Militärbasen der USA im Ausland

Guantánamo auf Kuba

von Edgar Göll
Hintergrund
Hintergrund

Militärbasen sind wohl die wichtigsten Knotenpunkte militärischer Infrastruktur. Sie existieren in unterschiedlichen Größen und Kontexten. Die mit großem Abstand höchste Zahl von Militärbasen betreiben die USA: In 131 Staaten haben sie etwa 800 Militärbasen (Angaben sind wegen unterschiedlicher Definitionen unterschiedlich, siehe www.basenation.us und siper.ch). Diese sind in fast allen Weltregionen verteilt, aber sind konzentriert in Westeuropa, dem Mittleren Osten und Ostasien.

Auch in Lateinamerika existiert ein Netz von US-Militärstützpunkten, das sich über den ganzen Subkontinent erstreckt, vor allem in Ländern, in denen die USA ihren Einfluss auf die Regierungen geltend machen können. Die Basen dienten und dienen weiterhin dazu, in jener Region – nach US Sichtweise „in unserem Hinterhof“ - eine ihnen genehme Ordnung aufrechtzuerhalten und fortschrittliche Regierungen zu bedrohen, zu unterminieren oder zu stürzen. Die Geschichte der lateinamerikanischen Staaten ist voll von militärischen und geheimdienstlichen Interventionen durch den „Koloss im Norden“ (José Martí). Aktuell geschieht dies vor allem gegen Venezuela, Bolivien, Nicaragua sowie in Kolumbien und Brasilien. Und in ganz besonderer Weise geschieht dies in Kuba: in einem Areal, das seit über einem Jahrhundert widerrechtlich und gegen den Willen Kubas von den USA besetzt ist. Dort wird auf einer US-Militärbasis ein völkerrechtsverletzendes Foltergefängnis außerhalb jeglicher Gerichtsbarkeit aufrechterhalten: Guantánamo.

Die US-Herrschaft auf Kuba
Im Jahre 1898 hatten die USA der im Niedergang begriffenen Kolonialmacht Spanien den Krieg erklärt. Vorwand dazu war eine Explosion auf einem US-Schiff im Hafen von Havanna, für die Spanien verantwortlich gemacht wurde. Dies gilt als Ausgangspunkt der imperialistischen Expansionspolitik der USA. Mit ihrem Sieg übernahmen sie die letzten Übersee-Territorien Spaniens, darunter die Inselgruppe Kuba. Dort unterbanden die USA damit gleichzeitig den bevorstehenden Sieg des antikolonialen Befreiungskampfes und damit eine reale Unabhängigkeit des Inselstaates. Die USA wurden dort selbst zur unerwünschten Kolonialmacht. Durch Druck der USA wurde das „Platt-Amendment“ zu einem Teil der kubanischen Verfassung. Die USA hatten dadurch das Recht, jederzeit nach Belieben in Kuba militärisch zu intervenieren. Im Februar 1903 wurde ein Abkommen zwischen beiden Regierungen unterzeichnet, auch zu Guantánamo. Darin wurde festgelegt, „alles Notwendige zu tun, um an diesen Orten die Bedingungen für deren ausschließliche Nutzung als Kohleverlade- oder Marineeinrichtungen - und für keinen anderen Zweck - zu schaffen“. Doch heute leben auf der Basis etwa 6.000 US-BürgerInnen, darunter etwa 1.800 US-SoldatInnen mit modernsten Waffen.

Guantánamo als Internierungslager
Im Januar 2002 wurden auf dieser zu Kuba gehörenden US-Basis ohne vorherige Information der kubanischen Regierung hunderte Menschen aus dem Irak, Afghanistan und anderen Staaten interniert. Unter Terrorismusverdacht wurden sie in hochgesicherte Areale auf der Basis gebracht und dort rechtlos schwersten Misshandlungen und zerstörerischen Haftbedingungen ausgesetzt. Eine Anzahl von Häftlingen kam dabei zu Tode, andere sind nachweislich unschuldig. Gegenwärtig befinden sich noch 41 Menschen im Lager, auf dem Höhepunkt waren es fast 800. Die Rückgabe von Guantánamo ist eine wichtige Forderung der kubanischen Seite an die USA, worüber diese jedoch nicht verhandeln wollen. Gleichwohl sind die Militärbasis und dessen Internierungslager weltweit und in den USA selbst höchst umstritten.

Im vergangenen Sommer versuchte das US-Verteidigungsministerium, eine Pressezensur zu verordnen, die die Arbeit von JournalistInnen im U.S. Marinestützpunkt Guantánamo sehr eingeschränkt hätte. In einem Tweet bezeichnete die in Guantánamo lebende New York Times-Reporterin Carol Rosenberg die vorgesehenen Richtlinien als "beispiellos" und verweigerte ihr Einverständnis: "In all den Jahren, in denen ich über Guantánamo berichtet habe, habe ich noch nie derartige Dokumente der Marinebasis zur Unterschrift erhalten." Nach vehementem Protest einer breiten Koalition von Medien hob das US-Verteidigungsministerium die neuen Pressevorschriften formell auf.

Siemens verdient mit
Die Siemens AG erhielt kürzlich von den USA einen „Auftrag für Aufbau und Wartung einer effizienteren Energieversorgung“ des US-Militärstützpunktes inklusive des Gefangenenlagers bis zum Jahr 2043. Damit erlaubt sich Siemens, auf diesem widerrechtlich besetzten und völlig zweckentfremdeten Militärgebiet und Gefangenenlager ein umfangreiches Modernisierungsprojekt für das US-Militär durchzuführen.

Vor diesem Hintergrund gibt es immer vernehmlicher die Forderung nach sofortiger Schließung von Guantánamo, der Rückgabe der widerrechtlichen besetzten Bucht an Kuba, und Zahlung einer angemessenen Entschädigung. Weltweit bemühen sich Persönlichkeiten und Organisationen um die Realisierung dieser Forderungen.

Literatur
Netzwerk Cuba (2016): Militärstützpunkt Guantánamo – Infoblatt [http://www.netzwerk-cuba.de/wp-content/uploads/2017/04/Faltblatt-Guantan...
Norman Paech (2015): Guantanamo – und kein Ende? In: Ossietzky, Nr. 1 (http://www.sopos.org/aufsaetze/54ad12b4c28be/1.phtml)
Alfred de Zayas (2003): Wem gehört Guantánamo Bay? Die Rechtslage um den Stützpunkt der Vereinigten Staaten. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 29. Dezember 2003 (http://alfreddezayas.com/Articles/Guantanamo_de.shtml)

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Dr. Edgar Göll ist Sozialwissenschaftler und als Zukunftsforscher in Forschung und Lehre in Berlin tätig. Seit 1993 befasst er sich mit Entwicklungen in Kuba und engagiert sich im bundesweiten Netzwerk Cuba.