Ausstellung

„Kriegstod und Friedensvision – Kriegsdenkmäler im Wandel der Zeit“

von Eva Hadem

Die Erinnerungskultur einer Gesellschaft befindet sich in einem ständigen politischen Aushandlungsprozess. Die Gedenkkultur an die Kriege hat sich seit der Einführung der Wehrpflicht in den Befreiungskriegen (1813 – 1815) gerade auch in unserem Land immer wieder verwandelt – in allen Kriegs-, Zwischenkriegs- und Nachkriegszeiten, in Teilungs- und Wiedervereinigungsprozessen. In der Ausstellung „Kriegstod und Friedensvision – Kriegsdenkmäler im Wandel der Zeit“ wird dieser Prozess an Hand von Kriegsdenkmälern aus dem nordthüringischen Raum vorgestellt. Die Formsprache der verschiedenen Typen von Denkmälern wird entschlüsselt – von Findlingen, Säulen, Obelisken, die nicht selten zu Aufmarschplätzen oder Altären formiert wurden. Ebenso wird die Bildsprache zwischen Heldentypus, Eisernem Kreuz, Siegerkranz, Adler und Pietà beleuchtet. Dabei stehen die Beispiele aus Thüringen exemplarisch für eine Bandbreite von bundesweit anzutreffenden Denkmälern. Das macht die Ausstellung weit über Thüringen hinaus interessant.

Den Kriegsdenkmälern der vergangenen Kriege ist eines gemeinsam: Sie möchten dem gewaltsamen Tod einen politischen und/oder religiösen Sinn geben, so hält es die Ausstellung fest. Ausnahmen, die kritisch pazifistisch den Krieg mit seiner wahren Zerstörungskraft zeigen, wie zum Beispiel das Mahnmal von Ernst Barlach im Magdeburger Dom, sind immer Ausnahme geblieben und jahrzehntelang umstritten gewesen. Lange Zeit spielten in der Gedenkkultur der Kriege die Kirchen eine, wenn auch auf Trauer und Trost gerichtete, so doch zu wenig kritische Rolle, und trugen zur Verherrlichung von Krieg bei. Das christliche Kreuz stand oftmals direkt neben dem Eisernen Kreuz. Es kam sogar vor, dass Jesus als Soldat dargestellt wurde. In vielen Gemeinden gab es mit zeitlichem Abstand zum Zweiten Weltkrieg eine kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Rolle und manchmal auch mit den Denkmälern, die oft in oder direkt vor der Kirche stehen. Im hinteren Teil der Ausstellung werden Beispiele gezeigt, bei denen die alten Kriegsdenkmäler im Ort durch ergänzende Tafeln oder Installationen zu Mahnmalen für den Frieden verwandelt wurden. Hierin liegt die besonders anregende Kraft der Ausstellung, die federführend von Pfarrerin Ruth-Barbara Schlenker auf den Weg gebracht wurde.

Als Beispiel sei Apolda aus der Ausstellung genannt: Nach Kriegsende führte das Apoldaer Kriegerdenkmal für einige Jahrzehnte ein unbeachtetes Schattendasein und bot einen verwahrlosten Anblick. Erst im Jahr 1987 geriet es wieder in den Blickpunkt des Interesses, als eine Umwidmung in ein „Mahnmal des Friedens“ vorgenommen wurde. Anstelle der früher vorhandenen Kriegerehrung wurde das Wort „Frieden“ in polnischer, russischer, französischer, englischer, vietnamesischer und deutscher Sprache angebracht. Auf den noch vorhandenen Sockel, der einst die Pietà trug, wurde eine in Apolda gegossene Glocke als Ruferin des Friedens aufgestellt. In dieser Form existiert das Denkmal bis heute. Historisch lässt sich nicht mehr eindeutig rekonstruieren, wie die vietnamesische Sprache hineinkam: Als Anspielung auf den Vietnamkrieg oder durch die über 1.000 vietnamesischen Gastarbeiter, die damals in Apolda lebten. In jedem Fall wurden sie so in die örtliche Erinnerungskultur mit ihrer Geschichte integriert.

Die Ausstellung will helfen, unsere Wahrnehmung der Erinnerungskultur zu schärfen, neue Sichtweisen auf die Fragen von Gedenkkultur zu Krieg und Frieden zu entwickeln und möglicherweise sogar Impulse für konkrete Umgestaltungsvorhaben vor Ort geben. Sie eignet sich damit insbesondere für die Arbeit mit Gemeinden, gerade wenn das örtliche Kriegsdenkmal vor oder in der Kirche zum Stein des Anstoßes geworden ist oder im stillen Schlummer liegt. Ergänzt durch friedenspädagogisches Bildungsmaterial (www.friedensbildung-ekm.de) lässt sich die Ausstellung einfach in Unterricht oder Gemeindearbeit einsetzen.
Die Ausstellung besteht aus 13 Roll-Ups, die mit der Post zugesandt werden können und leicht aufzubauen sind. Eine Entleihgebühr wird nicht erhoben, lediglich die Transportkosten sind zu tragen. Der Inhalt der Roll-Ups ist im Internet komplett einsehbar (www.oekumenezentrum-ekm.de/friedensarbeit/thematische-angebote/). Die Ausleihe erfolgt über das Lothar-Kreyssig-Ökumenezentrum in Magdeburg (lorena [dot] brunner [at] ekmd [dot] de).

Ausgabe

Rubrik

Schwerpunkt
Pfarrerin Eva Hadem, Magdeburg, ist Leiterin des Lothar-Kreyssig-Ökumenezentrums und Friedensbeauftragte der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM). Sie hat federführend das Magdeburger Friedensmanifest 2017, das beim Kirchentag auf dem Weg nach Magdeburg entstanden ist, mitverantwortet. Sie ist Mitglied im Arbeitsausschuss der Konferenz für Friedensarbeit im Raum der EKD.