Moslems und Christen -gemeinsam be­ten für den Frieden

von Jürgen Neitzert

"Den heiligen Krieg gibt es nicht, heilig ist nur Gott", so Haasan Özdo­gan, stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Islamrates in seiner Begrüßung an die Teilnehmer eines christlichen-islamischen Friedens­gebetes in Köln am 4. Februar 1991. Um ein gemeinsames Zeichen von Moslems und Christen gegen den Krieg am Golf zu setzen, um deutlich zu machen, daß der Krieg sich nicht auf die Legitimation durch den is­lamischen und christlichen Glauben stützen kann, um einem neuen Feindbild Islam entgegenzuwirken und um einfach um Frieden zu beten, hatten sich Ende Januar einige Moslems und Christen getroffen, die seit Jahren für den Dialog zwischen Moslems und Christen arbeiten. Daraus erwuchs das Christlich-islamische Friedensgebet in Köln, zu dem der Deutsche Islamrat, die Kölnischen Franziskaner, die ökumenische Kon­taktstelle für Nichtchristen im Erzbistum Köln und die Christlich-Isalmi­sche Gesellschaft einluden.

 

Etwa 300 Christen und Molsems waren dem Aufruf gefolgt, darunter Mitglieder verschiedener Friedensgruppen wie Pax Christi, dem Internationalen Versöh­nungsbund, den Ordensleuten für den Frieden. Deutlich wurde in den Ge­betstexten, daß Gerechtigkeit die Grundlage des Friedens ist, und daß Gott die Menschen aufruft, sich für den Frieden einzusetzen. Nach dem Gebet, das im Zentrum einer großen islami­schen Vereinigung stattfand, wurde zu einer Begegnung eingeladen, und in Gesprächen konnte manche offene Frage angegangen werden. So etwa, was mit dem Wort "Dschihad" gemeint ist, das fälschlicherweise zumeist im militanten Sinn als "Heiliger Krieg" übersetzt wird.

Die Opfer des Krieges am Golf und der Wunsch nach einer friedlichen Lösung für die Konflikte im Nahen Osten stan­den im Mittelpunkt eines Christlich-Is­lamischen Friedensgebetes am 18. März im Saal einer Kölner Kirchenge­meinde. Für den 4. Mai laden wir mit den glei­chen Organisationen nach Düs­seldorf ein. Wir hoffen damit, Moslems und Christen zum gemeinsamen Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit zu ermuti­gen und gleichzeitig Verständigung und Toleranz hier in Deutschland zu fördern.

Gewachsen sind diese Friedensgebete aus jahrelangen Bemühungen um Ver­ständigung zwischen Moslems und Christen, die zu gegenseitigem Ver­trauen geführt haben. Seit 1982 versucht unsere Arbeitsgemeischaft "Gerechtig­keit und Frieden" der Köl­nischen Fran­ziskanerprovinz, Möglich­keiten des Dialogs und der Begegnung mit Musli­men in der Bundesrepublik zu suchen. Wir wollen mehr erfahren von ihrem Leben hier und ihrem Glauben. Gleich­zeitig wollten wir ein Zeichen setzen gegen die wachsende Ausländer­feindlichkeit, die sich besonders den türkischen Mitbürger gegenüber „äußert. Wir begannen mit Begegnungen von muslimischen und christlichen Studen­ten in einem Kölner Studentenheim, die sich mit Themen wie den Sitten und Gebräuchen unserer Religionen, den Festtagen von Islam und Christentum, den Gemeinsamkeiten und Unterschie­den befaßten. Es kam auch zu Gesprä­chen ber die anderen Engagements un­serer Arbeitsgemeinschaft "Gerechtig­keit und Frieden", über Rü­stungsexporte der Bundesrepublik in den Iran, den Irak und die Türkei, und darüber, was Bibel und Koran zum Thema Frieden sagen. Mit der Zeit wuchs der zuerst sehr kleine muslimi­sche Interessenkreis, es kamen türkische Arbeiter aus Köln dazu, und später die Angehörigen eines islamischen Sufior­dens, die zumeist aus Marokko stam­men. Gegenseitige Besu­che in Mo­scheen in Gelsenkirchen und Köln, in Klöstern meiner Gemeinschaft in Düs­seldorf und Mönchengladbach folgten, oder Begegnungen von türki­schen und deutschen Jugendlichen zum Fußball­spiel und andere Veranstaltun­gen.

Nach dem Friedensgebet der Weltreli­gionen in Assisi im Oktober 1896 luden wir jedes Jahr Christen und Moslems zu einem Friedensgebet nach Düsseldorf ein. In den letzten Monaten haben wir versucht, durch gewaltfreie Aktionen, Briefe Stellungnahmen und auch durch Fasten und Gebet uns für eine friedliche Lösung des Konfliktes in der Golfregion einzusetzen und Friedensinitiativen wie die Initiative "Frieden am Golf" zu un­terstützen. Wir werden diese Begegnun­gen fortsetzen, um damit kleines Zei­chen setzen zu können für ein friedli­ches Miteinander von Moslems und Christen, ausländischen und deutschen Mitbürgern, damit die Achtung vor der Würde des anderen Grundlage wird für eine friedliche Zukunft unseres Landes und der Welt. Und daß wir zeigen kön­nen, daß Unterschiede bereichern und nicht bedrohen.

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Jürgen Neitzert ist Franziskaner Bruder in Köln und im christlich-islamischen Dialog aktiv.