Eine Auswertung

1. Mutlanger Tagung über Gewaltfreiheit und Zivilen Ungehorsam

von Volker Nick

Die Friedens- und Begegnungsstätte Mutlangen, das Carl-Kabat-Haus und der Bund für Soziale Verteidigung hatten "alle Einzelpersonen, Gruppen, Kampa­gnen und Organisationen, die an Brennpunkten der militärischen und ökologi­schen Bedrohung und Zerstörung mit den Mitteln der Gewaltfreiheit und insbe­sondere des Zivilen Ungehorsams konkrete Ansätze einer Sozialen Verteidigung entwickeln und in die Tat umsetzen", für den 3. - 5. November '89 nach Mutlan­gen eingeladen.

Unsere eigentliche Absicht bestand darin, endlich einmal die "Mutlangen-Veteranen" und möglichst alle gegen­wärtig arbeitenden Gruppen des Zivi­len Ungehorsams miteinander ins Ge­spräch zu bringen. Wir hatten ein Tagungskonzept entwickelt, das sowohl dieses gemeinsame Gespräch struktu­rieren und auf unseres Erachtens not­wendige, anzusprechende Punkte brin­gen als auch viel Raum für persönli­chen und "freien" Austausch ermögli­chen sollte.

Es kamen über 120 Menschen aus dem ganzen Bundesgebiet (sowie drei Leute aus Österreich, der Schweiz und Holland). Alle von uns angespro­chenen Gruppen waren vertreten (außer den Brokdorf-BlockiererIn­nen). Insofern war unser Konzept auf­gegangen, und insofern war die Ta­gung auf jeden Fall wichtig und nütz­lich.

Es ist sicherlich zu früh, um einschät­zen zu können, wie fruchtbar der Austausch innerhalb und zwischen den einzelnen Gruppen nun wirklich war. Immerhin läßt sich schon festhalten, daß Ansätze für eine Vernetzung der Trainings-Arbeit erarbeitet wurden; die "Friedensknackis" wollen in Zukunft engeren Kontakt halten; es kam erst­mals ein Gespräch in Gang zwischen den Gruppen, die in Würgassen, Hanau und Grundremmingen mit Zivilem Ungehorsam gegen die dortigen Atomanlagen arbeiten (wollen); und auch der Austausch darüber, ob die (Rest-)Friedensbewegung sinnvollerweise den Sozialen Angriff auf das ge­samte Militär zu ihrem politischen Programm machen sollte, wurde von den meisten als sehr wichtig empfun­den.

Schwierigkeiten und Punkte der Kritik und Selbstkritik auf dieser Tagung sehe ich vor allem darin, daß es uns viel zu wenig gelang, die konkrete Ar­beit der eigentlich eingeladenen Grup­pen wirklich weiterführend und kri­tisch zu reflektieren. Vielleicht lag dies daran, daß zu viele Leute da waren, die gar nicht in konkreten Zusammenhän­gen mit dem Mittel des Zivilen Unge­horsams arbeiten, die aber trotzdem - bei der basisdemokratischen Struktur der Tagung - überall das Gespräch mitbestimmten. Das nächste Mal müs­sen wir wohl entweder die TagungsteilnehmerInnen auf den engeren Kreis der aktiven Gruppen beschrän­ken, oder wir bieten eben ein Treffen für alle Friedens- und Ökologiebe­wegten an, dann aber mit einem ande­ren Konzept. Eine andere Möglichkeit, das Gespräch konkreter und damit fruchtbarer zu machen, bestünde darin, nicht mehr unter einem derma­ßen breiten Thema einzuladen, son­dern vielmehr die Tagungen jeweils auf ein Einzelthema einzuengen, das dann sowieso nur einen bestimmten AdressatInnenkreis anspricht, z. B. "Trainingsarbeit", "Ziviler Ungehorsam und Gefängnis", "Ziviler Ungehorsam gegen Atomanlagen", "Ziviler Unge­horsam gegen das Militär".

Allgemein wurde geäußert, daß solche Treffen fortgesetzt werden sollten, ge­rade auch in der von uns angebotenen Struktur des Lebensrhythmus des Carl-Kabat-Hauses mit Mahnwachen, Meditation, Ruhepausen, Handarbeit, Fest zwischen den Arbeitsphasen.

Ausgabe

Rubrik

Initiativen
Er lebt und arbeitet im Carl-Kabat-Haus