Mediation im ehemaligen Jugoslawien

von Traudel Rebmann
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Als im Herbst 91 die Nachricht durch die Presse ging, daß die Anti Kriegs Kampagne im ehemaligen Jugoslawien sich mit der Methode der Mediation vertraut machen wollte, war das für die einen ein Lichtblick "man kann also doch noch etwas tun!" und viele haben es als fragwür­diges Unternehmen betrachtet "zu spät, wenn eine Situation schon so eskaliert, sind gewaltfreie Mittel nicht mehr möglich"

Tatsächlich, heute, am 22.02.1995 tobt noch immer der Krieg, sind viel noch immer in Gefahr, wird der Hass weiter­hin geschürt, sind Menschen noch im­mer auf der Flucht und im Exil.

Aber Samenkörner, die seit 1991 ausge­streut wurden, sind inzwischen aufge­gangen, Menschen, die im Spätsommer 1991 verwirrt und hilflos waren, sind inzwischen zu standhaften Unterstützern der Menschenrechte geworden, setzen sich dafür ein, daß die Vorurteile nicht noch geschürt werden, daß die Situation in ihrer Umgebung nicht eskaliert.

Neben den vielfältigen Aufgaben des Alltages, bemühen sich viele Mitarbeiter in den diversen Friedensgruppen, in die Zukunft zu denken und kreativ und konstruktiv für die Zeit nach dem Krieg zu planen. Lehrerinnen und Lehrer nut­zen die Chance, in den Schulklassen Gedankengut des gewaltfreien Umgangs miteinander einzubringen und das ganz praktisch und in dem sie mit gutem Bei­spiel vorangehen.

Zur Illustration einige Erinnerungsfet­zen von meinem mehrwöchigen Besuch im September 1994: Zahlreche lernbegierige Lehrerinnen und Lehrer, die in Osijek zu mehrtägigen Seminaren zur Einübung in die Mediation im Schulall­tag zusammenkommen und sich eifrig in der Diskussion und den praktischen Übungen einbringen. Und das alles wäh­rend der Ferien! Auch in Zagreb gibt es nicht nur vereinzelte Lehrkräfte, die In­teresse zeigen, oft sind ein Großteil der Kollegien dazu motiviert.

Zu meiner Überraschung wurde mir am letzten Tag meines Aufenthalts ein druckfrisches Arbeitsbuch für Schulen zum Thema "Gewaltfreier Umgang mit­einander" präsentiert. Es ist sehr schön aufgemacht und beim Durchblättern wirkt es auf mich manchmal wie ein Gästebuch, weil sich vom Inhaltlichen, sowie  von den Übungen her, unschwer die verschiedenen Trainerinnen und Trainer, die während der vergangenen Jahre dort mit ihren Erfahrungen mitge­holfen haben, entdecken lassen. Es wäre schön, wenn wir in Deutschland auch schon ein solches Arbeitsbuch für Schulen hätten. Offensichtlich fordern Ausnahmesituationen zu schnellem Handeln heraus. (Einige kroatische Freundinnen von mir arbeiten noch im­mer an einer Rohübersetzung ins Deut­sche.) Die Kooperation zwischen Lehre­rInnen und Mitarbeiterinnen der Frie­densbewegung ist in diesem Buch er­kennbar. Ende 1993 wurde in Belgrad vom Zentrum der Antikriegskampagne und dem UN Büro des Hochkommissars für Flüchtlingsfragen (UNHCR) ein Handbuch für die Arbeit mit Kindern von 7 bis 14 Jahren herausgebracht. Es wurde von einer Gruppe von Psycholo­gInnen erarbeitet und erschien gleich in 2 Sprachen: serbisch und englisch und hat den Titel "Cognition through Ga­mes". Diese Buch übrigens 1994 einen Preis der Vereinigung der serbischen Psychologen bekommen!

Außerdem gibt es auch ein kleines Handbuch "Mediation in der Schule", das in Kooperation zwischen der Uni­versität Zagreb und der Antikriegskam­pagne entstanden ist. Viele Lehrkräfte erzählten mir, daß sie, nachdem sie zunächst an einem Einführungsseminar teilnehmen konnten, sehr gut mit diesem Buch arbeiten können.

Diese Hoffnungszeichen sollten wir dankbar akzeptieren, wohl wissend, daß es noch viel zu tun gibt - und das auch bei uns. Ein gegenseitiges Sich-Besu­chen und Austauschen ist nach wie vor notwendig, damit wir nicht aufhören, dem Frieden eine Chance zu geben.

Deshalb haben sich auch Mitarbeiter der Friedensgruppen in Osijek eine Woche lang jeden Tag einige Stunden Zeit ge­nommen, sich besser kennenzulernen, miteinander einzuüben aufeinander zu achten und sich zuzuhören, Konflikte ansprechen und aufzuarbeiten. Wir ha­ben auch miteinander gelernt:

-     Vergiss nicht, Dir etwas Gutes zu gönnen,

-     vergiss nicht, Dich zu entspannen,

-     vergiss nicht, an den Blumen zu riechen,

-     vergiss nicht, den Wolken nach­zublicken ..."

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Traudel Rebmann ist Mediatorin im ehem. Jugoslawien in Auftrag des Bundes für Soziale Verteidigung