IX. Weltkongreß der IPPNW

von Raimund Schmid

Die meisten japanischen Ärzte geben es zwar nicht gerne zu, streiten es aber auch nicht ab: Den meisten der 200 000 Strahlenopfer von Hiroshima und Nagasaki, die die Atombombenabwürfe durch die Amerikaner im August 1945 bis heute überlebt haben, konnte bisher medizinisch kaum geholfen werden. Dieses Eingeständnis dürfte dem Bestreben der 200 000 Mediziner der Internationalen Vereinigung für die Verhütung eines Atomkrieges (IPPNW), die kürzlich ihren 9. Weltkongreß in Hiroshima und Nagasaki abgehalten haben, neuen Auftrieb geben, vor den verheerenden medizinischen Folgen eines Atomkrieges zu warnen.

Denn auch 44 Jahre nach dem Atombombenabwurf auf die beiden japanischen Städte sind nur wenige gesicherte Aussagen darüber möglich, inwieweit die radioaktiven Strahlungen generell Erkrankungen ausgelöst haben und speziell für das Entstehen von Krebserkrankungen verantwortlich sind. Zu widersprüchlich sind die neuen Ergebnisse, die die japanischen Wissenschaftler aufgrund einer auf dem Weltkongreß präsentierten Untersuchung an 42 000 Überlebenden der Hiroshima-Katastrophe vorgestellt haben.

Das Leiden der meisten Hibukushas scheint nämlich auch 44 Jahre danach kein Ende zu nehmen. Spätestens beim Besuch der beiden Atombombenhospitäler von Hiroshima und Nagasaki wird einem dies so richtig deutlich. Der Schock fährt einem förmlich durch die Glieder, wenn man die Opfer zum ersten Mal sieht und mit ihnen ins Gespräch kommt.

Um ein weiteres Hiroshima und Nagasaki ein für allemal unmöglich zu machen, haben die IPPNW-Delegierten auf ihrem Weltkongreß ein Forderungspaket geschnürt, daß als "oberste Priorität" den sofortigen Stopp aller Kernwaffenversuche weltweit fordert. Immerhin alle acht Tage wird im Durchschnitt ein solcher Test irgendwo in der Welt vorgenommen. Zwei Tage vor Beginn des Kongresses hatte die Sowjetunion erneut einen Atomtest vorgenommen und sich den Unmut aller 3000 Delegierten (vor allem auch der Ärzte aus der Sowjetunion) zugezogen. Der Stopp aller Kernwaffenversuche ist für die IPPNW der erste und wichtigste Schritt zur Beendigung des Wettrüstens überhaupt. Auf lange Sicht strebt die Ärztevereinigung "natürlich die völlige Abschaffung aller Atomwaffen an", erklärte deren Co-Präsident und Aushängeschild, der amerikanische Herzspezialist Bernard Lown. Darüber hinaus verlangen die Mediziner die Halbierung der weltweiten Militärausgaben in den nächsten fünf Jahren und die Umwidmung dieser Mittel in gesundheitsfördernde Maßnahmen oder zur Verwendung von Entwicklungs- und Umweltschutzprojekten.

Die IPPNW will sich künftig auch den chemischen und biologischen Waffen widmen.

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