Buchbesprechung

Geschichten aus Palästina

von Andrew Rigby

Ich besuche Israel und Palästina seit den frühen 1980er Jahren zu Arbeits- und Forschungszwecken. Es ist eine emotionale Reise mit Höhen und Tiefen. Es gab den Aufschwung nach der Unterzeichnung des Osloer Abkommens 1993, und es schien definitiv Grund zur Hoffnung für die Zukunft zu geben. Seitdem war es eine Herausforderung, den Willen aufzubringen, Optimismus zu zeigen, da die Möglichkeiten für einen dauerhaften Frieden erodiert sind.

Daher schlug ich das Buch von Marda Dunsky, einer amerikanischen Autorin und Journalistin, die zufällig mit einem palästinensischen Akademiker verheiratet ist, mit einer gewissen Beklommenheit auf. Aber „Stories from Palestine“ verzichtet auf die übliche Darstellung der Palästinenser*innen als Opfer oder Täter von Gewalt. Stattdessen porträtiert Marda Dunsky eine Reihe bemerkenswerter Menschen, die dem Sog der Verzweiflung widerstanden haben, die Nein gesagt haben zum Reiz von Hass und Gewalt und die den Willen und die Ausdauer aufgebracht haben, als kreativ Handelnde des Wandels zu agieren, während sie in einer Umgebung leben, die so wenige offensichtliche Quellen der Hoffnung hat.

Da ist Abdelfattah Abusroar, der im Flüchtlingslager Aida, im Schatten der Trennmauer in Bethlehem, ein Kindertheater gegründet hat. Er versucht, die Menschen mit seiner Vision des „schönen Widerstands" und seiner Entschlossenheit zu inspirieren, Palästinenser*innen als menschliche Wesen darzustellen, die ihre Menschlichkeit zurückfordern und verteidigen wollen.

Da sind die Bio-Bauern und Bäuerinnen die sich an ihre Berufung als Bewirtschafter*innen des Landes klammern, statt sich als Opfer der Unterdrückung zu sehen.

Da ist Hana Al-Hroub, Gewinnerin des „Global Teacher Prize" 2016: „Eine Lehrerin muss stark genug sein, um vor ihren Schülern als mutige Person zu stehen ... um sie davon zu überzeugen, dass sie die Fähigkeiten haben, das Morgen und die Zukunft zu verändern.“

Da ist Shyrine Ziadeh, die das Ramallah Ballet Centre gründete, trotz der Behauptungen derer, die darauf bestanden, dass junge Menschen Palästina verteidigen sollten, anstatt zu tanzen. Für sie ist der Tanz nicht nur ein wichtiges Mittel für junge Menschen, sich auszudrücken, sondern auch ein Weg, der Welt zu zeigen, dass etwas Schönes aus Palästina kommen kann.

Und dann sind da noch die Schriftsteller*innen wie Nadia Harhash, die beruflich und persönlich darum kämpfen, vor allem den jungen Menschen Hoffnung zu geben. „Das Leben fühlt sich so erbärmlich und wertlos an, dass der Tod nur eine Veränderung zu sein scheint, kein Verlust. Junge Männer sind begierig darauf, in den Kampf zu ziehen, obwohl sie wissen, dass sie wahrscheinlich getötet werden, denn das wäre kein Verlust für sie.“ 

„Geschichten aus Palästina“ gelingt es, uns an die Menschlichkeit derjenigen zu erinnern, die die Last der Besatzung tragen. Das Buch hinterlässt bei mir die Erkenntnis, dass diejenigen, die in ihrem Alltag beharrlich ihre menschliche Kreativität und Widerstandsfähigkeit zum Ausdruck bringen, am sensibelsten für die Menschlichkeit des anderen sind - selbst wenn der andere ihr Unterdrücker ist.

Marda Dunsky (2021) Stories from Palestine: Narratives of Resilience. University of Notre Dame Press, 262 Seiten, Sprache: Englisch, ISBN- 978-0268200336; 30,10 Euro

Ausgabe

Rubrik

Friedensbewegung international
Andrew Rigby ist emeritierter Professor für Friedensstudien und Gründungsdirektor des Zentrums für Frieden und Versöhnung an der Coventry Universität. Er war für viele Jahre mit der britischen pazifistischen Zeitung Peace News und mit den War Resisters‘ International verbunden.