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Eine feministische Sicht des Islam
vonMeine ersten Erinnerungen an den Islam sind solche Feste wie Eid, Milad und Shab-e-berat. Sie hingen zusammen mit spannenden Geschichten über den Propheten Mohammed und die frühen Tage des Islam. Meine erste Vorstellung von Allah war die von einer Art Kraft, einer Energie, die ein helles Licht ausstrahlte. Diese Licht-Energie besaß keine körperliche Substanz und war daher weder männlich noch weiblich, noch besaß sie irgendeine Hautfarbe. Ich glaube, daß viele ChristInnen und JüdInnen unbewusst einen Gott anbeten, der weiß und männlich ist, weil die Darstellungen von Moses und Jesus eine hell-häutige, männliche Gottheit nahelegen. Mohammed versuchte, dies zu verhindern, indem er verbot, Bilder von ihm selbst anzufertigen. Mir wurde es möglich gemacht, mir die Höchste Macht als etwas ohne Geschlecht oder Rasse vorzustellen - und damit völlig unpatriarchal - tatsächlich anti-patriarchal. Dies ist ein machtvolles Konzept in den Händen und Herzen von Frauen, die wie ich zugleich Musliminnen und Feministinnen sind.
Der Islam meiner Eltern war liberal, human und sehr zivilisiert. Beide waren sehr beeinflusst worden durch Gandhi und den sanften poetischen Humanismus von Rabindranath Tagore. Meine Mutter zögerte nicht, uns lebendige und manchmal erschreckende Geschichten über Himmel und Hölle, jinns (Dämonen) und Engel zu erzählen, während der Islam meines Vaters flexibler und literarisch war. Beide betonten Toleranz und Respekt für alle Religionen; beide betonten die primäre Bedeutung des individuellen Gewissens in religiösen Angelegenheiten.
Als junges Mädchen bekam ich verschiedene moulvis (Arabisch-LehrerInnen), die nicht nur den Koran lehrten, sondern versuchten, ihn zu interpretieren. Eine von diesen war eine Frau, mit der meine Schwestern und ich ständig über den angemessenen Platz von Frauen im Islam stritten. Warum sollten Frauen besondere Kleidung tragen, was Männer nicht mussten? Meine fromme moulvi lächelte dann und schüttelte ihren Kopf, aber ich glaube, daß sie amüsiert und angetan war von unseren Fragen. Natürlich hatten wir Recht. Der Koran verlangt keine spezielle Kleidung für Frauen, sondern nur, daß sie sich mit Anstand kleiden. Schleier und andere Kleider waren Erfindungen einer bestimmten Klasse, eingeführt durch das Patriarchat lange nach der Zeit Mohammeds. Im Rückblick scheint es, daß das nachgiebige Lächeln meiner moulvi ein Signal waren, unsere Nachforschungen fortzusetzen, was wir taten. Die meisten meiner Schwestern sind berufstätig und alle treten für die Gleichheit in Bangladesh und den USA ein. Wir alle fanden in den islamischen Traditionen mächtige Argumente gegen das Patriarchat, das sich an den Islam gehängt hat und ihn dabei so gewaltsam verfälscht hat.
Wenige religiöse Führer haben vor der modernen Zeit über Rechte der Frauen gesprochen. Mohammed tat dies in einer fast besessenen Art, sowohl im Koran wie in den verschiedenen Kommentaren. Seine großen Reformen schließen das Recht für eine Frau ein, sich von einem Mann durch Verstoßung zu trennen; ein Gesetz, das es zu einem Verbrechen macht, eine Frau des Ehebruchs anzuklagen, ohne vier Augenzeugen beizubringen; sie machen Frauen zu Teilnehmerinnen am Entscheidungsfindungsprozess in einer Gemeinde; und er ernannte eine Frau als zweite religiöse Autorität direkt unter ihm. Diese Reformen wurden durch die konservativen Männer hinweggefegt, die Mohammed nachfolgten und das Patriarchat wieder etablierten. Es ist die Aufgabe von islamischen Feministinnen, die islamischen Fundamentalisten herauszufordern, indem sie betonen, daß alle diese frauenfeindlichen Interpretationen und Praktiken nach Mohammeds Zeit durch ehrgeizige und sexistische Männer hinzugefügt wurden. Man/frau kann keine guteR MuslimIn sein, ohne gegen das Patriarchat zu kämpfen, genau wie es Mohammed getan hat.
Mein Islam ist auch der Glauben der großen heiligen Frau Rabi'a al-Adawiya, Mutter der Sufi Tradition der reinen Liebe Gottes. Sie wurde als Sklavin im zweiten Jahrhundert nach Mohammed geboren. Einmal wurde sie in den Straßen gesehen, wie sie eine Fackel und Wasser trug. Sie erklärte: "Ich werde Wasser in die Hölle gießen und den Himmel in Flammen setzen, so daß die Menschen Gott nicht aus Angst vor der Hölle noch aus der Hoffnung auf das Paradies anbeten werden, sondern allein aufgrund seiner ewigen Schönheit". Dies ist für mich die Essenz nichtpatriarchaler Spiritualität.
Der Text wurde entnommen den: "Recollections of a Muslim Woman", Woman of Power Magazine, übersetzt nach: Reconciliation International Februar 1988, S.12 f, Übersetzung: cs