Keine Hermes-Bürgschaften für Rüstungsexporte!

von Paul Russmann

Stellen Sie sich vor, Sie wären Waffenhändler und Sie wollen Waffen oder andere Rüstungsgüter exportieren. Der Kunde kann aber vielleicht nicht zahlen und Sie haben Angst, dass Sie Ihr Geld nicht bekommen? Kein Problem! Dann beantragen Sie eine staatliche Hermes-Bürgschaft und im Fall des Falles erhalten Sie Ihr Geld vom deutschen Steuerzahler.

Was sind Hermes-Bürgschaften? Hermes ist der landläufige Name für eine Exportkreditversicherung, mit der Exporte gegen Zahlungsausfall versichert werden können. Die Hermes-Bürgschaft ist das wichtigste staatliche Exportförderungsinstrument:

Im Auftrag und für Rechnung  der Bundesrepublik Deutschland bearbeitet die Euler Hermes Kreditversicherungs-AG in Hamburg federführend die staatlichen Ausfuhrgarantien und Ausfuhrbürgschaften. Deutsche Unternehmen erhalten hierdurch Deckungsschutz für politische und wirtschaftliche Risiken aus Exportgeschäften.

Wenn ein ausländischer Kunde infolge von Krieg, Revolution, Embargo, Devisenknappheit oder ähnlichem seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommt, springt für ihn die Bundesrepublik Deutschland - sprich der Steuerzahler - ein, um den Exporteur vor Verlusten zu schützen. Ist der ausländische Kunde eine Privatperson oder eine nach zivil- oder handelsrechtlichen Vorschriften organisierte Gesellschaft, übernimmt die Bundesregierung die Deckung in Form einer Ausfuhrgarantie.

Handelt es sich dagegen um einen Staat oder um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, übernimmt die Bundesregierung die Deckung in Form einer Ausfuhrbürgschaft.

Wer genehmigt Hermes-Bürgschaften? Hermes-Bürgschaften werden deutschen Unternehmen auf Antrag gewährt. Über die Gewährung entscheidet ein interministerieller Ausschuss (IMA).

Das federführende Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit entscheidet im IMA mit Einwilligung des Bundesministeriums der Finanzen sowie im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Auswärtigen und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Neben Vertretern dieser vier Ministerien nehmen Vertreter von Wirtschaftsverbänden und Banken ohne Stimmrecht an den Beratungen teil und bringen die Interessen der Exportwirtschaft zur Geltung.

Die Genehmigungen für Hermes-Bürgschaften müssen nicht veröffentlicht werden. ParlamentarierInnen können die Entscheidungen nicht direkt beeinflussen; sie erteilen stattdessen eine jährliche Blankozusage. Über die gesamte Deckungssumme.

Hermes-Bürgschaften für Rüstungsexporte
Spätestens seit Mitte der 70er Jahre werden auch Rüstungsexporte mit Hermes-Bürgschaften staatlich abgesichert: Mit Hermes-Bürgschaften wurde sogar die Aufrüstung des Iraks unterstützt, etwa beim Bau von Saddam Husseins Atombunker oder bei der Weiterentwicklung der Scud-Raketen. Gleichermaßen abgesichert lieferte Deutschland im Jahre 1977 U-Boote an Argentinien: Argentinien setzte eines dieser Boote später im Falkland-Krieg gegen Großbritannien ein. Andere bekannt gewordene Beispiele von Hermes-Deckungen für rüstungsrelevante Exporte sind Ausrüstungen für ein Marinezentrum in den Vereinigten Arabischen Emiraten, Schnellboot-Ersatzteile für Kuwait, Notstromanlagen für Kasernen im Iran, Motoren für philippinische Patrouillenboote, Mercedes-Militär-Unimogs und Fregatten für das türkische Militär. Außerdem gab und gibt es Bürgschaften für Lieferungen unter anderem nach Griechenland,  Saudi-Arabien, Algerien, Ecuador, Pakistan, Indien, Indonesien, Kuwait, Libyen.

Das Beispiel Indonesien
1993 protestierten MenschenrechtlerInnen und RüstungsexportgegnerInnen sowie die damalige Oppositionspartei SPD gegen den Verkauf von 39 ehemaligen Landungsschiffen und Jagdkorvetten der Nationalen Volksarmee (NVA) an Indonesien durch die Regierung Kohl. Besonders kritisiert wurde die Finanzierung des Handels durch staatliche Hermes-Bürgschaften. Indonesien hatte sich vertraglich verpflichtet, die 39 Schiffe nur für den Küstenschutz, die Seewegsicherung sowie gegen Piraterie und Schmuggel einzusetzen. Doch diese Auflage erfüllte Indonesien nicht. Die Landungsboote wurden mehrfach vertragswidrig gegen die Bevölkerung Papuas, Osttimors und der Molukken eingesetzt.

Trotz dieser vertragswidrigen Einsätze genehmigte die rot-grüne Bundesregierung 2001 für die ehemaligen NVA-Schiffe den Export neuer Schiffsmotoren, die die alten Motoren ersetzen sollten. Acht Motoren wurden geliefert. Weil die indonesische Regierung die Motoren nicht direkt zahlte, bürgte die rot-grüne Bundesregierung zusätzlich mit staatlichen Garantien. Im Jahr 2003 zeigten Fotos und Filmberichte den Einsatz der modernisierten NVA-Schiffe beim Transport von Truppen, die im Bürgerkrieg auf Aceh eingesetzt wurden.

Keine Hermes-Bürgschaften für Rüstungsexporte!
Die Absicherung von Rüstungsexporten mit Hermes-Bürgschaften geht unvermindert weiter.

Darunter viele Exporte, die in Länder gehen, in denen die Menschenrechte verletzt werden, die in Krisen- und Kriegsgebieten liegen und/oder die nach OECD-Angaben Entwicklungshilfe beziehen.

Ohne Rüstung Leben fordert von der Bundesregierung:

  • Ein generelles Verbot von Hermes-Bürgschaften für Rüstungsexporte!
  • Ein Verbot von Hermes-Bürgschaften für Exporte, die sowohl zivil als auch militärisch verwendet werden können (Dual-use-Güter), wenn ein militärischer Empfänger angegeben wird.
  • Das Erlöschen der Hermes-Bürgschaft, wenn ein Dual-use-Gut von einem zivilen Empfänger für militärische Zwecke genutzt wird.

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