Zerstörung der tropischen Regenwälder und Menschenrechtsverletzungen in Zaire

von Stefan Kirschbaum

Zaire ist nach Brasilien und Indonesien der Staat mit den drittgrößten Re­genwaldvorkommen der Erde. Die Regenwälder nehmen den gesamten nördlichen Bereich des Landes ein und bedecken ca. 106 Mill. Hektar. Durch eine schlechte Verkehrsinfrastruktur und nur einen schmalen Zu­gang zum offenen Meer ist der Regenwald Zaires lange Zeit kaum beach­tet worden. Nur der Zaire- und seine Nebenflüsse oder das Flugzeug er­schließen das Kongobecken, das vom Wald bedeckt ist.

Entsprechend hat trotz der relativen Nähe zu Europa der Holzeinschlag für den Export erst verhältnismäßig spät zu Beginn der 80er Jahre im großen Maßstab begonnen. Hierbei sind vor allem auch Firmen tätig, die aus Deutschland stammen. Die Holzfir­men Danzer und die Holimexgruppe exportieren gemeinsam mehr als die Hälfte der Holzes aus Zaire. Ihre Holzeinschlagsgebiete dürften mehr als 3% der Regenwaldfläche des Lan­des bedecken. Dies geschieht mit Un­terstützung der bundeseigenen Ent­wicklungsgesellschaft DEG, die ein Säge- und Furnierwerk der Danzer Tochterfirma Siforzal mit 22 Mill. DM unterstützt hat.

Auch die Kreditanstalt für Wiederauf­bau (KfW) beteiligt sich an der Förde­rung der Regenwaldzerstörung in Zaire. Sie finanziert eine Strasse von Kisangani nach Bukavu im Osten Zai­res mit. Gebaut wird sie zum Teil von der Firma STRABAG. Durch öber­bevölkerung und zerstörten Boden an der Ostgrenze des Landes suchen dort viele neues Land. Durch den Straßen­bau werden sie in den tropischen Re­genwald gelockt, der in Zaire an den meisten Stellen genauso schwierig zu bewirtschaften ist wie in fast allen Re­genwaldgebieten der Erde. Die von den Kleinbauern durchgeführte Brandrodungswirtschaft laugt den Bo­den innerhalb von 2-3 Jahren aus und die Bauern müssen neuen Wald roden. Dies geschieht zwar schon seit Jahr­hunderten, aber bis vor wenigen Jahr­zehnten nur durch eine geringe Bevöl­kerungszahl an wenigen Stellen des Waldes. Die nun beginnende Erschlie­ßung des Waldes durch Straßen und Holzfirmen wird zu ähnlichen Folgen führen wie in Amazonien.

Für die in den Wald ziehenden Bauern wird sich die Lage nur kurzfristig ver­bessern. Am meisten werden aber die traditionellen Regenwaldbewohner hierunter leiden, wenn sie nicht schon hiervon betroffen sind. Ihre alten an Subsistenz orientierten Wirtschafts­formen und an Autonomie gebun­denen gesellschaftlich-politischen Strukturen werden durch die Erschlie­ßung der Waldes für die Außenwelt zerstört. Nicht nur der Wald wird ge­rodet, auch die im und mit dem Wald lebenden menschlichen, tierischen und pflanzlichen Kulturen werden ver­nichtet. Bedroht ist die wohl mit am artenreichste Flora und Fauna des Kontinents, eine der letzten noch le­benden Jäger und Sammlerkulturen (MButi-Pygmäen) und zahlreiche an­dere Kulturen.

Die Bewohner des Waldes haben nur sehr beschränkte Möglichkeiten, sich gegen die Vernichtung ihres Lebens­raumes zu wehren. Das politische Sy­stem des Landes läßt eine größere Opposition nicht zu. Widerstand ist nur möglich in Form des Entziehens, was auch von einigen Gruppen ge­macht wird. Viele Gründe für die Ver­nichtung des Waldes liegen nicht in Zaire selbst, sondern sind durch Inter­essen von Firmen in den Industrielän­dern bedingt (siehe die Beispiele Dan­zer, Holimex, STRABAG). Hierdurch ergibt sich zugleich auch eine Mög­lichkeit, die Regenwaldbewohner bei ihren Waldschutzbemühungen zu un­terstützen. Individuell ist der Verzicht auf die Verwendung von Tropenholz eine Möglichkeit. Dies muß in der po­litischen Auseinandersetzung unter­stützt werden und zum anderen geht es darum, die Entwicklungshilfegelder, die nach Zaire fließen, von wald­zerstörerischen Projekten umzulen­ken in Projekte, die vor allem einem weite­ren Drang in den Wald entge­genarbeiten, also zum Beispiel Pro­jekte zum Erosionsschutz in den be­völkerungsreichen Gebieten an der Ostgrenze des Landes. Darüberhinaus bedarf es einer Unterstützung von Bemühungen, das politische System Zaire so zu ändern, daß die Lebens­grundlagen der Bevölkerung gesichert werden. Dies kann aber kaum gesche­hen, wenn Zaire in erster Linie als ein strategisch wichtiges Land gesehen wird, dessen Führung als Garant für einen freien Zugang zu den Rohstof­fen des Landes gestützt wird.

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Stefan Kirschbaum arbeitet beim Institut für Ökologie und angewandte Ethnologie e.V.in Mönchengladbach.