Rede von Helmut Prieß (Darmstädter Signal) auf der Demo in Brüssel

"Wenn führende Politiker und Generäle der Länder der NATO erklären, besonders ein atomarer Krieg ist in Europa unführbar, dann ist es militärisch unlogisch und politisch falsch, das Spektrum dieser Massenvernichtungswaffen in Europa auszubauen.
Europa braucht keine neuen Raketen - Europa braucht neues Denken und Handeln! In Ost und West!
Ich bin sicher, die Nukleare Planungsgruppe wird auf Ihrer Sitzung in der kommenden Woche hier in Brüssel dem NATO-Ministerrat eine neue Raketennachrüstung empfehlen. Viele Soldaten - nicht alle - haben das INF-Abkommen von Anfang an für falsch gehalten. Und gemeinsam mit den gleichen Politikern, die offiziell den INF-Vertrag, die erstmalige Zerstörung modernster Mittelstrekkenraketen begrüßt haben, sind sie dabei, das Ziel dieses Vertrages zumindest teilweise zu unterlaufen.
Das Ost-West-Verhältnis befindet sich gegenwärtig in einem Zustand konstruktiver Veränderung. Es liegt deshalb in unser aller Interesse, diesen außergewöhnlichen Zustand zu nutzen, um von den riesigen Waffenbergen herunterzukommen!
Ich rufe allen meinen Kameraden in der NATO und allen Soldaten im Warschauer Pakt zu: Lassen Sie ab von der ständigen Perfektionierung militärischer Strukturen und Waffen! Frieden ist dauerhaft nicht durch neue Waffen zu erreichen!
Chaque soldat sur le monde c‘est un soldat trop (Jeder Soldat in der Welt ist ein Soldat zuviel, d. R.)! In Moskau, in Brüssel, in Washington, in Bonn - überall! Aber, die konkrete Frage heißt, wie kommen wir diesem Ziel näher??
Dauerhaft ist Frieden nur durch Zusammenarbeit zwischen allen europäischen Ländern - in Ost und West - möglich. Keine Seite kann ihre Sicherheit allein organisieren. Das geht nur noch gemeinsam im Sinne einer Sicherheitspartnerschaft! Wir brauchen ein gesamteuropäisches Sicherheitssystem!
Ich fordere die Bundesregierung meines Landes auf und ich bitte die belgische Regierung: Sagen Sie jetzt NEIN zur Stationierung neuer atomarer Raketen mittlerer Reichweite in Europa!
1956 wurde in der Bundesrepublik die Bundeswehr wieder aufgestellt. Nach den Erfahrungen aus der Geschichte hat das Parlament ein  neues Leitbild vom Soldaten beschlossen. Das Leitbild vom "Staatsbürger in Uniform". Es erlaubt, ja fordert von jedem Soldaten, besonders dem Offizier, daß er sich mit den Grundlagen seines Berufes auseinandersetzt. Wie jeder zivile Bürger hat er dazu das Recht auf freie Meinungsäußerung.
Die über 200 aktiven Offiziere und Unteroffiziere der Bundeswehr, die dies im Arbeitskreis Darmstädter Signal außerhalb des Dienstes seit mehreren Jahren öffentlich tun, nehmen so aktiv an der Gestaltung des politischen Prozesses teil. Dies ist für Soldaten in einer Demokratie natürlich ein wichtiges Element ihres Berufs.
Meine Kameraden im Arbeitskreis Darmstädter Signal und besonders ich würden uns freuen, wenn auch nachdenkliche Soldaten Ihres Landes mit uns Verbindung aufnehmen würden. Gemeinsam erreichen wir mehr!
Pour une République Allemande sans armes nucléaires,
pour une Belgique sans armes nucléaires,
pour une Europe sans armes nucléaires,
pour une paix avec moins d‘armes el soldats!”

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