Kriegsverherrlichende Erinnerungskultur

Hamburgs erstes Kriegsmuseum!

von Magdalena Mintrop

Wie wurde aus der privaten Sammlung von überwiegend Militaria die Idee eines „Internationalen Maritimen Museums Peter Tamm“ umgesetzt?

Der Stifter setzte auf die Hilfe von führenden Hamburger Unternehmern und auf entsprechende Vorstöße auf politisches Terrain. Nach vier Jahren war das Ziel erreicht: Ein Seekriegsmuseum, in dem gewaltsame Eroberungspolitik, Werkzeuge der Vernichtung und Kriegshandlungen verharmlost oder glorifiziert werden. Kosten: 30 Millionen Euro vom Hamburger Senat für die Restaurierung des ältesten noch erhaltenen Kaispeichers B.

Der Stifter Peter Tamm ist kein Unbekannter, nicht nur in Hamburg.

Er hat den Axel Springer Verlag über 23 Jahre „wie einen Flottenverband gefahren“, wurde im Hause Springer der „Admiral“ genannt, seine Führungsstruktur sollte sich an der Marine orientieren. Dementsprechend befürwortete er eine Staatsordnung, die der hierarchischen Struktur an Bord eines Schiffes entspricht. Welches Geschichtsbild er als Historiker vermitteln will, macht folgendes Zitat deutlich: „Die Geschichte zeigt, dass nur der als Weltmacht eine Chance hat, der über Schiffe oder über Flotten (Handels- und Kriegsschiffe) verfügt. (…) Die Voraussetzung zur Großmacht war immer die Seemacht.“ (1)
Zu sehen gibt es in einer konzeptlosen Aneinanderreihung von Kriegsschiffs- und U-Boot- Modellen auch Gala-Uniformen des Flottenstabs der Kriegsmarine des “3. Reichs“ und auch aus der Kaiserzeit. Kriegsschiffe und Waffen werden als Meisterleistungen der Ingenieurskunst präsentiert. Unzählige Gemälde von Seeschlachten sind dort ausgestellt, auf denen die Schönheit von Meer, Sonne und Wolken die totale Kriegspropaganda vermitteln und Tod und Leiden komplett ausblenden.

Nirgends ein Hinweis auf die Opfer, keine Distanzierung vom Nazi-Regime.

Schon vor der Grundsteinlegung gab es Proteste und Anfragen an den Senat. Da Tamm alleine für die Ausgestaltung und Konzeption des Museums verantwortlich zeichnete, wurde der Hamburger Senat gefragt, warum er auf ein Mitsprache- und Vetorecht – wie üblich – verzichtete. Der Senat argumentierte, dass alle Ausstellungsstücke als Eigentum der Privatstiftung verbleiben.

Der Senat weicht auch der Thematisierung aus, dass zwei Drittel der Ausstellung aus Militaria bestehen.
Welchen Einfluss kann die Stadt überhaupt auf Fragen der inhaltlichen Ausstellungskonzeption nehmen? Keinen. Es bleibt ein Privatmuseum.
Am Tag der Grundsteinlegung gab es eine Protestmahnwache vom Informationskreis Rüstungsgeschäfte und des Hamburger Friedensforums. Im Juni 2008 folgte die Eröffnung, zu der eine kleine Schiffsparade mit Transparenten und Redebeiträgen auf dem Wasser vor dem Museum die Kriegsverherrlichung anprangerte.

Das ist jetzt alles zehn Jahre her. Zwischenzeitlich wurde in der Presse bekannt, dass das Museum weniger Einnahmen hatte als erwartet und dass die Baustellen drumherum daran Schuld hätten. Seit Peter Tamms Tod wird das Museum von seinem Sohn weitergeführt. Es gab Erweiterungen im Spielangebot für Kinder, in der zivilen Präsentation, z.B. zur Tiefseeforschung, und es gibt seit 2013 einen Schiffssimulator.
Wenn man aber in das aktuelle Programm des Museums schaut, bleibt alles beim Alten.

Zu sehen ist eine Sonderausstellung vom 21.09. bis 15.11.17: „Von Harburg nach Finnland“, die Pionier-Landungskompanie und ihr Einsatz im 1. Weltkrieg.
Geladen wird zu einem Vortrag am 29.10.17 zum Thema „Elitewaffe Kleinst-U-Boot-Typ 'Seehund'“ auf Deck 10. Tamm besitzt ein Exemplar, das 1945 in der Ostsee mit seiner zweiköpfigen Besatzung gesunken war und 56 Jahre später, 2001, wieder entdeckt und mit den Leichen gehoben worden war. Er ließ dieses Relikt des Kriegswahnsinns für sein Museum restaurieren (2).

Beim Besuch des Kriegsmuseums vor drei Jahren mit interessierten SeefahrerInnen gestand eine erfahrene Museumsführerin, dass die ganze Ausstellung ein heilloses Durcheinander sei und es ihr auch nicht gelingt, einen sinnvollen Faden in die Ausstellung zu bekommen.
Wenn man sich dem Museum nähert, stößt man auf Kanonen und andere militärische Modelle von Schiffen, die um das Museum herum  aufgestellt wurden. Deshalb heißt dieses Museum auch im Sprachgebrauch vieler BarkassenführerInnen , die auf ihren Hafenrundfahrten auf den schönen Speicher verweisen, „Kriegsmuseum“. Im September 2017 gab es dazu eine Mitteilung der Hafenbehörden, den Begriff Kriegsmuseum doch bitte zu unterlassen. Es wurde dann ein entsprechender Vorschlag zur Thematisierung ausformuliert.

Anmerkungen
1 Alle hier gegebenen Informationen sind nachzulesen in der detailreichen Schrift von Friedrich Möwe „TAMM TAMM“, eine Anregung zur öffentlichen Diskussion über das Tamm-Museum, GNN-Verlag 2005.
2 „Ein 'Seehund' wird wieder aufgepäppelt“, in: Hamburger Abendblatt 16.04.2003.

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Magdalene Mintrop gehört zur Hafengruppe Hamburg, die alternative Hafenrundfahrten macht.