Südafrika-Aktionsdekade: Aktivitäten und Initiativen

Stoppt die Verbündeten der Apartheid

von Karl-Heinz Feldbaum

Unter dem Motto "Stoppt die Verbündeten der Apartheid" veranstalteten insge­samt 25 christliche Organisationen vom 8. bis 18. Juni '89 eine bundesweite Süd­afrika-Aktionsdekade. So ein Bündnis hat es mit dieser Zuspitzung und in dieser Breite in diesem unserem Lande noch nicht gegeben hat noch nicht gegeben.

Zu den Trägern der Aktionen gegen Apartheid gehörten u.a. die Diözesanräte aus Aachen, Paderborn und Speyer, die Katholische Arbeitnehmerbewegung, die Initiative Kirche von unten, Pax Christi, der Bund der Deut­schen Katholischen Jugend und die Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Ju­gend. In ihrem gemeinsamen Aufruf rückten sie drei Bereiche in den Mittelpunkt:

  • die Unterstützung des Rassistenre­gimes durch die bundesdeutschen Großbranken Dresdner, Deutsche und Commerzbank (Bankenboy­kott),
  • die Ölversorgung des Regimes durch den niederländisch-biritschen Kon­zern Shell (Shell-Boykott),
  • sowie die Politik der Bundesregie­rung und der EG, die bisher durch halbherzige Maßnahmen jedweden Druck auf Pretoria vermieden ha­ben (Aktionen zu den EG-Wahlen am 18. Juni).

In zahlreichen Städten und Gemein­den fanden Gottesdienste, Mahnwa­chen, Boykottaktionen und weitere Aktivitäten der Solidarität statt - wobei (mal wieder) ein klares Nord-Süd-Gefälle in unserer Republik erkennbar war: Der Schwerpunkt der Aktivitäten lag eindeutig nördlich des Weißwurst­äquators. So gab es z.B. in Krefeld eine große Südafrika-Kundgebung, in Düsseldorf ein Solidaritätskonzert, in der Diözese Hildesheim wurden zahl­reiche Mahnwachen durchgeführt, in Cloppenburg gab es Aktivitäten vor Shell-Tankstellen - aber auch in süd­deutschen Gefilden wie z.B. in der Diözese Speyer wurde in mehreren Städten ein Theaterstück der Berliner Companie zu "Daimler-Benz in Süd­afrika" aufgeführt. Insbesondere die Katholische Studierende Jungend führte zahlreiche dezentrale Maßnah­men durch und gestaltete zum Ab­schluß der Dekade einen Abschluß­gottesdienst in Bonn.

Eine gründliche Auswertung der De­kade steht noch an - an dieser Stelle einige persönliche kritische Anmer­kungen:

1. Das Thema "Sanktionen" ist für ka­tholische Kreise nach wie vor brisant - wenn auch eine wesentlich höhere Ak­zeptanz für die Notwendigkeit von Sanktionen (im Unterschied noch zum Solidaritätswochenende von 1987) meines Erachtens festzustellen ist. Hier sollte überlegt werden, wie auch auf Verbände und Räte, die den Auf­ruf als zu weitgehend empfanden, die aber dennoch auf die Anliegen der Dekade hingewiesen haben (u. a. der Diözesanrat Köln, die Leitung der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands, kfd) weiterhin zugegan­gen wird, um das Aktionsbündnis kontinuierlich zu verbreitern.

2. Der von den Jugendverbänden auf­gegriffenen Shell-Boykott steckt hierzulande noch immer in den Kinder­schuhen. Anzeigen von uns in der taz, Aktivitäten auf dem Kirchentag (aej und BDKJ gestalteten auf dem Markt der Möglichkeiten eine besondere "Shell-Tankstelle") etc. zeigten uns ei­nerseits ein großes Interesse, anderer­seits erhebliche Informationsdefizite zum Thema Shell. Hier ist eine Intensi­vierung der Aufklärungsarbeit und eine Kooperation der entsprechenden Aktionsgruppen vonnöten. Shell hat inzwischen intern auf die Aktivitäten derart reagiert, daß den "lieben Tank­stellenpächtern" mitgeteilt wurde, daß es da einen Boykott gebe, daß Shell selbstverständlich gegen Apartheid sei (Verbündete der Apartheid sind quasi ausgestorben), der Protest ruhig zur Kenntnis genommen und im übrigen dieses Shell-interne Flugblatt keineswegs im Shop ausgelegt werden sollte - von wegen auch noch Werbung für den Boykott. Wir werden hier eine öffentli­che Auseinandersetzung mit Shell weiter führen müssen.

Perspektiven
Anschließend einige Perspektiven im Telegrammstil:

  • eine breite politische Bewegung muß hierzulande die derzeit beginnenden Umschuldungsverhandlungen, bei denen die deutschen Banken wie­derum eine besondere Geige spie­len, kritisch begleiten, damit nicht wieder ähnlich günstige Umschuldungsbedin­gungen wie 1987 herauskommen (äußerst mo­derate Konditionen hatte 1987 jed­wede Destabilisierung Süd­afrikas vermieden - die gesamte Rück­zahlung von 1987 entsprach z.B. in etwa dem für 1987 geschätzten Lei­stungsbilanzüberschuß Südafrikas). Erste Kontakte für entsprechende In­itiativen sind bereits von Medico, terre des hommes u.a. in Angriff genom­men und sollten demnächst möglichst breit bekanntgemacht werden.
  • Aufgrund der aktuellen Entwicklung um die noch längst nicht gesicherte Unabhängigkeit Namibias ist es unter anderem ein wichtiger Bei­trag, eine kritische Informationspo­litik zu ge­währleisten, damit nicht wieder mit dem Apartheidsregime sympathisie­rende Medien hierzu­lande gezielt Falschinformationen über Verletzun­gen vertraglichen Vereinbarungen durch die Swapo etc. streuen kön­nen. Des weiteren ist eine konkrete Unterstützung des SWAPO-Wahl­kampffonds eine weitere Verpflich­tung.
  • Forderungen nach Totalboykott Süd­afrikas sind gelegentlich vollmun­dige Lippenbekenntnisse ohne ernsthafte strategische Überlegun­gen der Umset­zung. Für die Ju­gendverbände er­scheint es sinnvol­ler, gezielt Schwer­punkte auszusu­chen (z. B. Shell-Boy­kott). Der Ka­tholikentag im Mai nächsten Jahres wäre z. B. eine Chance zur Ver­breiterung des Engagements - wir sollten sie nutzen.

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Karl-Heinz Feldbaum ist Referent für Entwicklungsfragen in der Bundesgeschäftsstelle des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ).