Aufruf zur Blockade des Atomwaffenlagers Bellersdorf am 31. 7. 90 am Münchner Karlsplatz - Prozesse am Amtsgericht München

Informationen der "Aktion Öffentliche Aufforderung zur Blockade" aus München

von Friedrich Müller

Am 31. 7. 1990 verteilten 12 Angehörige unserer Gruppe an einem wun­derschönen Abend Flugblätter, mit denen wir zu Sitzdemonstrationen vor dem Massenmordwaffenlager Bellersdorf am 31. 8./1. 9. 1990 auf­forderten.

Wir waren eigentlich sehr euphorisch, denn wir hatten einige Stunden vorher die schriftliche Genehmigung des Münchner Kreisverwaltungsreferates erhalten.

Diesem hatten wir rechtzeitig die Un­terlagen mit dem zur Verteilung gelan­genden Flugblatt eingereicht. Eine Ge­nehmigung der Stadt München, die so­gar die bisher so kriminellen Flugblätter akzeptierte. Die Euphorie war doch be­rechtigt!

Aber es gibt hier in München eine Ju­stizministerin mit Namen Berghofer-Weichner, und mit dieser hatten wir momentan nicht gerechnet ... Hätten wir aber tun sollen! Denn 10 Minuten nach Beginn der Aktion waren wir von höfli­chen, seltsamerweise zivilen (warum wohl?) Polizisten umgeben, und plötz­lich waren wir wieder auf dem Boden der bayerischen Tatsachen.

Einzug der Flugblätter durch die Beam­ten, und am 3. 12. 1990 fand dann der erste Prozeß gegen uns statt; seitdem hat es insgesamt acht Verhandlungen gege­ben. Ergebnis: 5 Freisprüche, 2 Verur­teilungen, 1 Verurteilung nach  153 mit Spende.

Die zwei Verurteilungen und die fünf Freisprüche gehen nun in die 2. Runde am Münchner Landgericht, selbstver­ständlich gingen die Staatsanwalt und auch wir in Berufung.

Einige wichtige Anmerkungen zu diesen Prozessen. An den Münchner Amtsge­richten wird die harte Linie dieser Mini­sterin zunehmend nicht mehr akzeptiert. Nur noch sehr stramme CSU-Richter verurteilen noch.

Eine Richterin meinte, man könne nicht verurteilen, wenn das Kreisverwaltungs­referat die Demonstration (einschließ­lich des Flugblattes) geneh­migt hat, und ein weiterer Richter, daß Gesetze, die nicht mehr abschrecken, keine guten Gesetze sein könnten. Wenn Bürger diese Gesetze nur noch als Un­recht an­sehen, müßte der Gesetzgeber sich doch eigentlich Gedanken machen. Das Bundesverfassungsgericht meinte dies übrigens mit seinem Urteil vom 11. 11. 86 auch.

Hannes Fischer seit dem 8. 7. 1991 für 210 Tage im Gefängnis Stadelheim in München

Hannes Fischer wurde am 15. 1. 1991 von dem bekannten Richter Offenloch zu 210 Tagessätzen verurteilt, wobei er sogar an den letzten Verhandlungstagen vom Prozeß ausgeschlossen worden ist - er wollte seine ganzen Argumente gegen die Massenmordwaffen und die Verur­teilungspraxis in Schwäbisch Gmünd u.a. los werden, Richter Offenloch hatte etwas dagegen - ja, auch so etwas gibt es in der deutschen politischen Justiz -, und dies in einem Deutschland, das durch die Nazijustiz eigentlich gelernt haben sollte.

Am 8. 7. 91 brachten ihn über 60 Freun­dinnen und Freunde ins Gefängnis und da sitzt er nun wie viele Angehörige der Friedensbewegung in Deutschland vor ihm und sicherlich auch nach ihm.

Die Pershing II sind weg - oder sind die Atomsprengköpfe dieser Pershings schon wieder da? -, und Hannes, der ge­gen diese Massenmordwaffen protestiert hat, sitzt im Gefängnis Stadelheim 8000 München 90, Stadelheimerstr. 12 (schreibt ihm, bitte Rückporto beilegen) und muß resozialisiert werden, so ein leitender Beamter des Gefängnisses, Herr Schielein, auf die Frage einer klei­nen Zeitung nach einem Interview. Ab­gelehnt natürlich!

Ein Antrag von Hannes an die Gefäng­nisleitung, seinen schwerbehinderten Vater zweimal in der Woche besuchen zu dürfen, wurde von Herrn Regierungs­rat Stumpf abgelehnt.

Ein Solidaritätsschreiben von Frau Re­nate Schmidt, Bundestagsvizepräsiden­ten, vom 18. 7. 91 für den Kriminellen Hannes Fischer liegt uns vor.

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