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Die internationalen Ölfirmen und der Krieg im Sudan
„Unbezahlte Schulden“
von(ECOS) Was passiert, wenn in einem Kriegsgebiet von ausländischen Firmen Rohstoffe gefördert werden? Die Europäische Koalition zu Öl im Sudan (ECOS) stellte im Juni diesen Jahres den Bericht „Unpaid Debt“ vor, in dem sie dem Ölkonsortium unter der Führung der schwedischen Ölfirma Lundin, aber auch der malaysischen Petronas und dem österreichischen OMV vorwirft, zwischen 1997 und 2003 massiv Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Südsudan Vorschub geleistet zu haben.
1997 unterzeichneten Lundin und die sudanesische Regierung einen Vertrag zur Ölförderung in einem Gebiet, dem sogenannten „Block 5A“, über das die sudanesische Regierung zu diesem Zeitpunkt nicht die volle Kontrolle hatte. Bei der „Sicherung“ des Gebietes wurde die Bevölkerung vertrieben, laut ECOS etwa 160.000 Menschen, viele davon mehrfach, wobei 12.000 durch Gewalt, Hunger und Vertreibung ums Leben kamen. Darüber hinaus verloren die Anwohner laut ECOS 500.000 Rinder und 40.000 Häuser und Stallungen. Der Bericht dokumentiert neben Zeugenaussagen zu Plünderungen, Vergewaltigungen, Folter, etc. auch erstmalig ausführlich die Auswertung von Satellitenbildern als Beweismittel: Auf ihnen ist deutlich erkennbar, dass in der Zeit zwischen 1994 und 2003 die landwirtschaftliche Aktivität in der Region des Block 5A signifikant zurückging. Die Erschließung der Gegend durch die wirtschaftliche Infrastruktur (Flugzeug-Landebahnen und Straßen) vereinfachte auch das Vordringen der sudanesischen Armee.
Eine der Empfehlungen von ECOS mit seinen über 50 europäischen Mitglieds-Organisationen ist die Zahlung von Entschädigungen an die Überlebenden durch die Regierungen von Schweden, Malaysia und Österreich. Dieses Recht auf Entschädigung wurde im Allgemeinen Friedensabkommen zwischen der sudanesischen Regierung und der SPLA von 2005 festgehalten. Pikanterweise war der aktuelle schwedische Außenminister Bildt von 2000 bis 2006 im Lundiner Verwaltungsrat. Lundin Petroleum machte im Block 5A einen Netto-Profit von US$ 92.6 Millionen, die OMV AG von US$ 55 Millionen.
Eine der betroffenen Vertriebenen, Mary Chabak, sagte in einem Interview 2008: „Wir können nicht zurück – eine Firma ist da. Sie hat unseren Platz eingenommen. Wir wollen auch gar nicht zurück nach Thar Jath, denn es ist jetzt voller Häuser der Firma und es wird gesagt, dass das Wasser dort jetzt schlecht ist. Ich war diesen Monat dort (...). Ich sah nur Firmengebäude. Es sind Soldaten und Sicherheitskräfte sowohl aus dem Norden als auch aus dem Süden dort. Ich kenne niemanden, der nach einer Entschädigung gefragt hat. Ich weiß, wir haben ein Recht darauf, aber es gibt keinen Weg.“
Über die Aufarbeitung vergangener Verbrechen hinaus bleibt auch die Frage der Umweltzerstörung und der Gesundheit von Menschen und Vieh in der Region ein wichtiges – wenn auch kaum beachtetes – Thema.
Das Öl wird auch keine geringe Rolle spielen bei der Frage, ob das Referendum, das dem Südsudan die Entscheidung zur Unabhängigkeit bietet, friedlich ablaufen wird. Die Regierung in Khartoum und die des Südsudan in Juba werfen sich gegenseitig Fehlinformation vor bei den Angaben zu Öleinnahmen. Block 5A liegt im „Unity State“ an der potentiellen Grenze zwischen dem Nord- und dem Südsudan. In einem gesonderten Referendum im kommenden Januar sollen die Menschen dort entscheiden, ob Unity State zum Süden oder zum Norden gehört. Dies bringt die Bevölkerung dort wiederum in eine präkere Lage: Ein Wiederaufflammen des Krieges könnte leicht in dieser Region beginnen.
Der Bericht von ECOS kann auf www.ecosonline.org heruntergeladen werden.