6x jährlich erscheint unsere Zeitschrift "FriedensForum" und informiert über Neuigkeiten aus der Friedensbewegung. Gerne schicken wir dir ein kostenfreies Probeheft zu!
Ziviler Aufbau in Bosnien-Herzegowina
vonParallel zur Daytonkonferenz in Florenz diskutierten am 14.6. in Bonn SPD-Politiker mit Oppositionspolitikern aus Bosnien-Herzegowina über Strategien für den zivilen Aufbau Bosniens. Auch die Arbeit der Nichtregierungsorganisationen ist äußerst wichtig für den Aufbau einer Zivilgesellschaft in Bosnien, so Voigt der außenpolitische Sprecher der SPD. Deshalb habe man auch zahlreiche Vertreter von NGOs auf die Konferenz eingeladen. Außerdem seien die Wahlen im September Grundlage für den Wiederaufbau Bosnien-Herzegowinas. Die Wahlen müßten in ihren Grundzügen jedoch demokratisch sein, sagte Günter Verheugen, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion. Denn, so Verheugen, Wahlen nur dem Namen nach würden niemandem nützen.
Daß freier Zugang zu den Medien auch für Oppositionspolitiker eine Grundvoraussetzung für demokratische Wahlen ist, darin waren sich deutsche und bosnische Politiker einig. Über die Rolle der Balkan-Medien im Krieg sagte Verheugen: "Der Krieg hat in den Medien begonnen und muß auch dort beendet werden".
Die Ombudsfrau für Menschenrechte für Bosnien-Herzegowina, die Schweizerin Gret Haller, machte das schwache rechtsstaatliche Bewußtsein der Bosnier verantwortlich für die mangelhafte Durchsetzung des zivilen Aufbaus:
Haller sagte, daß sich die bosnische Gesellschaft im Übergang von Faustrecht zu Rechtsstaatlichkeit befände. Das Vertrauen in Rechtsmechanismen sei begreiflicherweise sehr klein, das Faustrecht hingegen noch sehr präsent."
Vor allem hängt der zivile Wiederaufbau Bosnien-Herzegowinas von der Lösung der Flüchtlingsproblematik ab. Die SPD besteht dabei auf einer Konditionierung der Hilfsmaßnahmen für die Rückkehrer. Aber auch die bosnischen Politiker stellten Bedingungen für die Rückkehr. So betonte Selim Beslagic, der Bürgermeister von Tuzla, daß die internationale Gemeinschaft den Flüchtlingen ermöglichen müsse, in ihre Heimatorte zurückzukehren und nicht in irgendeine Stadt Bosniens: "Das müssen alle unterstützen, die Dayton unterschrieben haben", sagte Besljagic, "aber hier fehlt offenbar der politische Willen."
Sulejman Suljic, Präsident der Partei für Bosnien-Herzegowina in Deutschland, unterstützte diese Forderung und fügte hinzu, daß Bosnien-Herzegowina allen Moslems, bosnischen Kroaten und bosnischen Serben gemeinsam gehört und daß nicht eine Volksgruppe ein Gebiet für sich allein beanspruchen könne, egal, ob sie in dem entsprechenden Gebiet die Mehrheit stelle oder nicht.
Aber nicht alle auf der Konferenz anwesenden bosnischen Politiker waren sich in dieser Frage einig. Miodrag Zivanovic aus Banja Luka, Präsident der Sozialliberalen Partei der Serbischen Republik, ist der Ansicht, daß ein erneutes Zusammenleben der verschiedenen Volksgruppen erst in ferner Zukunft möglich sein wird. Er sieht die zwei Entitäten Bosnien-Herzegowinas - die Serbische Republik und die moslemisch-kroatische Föderation - als Realitäten an, denen auch die Internationale Gemeinschaft ins Gesicht sehen muß.
Am Nachmittag beschäftigte sich eine Arbeitsgruppe mit dem wirtschaftlichen Wiederaufbau Bosniens. Darin meldete sich u.a. ein Bauunternehmer zu Wort, der eines der typischen Probleme ansprach: wo soll er anfangen mit dem Wiederaufbau? Seine Firma hat Material, Konzepte und Handwerker, kann aber nicht mit der Arbeit anfangen, solange die Verantwortlichen vor Ort ihm nicht ein Gebiet oder eine Stadt nennen, in der seine Leute sicher sind und wo die Eigentumsverhältnisse soweit geklärt sind, daß auch wirklich die rechtmäßigen Besitzer wieder in ihre Häuser zurückkehren können.
Die Teilnehmer der Arbeitsgruppe waren sich einig, daß diese Probleme dringend gelöst werden müssen, damit der Wiederaufbau endlich beginnen kann. Außer Handwerkern brauche Bosnien vor allem junge, fähige Unternehmer. Kredite ohne klare Wiederaufbaukonzepte seien allerdings keine Garantie für Erfolg.