Welt(un)sicherheitsrat in New York

Kein Frieden mit der UNO

von Wolfram Beyer
Hintergrund
Hintergrund

In weiten Teilen der Friedensbewegung hat die UNO immer noch den Ruf einer Frieden schaffenden überstaatlichen Institution. Für viele Pa­zifistInnen besteht eine ungebrochene Tradition in der Unterstützung der UNO, die das Ziel hat, "den Weltfrieden und die internationale Si­cherheit zu wahren und zu diesem Zweck wirksame Kollektivmaßnah­men zu treffen, um Bedrohungen des Friedens zu verhüten und zu be­seitigen, Angriffshandlungen und andere Friedensbrüche zu unterdrüc­ken und internationale Streitigkeiten oder Situationen, die zu einem Friedensbruch führen könnten, durch friedliche Mittel nach den Grund­sätzen der Gerechtigkeit und des Völkerrechts zu bereinigen und bei­zulegen." (UNO Charta, Art. 1)

Seit mehr als zwei Jahren versuchen wir, darauf hinzuweisen, daß die UNO sich von einer einst problematischen Weltorganisation zu einer gewaltlegiti­mierenden und letztlich auch gewaltför­dernden Institution fortentwickelt, deren Ziele und Methoden mit den Prinzipien der gewaltlosen Konfliktlösung unver­einbar sind.

Aktuell erleben konnten wir, wie der UNO-Sicherheitsrat militärische Gewalt beschloß (gemäß Artikel 42). Weiterhin werden Kontingente von UNO-Truppen in verschiedenen Ländern bereitgehal­ten und die UNO hat auch einige Mit­glieder militärische Maßnahmen treffen lassen, wie es im Golfkrieg bisher am dramatischsten geschehen ist.

In der entstehenden "Neuen Weltord­nung" wird die UNO verstärkt von Re­gierungsrepräsentanten dominiert und ist von nationalstaatlichen Interessen geprägt. Der UNO-Sicherheitsrat ist zu­nehmend zu einem Instrument kriegsle­gitimierender und kriegführender Mäch­te geworden.

Die deutschen Friedensgruppen Deut­sche Friedensgesellschaft/Vereinigte Kriegs­dienstgegner (DFG/VK), Födera­tion der Gewaltfreien Aktionsgruppen (FÖGA), Selbstorganisation der Zi­vil­dienstlei­stenden (SOdZDL) und Inter­nationale der Kriegsdienstgeg­ner/innen (IDK) (u.a.) sind mit ihrem Dachverband "War Resister's Interna­tional (WRI) in die Politik der UNO eingebunden. Die WRI ist UNO-Mit­glied und als Nichtregierungsorganisa­tion (NGO) eine beobachtende und be­ratende Lobbyinstanz. Eine Initiative aus IDK und FÖGA in­nerhalb der WRI fordert, die WRI möge ihren sofortigen Rücktritt vom Status der anerkannten NGO erklären und alle NGOs auffor­dern, ebenfalls zurückzu­treten. In der Begründung heißt es, daß die UNO von Staaten, Regierungen und nationalen In­teressen gebildet wird und diese Interes­sen insoweit widerspiegelt, daß sie

1.    Regierungen legitimiert, Armeen zu halten, die Wehrpflicht einzuführen und Kriege zu führen;

2.    Regierungen legitimiert, Widerstand gegen den Krieg, Wehrpflicht und andere Formen der Kriegsdienst­vor­bereitung zu unterdrücken;

3.    sich selbst autorisiert, Kriege zu füh­ren, mit eigenen Truppen oder unter Zuhilfenahme nationaler Trup­pen.

Vor allem die dramatische Erfahrung des von den Vereinten Nationen legiti­mierten Golfkrieges hat die Widersprü­che dieser internationalen Institution of­fengelegt, die beansprucht, Menschen­rechte durchzusetzen und auf Verhand­lungen basierende Übereinkünfte in na­tionalen und internationalen Konflikten erzielen will, aber in Wirklichkeit das Recht hat, Kriege zu legitimieren und zu führen. (1) Die rapide Entwicklung der UNO zu einer kriminellen Organisation - eine Entwicklung, die sich bereits mit dem Golfkrieg abzeichnete, wurde spä­ter noch offensichtlicher. Nur zwei mar­kante Beispiele: die nachträgliche Ab­segnung des US-Raketenangriffs auf Bagdad durch den UN-Sicherheitsrat und der Racheangriff der UNO in So­ma­lia. Beide Angriffe brachten aus­schließ­lich zivile Opfer (2).

Die UNO wird und kann auch aufgrund ihrer Struktur als Organisation von Staa­ten und Armeen keinen Frieden schaf­fen.

(1)Vgl.: Resolutionsantrag an die WRI zum Austritt aus der UNO, in: Antimi­litaristischer Informationsdienst (AID) der IDK, Nr, 9/Feb/1992, S.34ff

(2) Vgl.: Nikos Pulos: UNO und Militä­rintervention und Erklärungen der IDK zur Politik der UNO, in AID, Nr. 17/Juni/1994, S. 118ff

Ausgabe

Rubrik

Hintergrund
Wolfram Beyer ist Vorsitzender der IDK (Internationale der KriegsgegnerInnen) und lebt in Berlin.