IPPNW und ICAN in Büchel

Gegen Atomwaffen – für das Klima

von Lara-Marie Krauße
Initiativen
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In Deutschland sind ungefähr 20 US-Atombomben stationiert. Diese werden zurzeit modernisiert. Das Verteidigungsministerium plant, für die erneuerten, lenkbaren Atomwaffen neue Trägerflugzeuge zu kaufen. Zudem soll der Atomwaffenstützpunkt Büchel in der Eifel erneuert werden. Das gesamte Projekt wäre die größte nukleare Aufrüstung in Deutschland seit dem NATO-Doppelbeschluss 1979. Vom 06. bis zum 11. Juli protestierten 140 Aktivist*innen vor den Toren des Atomwaffenstützpunktes Büchel in der Eifel gegen diese Pläne und gegen die nukleare Teilhabe Deutschlands.

Mit der Stationierung von US-Atomwaffen in Büchel stellt sich die deutsche Bundesregierung klar gegen den UN-Vertrag zum Verbot von Atomwaffen. Der Atomwaffenverbotsvertrag verbietet es Staaten, Atomwaffen zu testen, zu entwickeln, zu produzieren und zu besitzen oder zu stationieren. Seit dem 22. Januar ist das laut internationalem Recht allen 55 Staaten (Stand Juli 2021) verboten, die den Vertrag ratifiziert haben. Deutschland hat den Vertrag bisher nicht unterschrieben – ebenso wenig wie die anderen NATO-Staaten. Bei ihrem jüngsten Treffen im Juni hat die NATO die Rolle der atomaren Abschreckung noch einmal bekräftigt und sich deutlich gegen den Verbotsvertrag positioniert. (1) Gleichzeitig erklärt die deutsche Bundesregierung eine atomwaffenfreie Welt zu einem Ziel ihrer Außenpolitik. Die Aktivist*innen von IPPNW und ICAN kritisieren diese Doppelmoral und fordern ein fundamentales Umdenken, weg von der nuklearen Abschreckung, hin zu einer zivilen Sicherheitspolitik, auch im Sinne des Klimaschutzes.

Dieser Forderung verliehen die Protestierenden während der diesjährigen Protestwoche in Büchel direkt vor dem Haupttor des Atomwaffenstützpunkts auf vielfältige Art und Weise Ausdruck. Ein buntes Programm aus Workshops, Theater, der Geburtstagsfeier des Atomwaffenverbotsvertrags am 07. Juli sowie gut vorbereitete Protestaktionen prägten die Woche. Weitere Höhepunkte waren die Reden der internationalen Gäste sowie Tanz und Musik am Abend. Außerdem hinterfragte das Theaterprojekt „we claim your space“ die Rechtmäßigkeit dessen, was auf der anderen Seite der Tore passiert. Diese wurde ebenfalls praktisch in Frage gestellt: etwa 50 Aktivist*innen blockierten in einer Aktion zivilen Ungehorsams alle drei Tore des Militärflugplatzes. Schilder und Banner mit den Worten „Atomwaffen sind illegal“, „Koloniale Kontinuität – STOP Uranabbau, Bombentests, Verklappung“ und „Atomwaffen sind verboten“ unterstrichen die Botschaft.

Der Protest von IPPNW und ICAN richtet sich gegen die nukleare Teilhabe Deutschlands, aber auch gegen die geplante Aufrüstung. Allein die Anschaffung der neuen 45 F18-Kampfjets kostet mindestens 7,5 Milliarden Euro. (2) Parallel zu diesem bevorstehenden Kauf wird der Stützpunkt „modernisiert“ – das bedeutet die Erneuerung der Flugbetriebsflächen und -einrichtungen und den Neubau verschiedener Anlagen für knapp 260 Millionen Euro. (3) In Zeiten von Umweltkatastrophen wie dem Hochwasser in Rheinland-Pfalz, NRW und Bayern sowie einer globalen Pandemie wäre dieses Geld an anderer Stelle besser investiert. Doch Atomwaffen kosten nicht nur Geld – das Militär trägt auch einen großen Teil zum derzeitigen CO2 Ausstoß bei. Damit werden Naturkatastrophen wie das Hochwasser in Deutschland, Hitzewellen wie in Kanada und den USA sowie weltweite Waldbrände zusätzlich befeuert. Jeder Cent, der hier investiert wird, fehlt nicht nur an anderer Stelle, er trägt sogar noch zum Klimawandel bei.

Ein einfaches Beispiel: Der von der Bundesregierung eingesetzte PA 200 Tornado, der auch Atomwaffen trägt, verbraucht 3.910 Kilogramm Treibstoff pro Flugstunde. Das entspricht 12.317 Kilogramm CO2 – mehr als ein*e Bundesbürger*in durchschnittlich im Jahr verbraucht. Bedenkt man nun, dass die PA 200 Tornados der Bundeswehr schon vor 15 Jahren 32.853 Stunden jährlich in der Luft waren, steigt der CO2-Fußabdruck der Kampfjets alleine für zwölf Monate schnell auf 404.650.401 Kilogramm. (4) Das entspricht dem Jahresausstoß von einer Stadt in der Größe von Passau.

Mit dem Austritt aus der nuklearen Teilhabe und einem klaren Bekenntnis zum Atomwaffenverbotsvertrag würden wir im Jahr 404.650 Tonnen weniger CO2 ausstoßen. Hinzu kämen Einsparungen im Haushalt von 7,5 Milliarden Euro für die Aufrüstung neuer Trägerflugzeuge. Beides käme dem Wiederaufbau in den Hochwassergebieten, der Pandemiebekämpfung und vor allem dem Klimaschutz zugute.

Der Protest in Büchel zeigt deutlich: es liegt an der künftigen Bundesregierung, hier Verantwortung zu übernehmen und unsere Gelder richtig zu investieren.

Anmerkungen
1 „Wir bekräftigen unsere Ablehnung des Vertrags zum Verbot von Atomwaffen (AVV), der mit der nuklearen Abschreckungspolitik des Bündnisses unvereinbar ist, im Widerspruch zur bestehenden Nichtverbreitungs-  und Abrüstungsarchitektur steht, den NVV zu untergraben droht und das gegenwärtige Sicherheitsumfeld nicht berücksichtigt.“ (https://nato.diplo.de/blob/2467084/2ced1f1d1ea0edd979dabd815bcfca3e/2021...)
2 ICAN-Studie zum „Kauf nuklearer Trägersysteme für Deutschland“: https://www.icanw.de/wp-content/uploads/2020/10/20-09-29_tornado-nachfol...
3 https://dserver.bundestag.de/btd/19/271/1927108.pdf
4 https://dserver.bundestag.de/btd/16/050/1605085.pdf

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Lara-Marie Krauße arbeitet für die Friedensorganisation Internationale Ärzt*innen für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW). Als Referentin der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit schreibt sie regelmäßig über die Abschaffung von Atomwaffen und hat die Protestwoche in Büchel unter anderem fotografisch begleitet.