Zerstörung von Handfeuerwaffen und Kleinwaffen

von David DeClerq
Hintergrund
Hintergrund

Kleinwaffen stellen sowohl aus der Sicht der Rüstungskontrolle und der internationalen Sicherheit wie unter dem Blickwinkel von Kriminalität und innerer Sicherheit einen komplexen Problemkreis dar, der in den 90er Jahren enorm an Bedeutung gewonnen hat. Die Kontrolle der Kleinwaffen erfordert ein umfassendes Konzept mit politischen, geographischen, ökonomischen und sicherheitsbezogenen Elementen. In der Vielfalt der Ansätze zur Bekämpfung der explosionsartigen Verbreitung und des unrechtmäßigen Gebrauchs von Kleinwaffen, insbesondere nach dem Ende von Bürgerkriegen, kommt der Vermeidung der destabilisierenden Wirkung unkontrolliert verfügbarer Überschussbestände große Bedeutung zu (siehe Di Chiaro, 1998). Neben anderen Aspekten umfasst dieses Problem auch die wirksame und wirtschaftliche Entsorgung überschüssiger Kleinwaffen, vorzugsweise durch umweltschonende Vernichtung.

Der vorliegende BICC Report untersucht die Probleme und Methoden der Vernichtung und Entsorgung von Kleinwaffen, stellt diese in den Kontext von friedensschaffenden Maßnahmen nach größeren Konflikten und bettet die jeweiligen Erfahrungen in den gesellschaftlichen Zusammenhang ein.

Eine Vielzahl von UN-Initiativen und Operationen haben sowohl die Möglichkeiten als auch die Probleme der praktischen Umsetzung von Kleinwaffenabrüstung aufgezeigt. Die meisten dieser Operationen sind unter politischen und normativen Vorzeichen analysiert worden. In der vorliegenden Studie wird anhand von Fallbeispielen der Grad des praktischen Erfolgs der Waffenvernichtung beschrieben.
 

Exemplarisch seien zwei Beispiele erwähnt:

  • In Mali wurden Mitte der neunziger Jahre nach dem friedlichen Ende eines innerstaatlichen Konfliktes einige Tausend Feuerwaffen eingesammelt und öffentlich in einer sogenannten `Friedensflamme` verbrannt. Die Bedeutung dieser Operation lag mehr in ihrem Symbolwert und ihrem Beitrag zur nationalen Versöhnung als in der konkreten Entsorgung von Kleinwaffen.

 

  • In Nicaragua und El Salvador fanden zwischen 1989 und 1997 verschiedene UNO-Friedensmissionen statt, die direkt oder indirekt zur Einsammlung und Vernichtung von Kleinwaffen führten. Auch in der serbisch-kroatischen Enklave Ostslavonien wurden unter der Obhut einer UNO-Friedensmission Waffen eingesammelt und entsorgt.

Mit dem Vertrag über konventionelle Streitmächte in Europa (KSE-Vertrag), der 1992 in Kraft trat, wurde zum ersten Mal die Vernichtung von konventioneller Rüstung, einschließlich von Vorschriften über erlaubte Methoden, vereinbart. Diese Vorschriften, die genau beschreiben, welche Waffenkategorien wie zu zerstören sind, sind auch für die Entsorgung von Kleinwaffen relevant.

Der Hauptteil der vorliegenden Studie analysiert die vielfältigen Methoden zur Zerstörung von Kleinwaffen. Welcher Methode unter spezifischen Verhältnissen der Vorzug zu geben ist, hängt von der Menge und dem Typ der zu entsorgenden Waffen ab, von der verfügbaren Zeit, der vorhandenen Infrastruktur, den verfügbaren finanziellen Mitteln und von politischen und psychologischen Faktoren, wie zum Beispiel der Beteiligung von ehemaligen Kämpfern an der Mikroabrüstung. Genaue Kostenschätzungen sind schwierig. In der Praxis ist die theoretisch optimale (das heißt zuverlässigste oder kostengünstigste) Methode nicht unbedingt die unter den gegebenen Verhältnissen beste: Zeit, Geld, Durchsetzbarkeit und andere Kriterien erfordern häufig Kompromisslösungen.

Das Verbrennen von Kleinwaffen, in Mali und Nicaragua durchgeführt, ist billig aber nicht umweltschonend. Außerdem ist der übrigbleibende Abfall weniger wertvoll als bei anderen Zerstörungsmethoden. Eine andere einfache und billige und dabei gleichzeitig effektive Methode ist das Zerdrücken der Waffen durch ein schweres Fahrzeug, zum Beispiel einen Kampfpanzer, der sie überfährt. Primitiv und billig und für die Umwelt nicht belastender als das Verbrennen ist das Versenken der Kleinwaffen auf dem Meeresgrund. Kleine Mengen an Feuerwaffen können auch mit Handwerkzeugen wie Hammer und Amboss oder einer Kreissäge kostengünstig zerstört werden. Wirksam ist auch das Einschmelzen von Kleinwaffen in Hochöfen der metallverarbeitenden Industrie.

Gasflammen, mit denen Waffen unbrauchbar gemacht werden, sind ein bewährtes Mittel, wobei ein Plasmaschneider schneller arbeitet als ein Schneidbrenner. Die Methode ist wirksam und hinterlässt wertvollen Schrott. Sie ist allerdings relativ langsam und teuer. Außerdem stellt sie technische Anforderungen, die nicht immer erfüllt werden können.
 

Umweltschonend und schnell ist die Benutzung von hydraulischen Pressen und Scheren. Bei größeren Mengen lohnt sich die Beschaffung der teueren Maschinen. Schreddern ist allerdings die effizienteste Methode für die Zerstörung von Kleinwaffen. Große Maschinen arbeiten sehr schnell und umweltfreundlich und garantieren eine totale Zerstörung. Sie produzieren außerdem wertvollen Schrott, wenn die Waffen vorher zerlegt und nach Material sortiert wurden. Dieses Verfahren erfordert allerdings sehr hohe Investitionen.

Die Zerstörung von Munition und anderen explosiven Stoffen ist gefährliche Spezialistenarbeit. Demontage, Delaborierung und umweltschonende Entsorgung sind zu empfehlen. Gezielte Detonation in abgelegen Gegenden ist die billige und schmutzige Alternative.

Schlussfolgerungen und Empfehlungen des Autors:

Die direkten Kosten der Vernichtung von Kleinwaffen sind selten ein Problem.

Die Kosten des Einsammelns und des Verzichts auf Verkauf können erheblich sein.

Für alle Verhältnisse gibt es eine probate Methode, Kleinwaffen zu zerstören.

Perfektionismus bei der Vernichtung von Kleinwaffen zahlt sich oft nicht aus.

Es empfiehlt sich, nach dem Modell des Vertrags für konventionelle Streitmächte in Europa, eine Verifikationsstelle für die Zerstörung von Kleinwaffen ins Leben zu rufen.

Privatwirtschaftliche Firmen mit Kompetenzen auf dem Gebiet der Entsorgung von Waffen und Explosivstoffen können ebenfalls diese Rolle übernehmen.

Eine dritte Möglichkeit wäre das Erstellen eines Standardverfahrens oder eines Leitfadens durch eine kompetente Organisation wie das Pearson Peacekeeping Centre in Kanada.

Die UNO sollte die Beschaffung von Geräten zur Vernichtung von Kleinwaffen für ihre Friedenstruppen erwägen.

Große Mengen von Munition sind nur auf teuerem Wege zu entsorgen. Die Kosten sollten die Verantwortlichen aber nicht von einer notwendigen Abrüstung abhalten.

Wo die Verhältnisse es zulassen, kann ein Recycling des Materials zerstörter Waffen einen Teil der Vernichtungskosten auszugleichen..

Es kann dem Frieden nützen, wenn Rüstungsproduzenten dazu veranlasst werden, bei der Entsorgung von überschüssigen Waffen behilflich zu sein.

report 13 - Destroying Small Arms and Light Weapons - Survey of Methods and Practical Guide, April 1999, Bonn International Center For Cenversion (BICC), An der Elisabethkirche 25, 53113 Bonn, Tel.: 0228/911960, Fax: 0228/241215, e-mail: bicc [at] bicc [dot] uni [dot] de, http://bicc.uni-bonn.de

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