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Russlands Atomstreitkräfte

"Es gibt internationale Verträge und Vereinbarungen, und wir werden unsere eingegangenen Verpflichtungen in Ehren erfüllen. Doch 'Übertreibungen' unsererseits kommen absolut nicht in Frage."
(Präsident Jelzin, Juni 1994)
Die gegenwärtigen Tendenzen in Russlands Atomdoktrin und die Entwicklung neuer Waffen machen deutlich, daß sich Russland kaum an den Artikel VI des NPT gebunden fühlt. Zwar unterstützen Präsident Jelzin und Außenminister Kosyrew START I, START II und einen umfassenden Teststoppvertrag. Doch Russland hat sein Versprechen zurückgezogen, auf den Ersteinsatz von Atomwaffen zu verzichten, und das Militär betrachtet seine Atomwaffen als notwendiges Druckmittel, um Proliferation zu verhindern.
Verbal hat Russland die Notwendigkeit bejaht, die Proliferation von Atomwaffen zu bremsen, die Herstellung von spaltbarem Material zu militärischen Zwecken einzustellen, und es hat darauf gedrängt, die Vereinbarungen zwischen den USA, Russland und Großbritannien über eine Löschung der Zielprogrammierung von Raketen abzuschließen (was vor kurzem geschehen ist). Aber das von Gorbatschow proklamierte Ziel vollständiger nuklearer Abrüstung bis zum Jahr 2000 hat es aufgegeben.
Die militärische Führung setzt neuerdings wieder auf Atomwaffen als Abschreckungsmittel gegen konventionell und atomar geführte Kriege. Um seine militärische Bereitschaft und insbesondere die Einsatzfähigkeit seiner strategischen Atomstreitmacht zu demonstrieren, führte Russland Ende Juni 1994 drei Tests von strategischen Waffen durch. Präsident Jelzin war bei der Übung zugegen, bei der eine ballistische Rakete von einem U-Boot in der Barentssee und eine SS-25 Interkontinentalrakete von dem Testgelände in Plesetsk abgefeuert wurden und ein Tu-160 Bomber einen Langstreckenmarschflugkörper startete.
Stand der russischen Atomrüstung
Russland setzt die Modernisierung seiner Atomstreitkräfte fort. Die wichtigsten Entwicklungen vollziehen sich bei den ballistischen Raketen. Noch während man alte Raketen zerstört, werden neue Raketen und Sprengköpfe produziert, und Russland hält an seiner strategischen Bewaffnung fest. Außerdem werden die Kommando- und Leitzentralen ausgebaut.
Wenn START II umgesetzt ist, wird die Interkontinentalrakete (ICBM) SS-25 die wichtigste Stütze der interkontinentalen Raketenstreitmacht Russlands sein. Sie wird zurzeit als einzige ICBM noch produziert. Ende 1993 waren 405 SS-25 in den Arsenalen von Russland (und Belarus). Es ist vorgesehen, daß die Gesamtzahl landgestützter Interkontinentalraketen im Jahr 2003 900 bis 1.000 beträgt. Das bedeutet eine Verdopplung des gegenwärtigen Bestandes an SS-25 Raketen oder ihrer Nachfolgemodelle zu Beginn des nächsten Jahrhunderts.
Wie es heißt, werden pro Monat etwa sechs SS-25 gebaut. Mindestens eine SS-25-Variante ist in der Entwicklung, der erste Prototyp ist bereits für Flugversuche gebaut worden. Andere neue Raketenentwicklungen sind eine neue ballistische U-Boot-Rakete, die an die Stelle der ballistischen Langstreckenrakete (LBM) SS-N-20 auf Typhon-U-Booten treten würde und ein neues U-Boot für ballistische Raketen.
Viele taktische Waffen sollen außer Dienst gestellt werden. Vor kurzem angekündigt wurde die Verschrottung aller nuklearen Landminen (bis zum Jahr 1998), sämtlicher Kernsprengköpfe für sechs Typen von Artilleriegranaten (bis zum Jahr 2000), der Hälfte aller Atomsprengköpfe auf Flugabwehrraketen (bis zum Jahr 1996), eines Drittels aller seegestützten Atomwaffen (bis 1995) und der Hälfte aller taktischen Bomben in den Depots der Luftwaffe (bis 1996).
Dies bedeutet, daß sich im Jahr 2000 immer noch etwa 3.000 taktische Atomwaffen in russischen Arsenalen befinden werden.
Russische Atomindustrie
Der russische Atomwaffenkomplex bleibt weiterhin sehr aktiv. Es leben schätzungsweise zwei Millionen Menschen in den 35 »verbotenen« Städten, die zum Komplex gehören; mehr als 100.000 Menschen sind noch unmittelbar in der Entwicklung, Herstellung und Demontage von Atomsprengköpfen beschäftigt.
Trotz vorhandener Stillegungspläne betreibt Russland noch drei Reaktoren zur Herstellung von Plutonium (einen in Krasnojarsk-26 und zwei in Tomsk-7). Man nimmt an, daß zwei weitere Leichtwasserreaktoren in der Anlage Majak (Tscheljabinsk-65) laufen, um Tritium und andere Isotope herzustellen. In allen drei Anlagenkomplexen wird auch Plutonium aus Waffen und Plutonium ziviler Herkunft separiert.
Es heißt, daß im Atomwaffenkomplex mindestens ein neuer atomarer Gefechtskopf für neu hergestellte SS-25 produziert wird. Wahrscheinlich werden dabei alte Kernsprengsätze verwendet, die von Gefechtsköpfen abmontiert oder recycelt wurden. Russische Waffenlaboratorien haben die Entwicklung von »Mini-Nukes« mit geringer Sprengkraft für Einsätze in der »Dritten Welt« in Erwägung gezogen. Doch das vom amerikanischen Kongreß ausgesprochene Verbot, solche Bomben in den USA zu entwickeln, könnte diese Pläne nicht unbeeinflusst gelassen haben.