Gelöbnis in Berlin - Bundeswehr macht den Käfig von innen zu

von Ulrike Gramann

Es sollte feierlich werden: Damit man bei der geschlossenen Veranstaltung "Feierliches Gelöbnis im Bendlerblock in Berlin" auch wirklich unter sich bliebe, hatten Bundeswehr und Sicherheitsorgane, Regierung und Opposition wieder einmal tief in der Mottenkiste der präventiven Abwehr der Öffentlichkeit gekramt.

Mit 1.000 Polizisten, mehreren Kompanien Feldjägern - eine Kompanie hat zwischen 100 und 140 Soldaten - und großräumigen Absperrungen, die u.a. mittels Wasserwerfern durchgesetzt wurden, sollten 250 Rekruten des Wachbatallions vor den Meinungsäußerungen von AntimilitaristInnen geschützt werden. Der Berliner CDU und FDP reichte das dann immer noch nicht, sie forderten im Vorfeld des Gelöbnisses "Unterbindungsgewahrsam" für "notorische Störer und Krawallmacher".

Kritik ist unerwünscht: Dem "öffentlichen" Rekrutengelöbnis räumt wie schon seine Vorgänger auch Verteidigungsminister Struck eine besondere Bedeutung ein: Das militaristische Ritual wird mit dem Tag und Ort des gescheiterten Putschversuchs gegen Hitler verknüpft. Mit der Ehrung der Hitler-Attentäter versucht die Bundeswehr, diesen Ort und diesen Tag zum vorbildlichen Symbol des Widerstandes zu verklären, um mit dem Bild einer "besseren Wehrmacht" eine anknüpfungswürdige Traditionslinie herzustellen. In diesem Jahr wurde überdies die französische Verteidigungsministerin Michèle Alliot-Marie zum Halten der Gelöbnisrede eingeladen und damit kerneuropäische Einigkeit in der Bereitschaft zu weltweiten und von den USA unabhängigen Kriegseinsätzen demonstriert.

Unterbindungsgewahrsam wurde dann tatsächlich gewährt, wenn auch in einem anderen als dem geforderten Sinn. Die tötungsbereiten Bewaffneten, die auf dem Antreteplatz beim Bendlerblock versammelt waren, wurden mehrere Stunden lang durch Polizei und Feldjäger davon abgehalten, den nicht-öffentlichen Platz zu verlassen, ausgenommen natürlich diejenigen, die, auf dem hell betonierten Platz von der ohnehin brütenden Hitze gefällt, unauffällig weggetragen wurden. Und das waren so viele wie noch nie: 16 Soldaten, jeder 15. aus der Reihe. Zutritt zum Gelöbnisort bekam nur eine Schein-Öffentlichkeit aus handverlesenen und sicherheitsüberprüften Gästen, vorwiegend Verwandten und Bekannten der Soldaten. Die GelöbNIX-Demonstration fand auch in diesem Jahr unter Auflagen statt, die es den DemonstrantInnen unmöglich machen sollten, in eine "Sicht- und Hörachse" zum Gelöbnisort zu kommen. Das Recht auf Demonstrationsfreiheit wurde in Berlin einmal mehr verletzt.

Die feierliche Zackigkeit des Geschehens hingegen wurde dem Sicherheitswahn zum Trotz von Berliner AntimilitaristInnen einmal mehr gestört: Ungehorsame TiergartenbesucherInnen überkletterten den Zaun, der die zivile Öffentlichkeit vom militärischen Mummenschanz trennte und schlugen Alarm: In die feierliche Stimmung des Gelöbnisses heulten Alarmeier und tuteten Nebelhörner und machten deutlich, was die friedliebende Öffentlichkeit von militärischen Ritualen hält. Andere Ungehorsame entrollten auf dem Dach einer noch im Bau befindlichen Botschaft direkt gegenüber dem Gelöbnis ein Transparent. Und mehr als 1.000 DemonstrantInnen protestierten lautstark gegen das Gelöbnis.

Im kommenden Jahr werden Bundeswehr und Bundesregierung den 60. Jahrestag des fehlgeschlagenen Attentats mutmaßlich besonders "würdigen" wollen. Wir werden dabei sein.

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Ulrike Gramann ist Journalistin und Mitarbeiterin der Arbeitsstelle Frieden und Abrüstung in Berlin.