Aufklärung und Information in der Geschichte des jahrzehntelangen Protestes gegen die Militärbasis der USA in Ramstein. Wir haben die Stimmung in der Region zugunsten von Frieden verändert. Das ist das Resümee der vielfältigen Aktivitäten in Ramstein vom 09. bis 12.06. 2016.

5.000 Menschen bildeten bei strömenden Regen eine (fast) geschlossene Menschenkette durch die Ortschaften um die Air Base Ramstein. Hand in Hand standen die Menschen in der mehr als 10 Kilometer langen Kette. Der Dauerregen verhinderte eine noch größere Beteiligung. Die Abschlussdemonstration am Kreisel vor der Air Base brachte den ganzen Optimismus, das Bunte, das Vielfältige und Kreative der Teilnehmenden zum Ausdruck. Hier wurde die Kraft dieser neuen Bewegung eindrucksvoll sichtbar. 10.000 Flugblätter und weiteres Informationsmaterial wurden zusätzlich an die örtliche Bevölkerung verteilt. In den letzten Monaten hat sich das öffentliche Bewusstsein massiv zugunsten des Friedens verändert. Speziell entlang der Strecke der Menschenkette wurde intensiv und nicht ohne Erfolg bei den dort lebenden Menschen für eine Teilnahme geworben. Mehr als zehn regionale Initiativen Stopp Ramstein haben sich bundesweit bisher gegründet. 13 Busse kamen voll mit Menschen nach Ramstein.

Erstmals nahmen internationale Gäste aus einer ganzen Reihe von Ländern an der Menschenkette teil. Sie ergriffen auf den verschiedenen Kundgebungen das Wort. Die Internationalität der Veranstaltungen durch TeilnehmerInnen aus den USA, Großbritannien, Frankreich, der Schweiz, Belgien, Luxemburg und Österreich ebenso wie das Mitwirken von Oskar Lafontaine und Tabea Rößner (MdB Bündnis 90/ Die Grünen). unterstreichen die große Bedeutung dieser Aktionen Mehr als 600 Menschen beteiligten sich an der öffentlichen Abendveranstaltung am Freitag in der Versöhnungskirche mit Willy Wimmer und Albrecht Müller. Die Diskussionen brachten ein klares Nein zum Krieg, zu Drohnen und Atomwaffen und einen geradezu leidenschaftlichen Appell für neue kooperative Beziehungen zu Russland zum Ausdruck. Die Erfahrungen zweier großer politischer Männer gipfelten in der Aussage: „Lasst uns Russland nicht wieder zum Feind machen“.

Mehr als 500 TeilnehmerInnen fanden sich zu vielfältigen Diskussionen im Friedenscamp zusammen. Das Friedenscamp, am Ende - trotz permanenten Regens - völlig überfüllt, war vielleicht der Höhepunkt des gesamten Wochenendes. Aktiv, bunt, offen und engagiert, so war die Stimmung trotz des Regens. Das Versprechen „Wir kommen im nächsten Jahr wieder und bringen noch viele mit“ untermalte den optimistischen Grundtenor dieses so beeindruckenden Camps. Die Wiese des Camps hatte ein örtlicher Landwirt kostenfrei zur Verfügung gestellt; ebenso war Infrastruktur durch AnwohnerInnen bereitgestellt worden. Dies wäre vor Jahren noch undenkbar gewesen und unterstreicht die Veränderung des Klimas vor Ort.

Die inhaltlichen Veranstaltungen am Informationstag am Freitag waren außerordentlich gut besucht.. Wann hat es in Kaiserslautern schon einmal an einem Nachmittag drei Veranstaltungen zu gesellschaftlich kontroversen Themen gegeben, die je mehr als 150 TeilnehmerInnen zählten? Diskutiert wurde u.a. über die Zukunft der NATO, den Drohnenkrieg und wie diese überwunden werden können. Auch über die Funktion und Bedeutung der gleichzeitig in Dresden stattfindende Bilderberger Konferenz wurde diskutiert. Zudem wurde der Film „Ramstein, das letzte Gefecht“, der mit maßgeblicher Unterstützung der langjährigen FriedensaktivistInnen und KlägerInnen gegen die US Air Base, Wolfgang Jung und Fee Strieffler, entwickelt wurde, am Freitag in Kaiserslautern welturaufgeführt.

„Von deutschem Boden geht Krieg aus und wir fordern von der Bundesregierung, diese völkerrechtswidrige Kriegsführung der USA-Regierung zu beenden“, so Oskar Lafontaine, Eröffnungsredner auf einer der drei Auftaktkundgebungen. Alle Rednerinnen und Redner unterstrichen die zentralen Anliegen der Demonstrierenden:

Schluss mit dem völkerrechtswidrigen Drohnenkrieg!

Die Air Base mit ihren zentralen Kommandostrukturen, u.a. für den Atomkrieg und die Raketenabwehr, muss in einem längeren Prozess geschlossen werden.

Durch ein umfassendes Konversionsprogramm müssen die militärischen Arbeitsplätze in zivile umgewandelt werden.

Die Beteiligung Deutschlands an Interventionskriegen muss beendet und alle Aufrüstungsprogramme müssen gestoppt werden.

Die Demonstrierenden bekundeten ihre Solidarität mit den Flüchtlingen, die wegen der Kriege der USA und der NATO zu uns kommen müssen. „Der tägliche Tod im Mittelmeer“ ist unerträglich und eine politische und moralische Anklage an die Politik der westlichen Staaten.

Völlig neu und in dieser positiven Dimension auch unerwartet war die eindrucksvolle, breite und vielfältige Medienresonanz. Reuters produzierte einen Video-Clip, der auch auf BILD.de und stern online gezeigt wurde. dpa und epd informierten umfassend, Berichte erschienen in der Deutschen Welle, der Frankfurter Rundschau, dem Deutschlandfunk und zahlreichen anderen Medien, so auch in der US-Zeitung der Region stars and stripes. Die Genannten sind nur ein kleiner Ausschnitt der medialen Aufmerksamkeit von großen und alternativen Medien. Sie und weitere können auf der Webseite der Kampagne eingesehen werden. Peinlich war allein die Berichterstattung in der Jungen Welt. Undenkbar wäre der Erfolg von Ramstein 2016 ohne die Unterstützung der neuen alternativen Medien: NachDenkSeiten, KenFM, Weltnetz.tv, RT, alternative Radiosender u.a. Diese enge Zusammenarbeit ist ein Unterpfand auch weiterer erfolgreicher Aktionen der Friedensbewegung.

Die Aktionen wurden in der Vorbereitung kontrovers, manchmal hämisch, einige Male auch verleumderisch diskutiert. Das Wochenende hat eindrucksvoll und überzeugend bewiesen: Es war die Friedensbewegung, in ihrer Breite und Vielfalt – von Amnesty International über DFG-VK und Attac bis hin zu den sich seit Frühjahr 2014 entwickelnden neuen Organisationen und Initiativen – in ihrer Unterschiedlichkeit, aber auch in der Eindeutigkeit der inhaltlichen Grundpositionen, die in und um Ramstein demonstrierte. Was die Teilnehmenden einte, war der Wille zum Frieden in einer gefährlichen Situation.

Die Veranstaltungen waren eine große logistische und organisatorische Herausforderung. Sie wurden durch viele Helferinnen und Helfer, durch die engagierte Initiative Stopp Ramstein Kaiserslautern, überzeugend gelöst. Dank an alle, die mitgeholfen haben.

„Wir werden wiederkommen!“ war der einheitliche Tenor der von inhaltlichen Beiträgen und Kultur geprägten Abschlusskundgebung. Die weltweiten US-Drohneneinsätze, geleitet über die SATCOM-Relaisstation in Ramstein, zu beenden, wird eine lange Auseinandersetzung sein, die mit noch größerer Intensität geführt werden muss.

Wir müssen mit unserer Aufklärungs- und Informationsarbeit sowie mit weiteren Aktionen unsere Sympathiewerbung für den Frieden bei der Bevölkerung fortsetzen. Demokratiefreie Zonen um Ramstein werden wir nicht hinnehmen. Die Kampagne Stopp Ramstein hat gerade erst richtig begonnen.

Weitere Informationen sind auf www.ramstein-kampagne.eu zu finden.

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Initiativen
Reiner Braun war Geschäftsführer der IALANA Deutschland und ist ehem. Co-Präsident des Internationalen Friedensbüros (IPB).
Pascal Luig, Geschäftsführer NaturwissenschaftlerInnen-Initiative - Verantwortung für Frieden und Zukunftsfähigkeit e.V. (NatWiss), Koordinierungskreis Stopp Air Base Ramstein.
Juliane Drechsel-Grau ist aktiv im Berliner Aktionsbüro Kampagne Stopp Ramstein.