So hilft UNICEF weltweit

Schutz und Hilfe für Kriegskinder

von Kerstin Bücker

UNICEF setzt sich weltweit dafür ein, das Recht jedes Kindes auf Überleben, Bildung und Schutz zu verwirklichen. In Kriegs- und Krisengebieten werden diese Rechte besonders drastisch verletzt: Allein in den neunziger Jahren kamen zwei Millionen Mädchen und Jungen um, sechs Millionen wurden verletzt. Rund 250.000 Kinder weltweit werden als Kindersoldaten eingesetzt.

Noch dramatischer als die militärische Gewalt wirkt sich oft der Zusammenbruch der Versorgung mit Nahrung, sauberem Wasser und Medikamenten aus. In Flüchtlingslagern und Notunterkünften breiten sich schnell Infektionskrankheiten wie Masern und Cholera aus. In den Kriegswirren und auf der Flucht sind Kinder überdies besonders in Gefahr, Opfer von Missbrauch und Ausbeutung zu werden: Vergewaltigung, Entführung und Kinderhandel gehören zu den furchtbaren Begleiterscheinungen der meisten Kriege.

UNICEF arbeitet weltweit in rund 150 Ländern - etwa 30 davon sind Kriegs- und Krisengebiete. UNICEF hilft hier den Kindern und Frauen, zu überleben und ein Minimum an Schutz und Versorgung zu finden. Nach Ende eines akuten Konfliktes hilft UNICEF beim Wiederaufbau – etwa der Wasserversorgung, der Gesundheitsdienste und des Schulsystems. Soforthilfe und langfristige Hilfe zur Entwicklung sind dabei stets eng miteinander verknüpft.

 

Ernährung: In Notsituationen versorgt UNICEF mangelernährte Kinder mit hoch proteinhaltigen Spezialkeksen, Vitamin-A-Kapseln sowie Eisen- und Folsäuretabletten. Häufig eingesetzt wird auch UNIMIX, eine mit Vitaminen und Mineralstoffen angereicherte Soja-Mais-Mischung zur Zubereitung von nahrhaftem Brei. UNICEF unterstützt zudem therapeutische Ernährungszentren für schwer mangelernährte Kinder - beispielsweise in der sudanesischen Bürgerkriegsregion Darfur.

Wasserversorgung und Hygiene: Mit Hilfe von Tankwagen und Kanistern hält UNICEF in Krisenregionen die Trinkwasserversorgung aufrecht. Familien erhalten zur Wasseraufbereitung Chlortabletten. In Flüchtlingslagern stellt UNICEF Material zum Bau einfacher Latrinen zur Verfügung und informiert Eltern und Kinder über Hygiene. So lassen sich gefährliche Durchfallerkrankungen oder der Ausbruch von Cholera verhindern. Im Irak begann UNICEF direkt nach Kriegsende, die Menschen durch den Einsatz von Tanklastzügen mit täglich mehreren Millionen Litern Trinkwasser zu versorgen. Bis heute unterstützt UNICEF im Irak die Reparatur und den Betrieb von Wasserwerken und Kläranlagen.

Gesundheit: UNICEF beliefert Gesundheitsstationen und Krankenhäuser mit Medikamenten gegen Durchfall- und Atemwegserkrankungen, mit Antibiotika, Schmerzmitteln sowie mit Oralem Rehydratationssalz, einer einfachen Zucker-Salz-Lösung gegen die Austrocknung des Körpers bei Durchfall. UNICEF stellt für die Kinder Impfstoffe und Spritzen zur Verfügung und hält die notwendige Kühlkette bis in entlegene Dörfer aufrecht. Schon oft gelang es UNICEF, für Impfkampagnen mit Konfliktparteien Waffenruhen auszuhandeln – beispielsweise in Angola, Burundi und Somalia. In Liberia half UNICEF trotz andauernder Kämpfe, 42.000 Flüchtlingskinder innerhalb einer Woche gegen Masern zu impfen. In Darfur erhielten 2007 rund 1,4 Millionen Kinder Impfschutz gegen Kinderlähmung.

Bildung: UNICEF richtet in Flüchtlingslagern provisorische Zelt- oder Holzschulen ein, stellt Schulmaterial zur Verfügung und bildet Lehrer im Umgang mit kriegstraumatisierten Kindern fort. Grundlage für den Unterricht ist häufig die von UNICEF mit entwickelte „Schule in der Kiste“ – eine Metallkiste mit Lern- und Unterrichtsmaterial für je 80 Kinder. Sie wird in Flüchtlingslagern und kriegszerstörten Gebieten eingesetzt, allein in Afghanistan kamen 17.000 dieser Kisten zum Einsatz. In Norduganda hilft UNICEF nach den Kämpfen, rund 1,3 Millionen Kinder mit Schulmaterial auszustatten. In Ländern wie Angola hilft UNICEF, Hunderte zerstörter Schulen wieder aufzubauen und sie mit Tafeln, Bänken und Stühlen auszustatten.

Schutz und Hilfe für unbegleitete Kinder: UNICEF hilft unbegleiteten Kindern, ihre Familie wieder zu finden oder sie bei Bedarf in Pflegefamilien unterzubringen. Zur Registrierung der Kinder setzt UNICEF Polaroid-Fotos, Videoaufnahmen, Plakate und Datenbanken ein. Bei der Suche nach Angehörigen wird häufig mit Dorfkomitees, der Polizei sowie lokalen Organisationen zusammengearbeitet. In Flüchtlingslagern richtet UNICEF für unbegleitete Kinder spezielle Anlaufstellen ein. Nach dem Bürgerkrieg in Angola erhielten Tausende Kinder in solchen einfachen Zentren Hilfe.

Psychosoziale Betreuung: Einige Kinder mit traumatischen Kriegserfahrungen brauchen intensive Betreuung. Für die meisten ist es jedoch das Wichtigste, schnell wieder einen möglichst geregelten Alltag zu haben. UNICEF schult deshalb Lehrer, Eltern und Helfer im Umgang mit traumatisierten Kindern und sorgt dafür, dass auch unter einfachsten Bedingungen schnell der Unterricht beginnt. In Lagern für Flüchtlinge aus dem Kosovo, später auch in Angola und anderen Ländern schuf UNICEF so genannte „kinderfreundliche Orte“, an denen Kinder in geschützter Umgebung Platz zum Spielen und Lernen haben. Zeichnen, Sport und Gespräche helfen den Kindern, die Kriegserfahrungen zu verarbeiten und den Lageralltag für ein paar Stunden hinter sich zu lassen.

Hilfe für Minenopfer und Minenaufklärung: UNICEF hilft durch Minenexplosionen verletzten Kindern, ihr Leben auch mit Behinderung zu meistern. Sie erhalten Prothesen oder Rollstühle, UNICEF unterstützt zudem Ausbildungsprogramme für Minenopfer. In Kambodscha fördert UNICEF ein breites Programm zur Räumung verminter Schulen, Brunnen und Wohngebiete und zur Aufklärung der Kinder über die Minengefahr. Auch in gefährdeten Gebieten von Laos, Afghanistan oder Tschetschenien schult UNICEF Lehrer und Schulkinder, sich vor Minenunfällen zu schützen. Zur Aufklärung arbeitet UNICEF mit speziellen Schulbüchern, Handzetteln, Puppentheaterstücken und Radiospots. In Afghanistan gelang es so bereits, die Zahl der Minenunfälle um zehn Prozent zu senken.

Demobilisierung und Reintegration von Kindersoldaten: Um Kinder aus den kämpfenden Truppen zu befreien, verhandelt UNICEF häufig intensiv mit den Kriegsparteien - beispielsweise in der Demokratischen Republik Kongo und in Sri Lanka. Die Kinder finden zunächst in Übergangsheimen Aufnahme. Hier werden sie betreut, können verpassten Schulstoff nachholen oder eine Berufsausbildung beginnen. Um die Mädchen und Jungen wieder zu integrieren, arbeitet UNICEF eng mit den Dorfgemeinschaften zusammen.

In Sierra Leone führten 2002 von UNICEF unterstützte Verhandlungen zwischen Regierung und Rebellen zur Demobilisierung von 6.800 Kindersoldaten. Fast alle konnten mit Hilfe von UNICEF wieder mit ihren Familien zusammengeführt werden. In Afghanistan konnten 3.500 ehemalige Kindersoldaten eine Ausbildung machen, sie leben heute wieder in Familien. Auch im Kongo wurden bereits mehrere Hundert Ex-Kindersoldaten aus Regierungstruppen und Rebellenorganisationen freigelassen. UNICEF unterstützt Übergangszentren für diese Kinder sowie Kinderschutz-Netzwerke in den Dörfern. Sie setzen sich für die Wiedereingliederung ein und kümmern sich um Kinder, die von einer erneuten Rekrutierung bedroht sind. Insgesamt nahmen seit 2001 rund 95.000 ehemalige Kindersoldaten an Rehabilitationsprogrammen teil.

Politischer Einsatz für Kinder im Krieg: Neben den konkreten Hilfsprogrammen setzt UNICEF sich auch auf politischer Ebene für einen besseren Schutz von Kindern im Krieg ein. Wichtige Forderungen von UNICEF lauten:
• Das Zusatzprotokoll zur UN-Kinderrechtskonvention muss von allen Staaten unterzeichnet und ratifiziert werden.

• Das Mindestalter für die Rekrutierung von Soldaten muss auf 18 Jahre erhöht werden.

• Kindersoldaten müssen sofort demobilisiert werden und brauchen spezielle Eingliederungshilfen.

• Die Demobilisierung von Kindern muss Bestandteil von Friedensverhandlungen sein.

• Kindersoldaten sollen für Verbrechen während des Krieges nicht strafrechtlich verfolgt werden.

UNICEF - Spendenkonto 300.000 - Bank für Sozialwirtschaft - BLZ 370 205 00

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Kerstin Bücker ist Leiterin Spenderinformation und Programme beim Deutschen Komitee für UNICEF.