Nachruf

Abschied von Prof. Dr. Ernst Woit (1932-2021)

von Volker Bialas
Hintergrund
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Am 8. Februar 2021 ist Ernst Woit, einer der letzten Repräsentanten der ostdeutschen Friedensszene, in Dresden verstorben. Er wird vielleicht einigen Friedensfreund*innen als Gastredner auf den von Peter Strutynski geleiteten Kasseler Friedenspolitischen Ratschlägen noch in Erinnerung sein, doch lag sein friedenspolitisches Betätigungsfeld hauptsächlich auf dem Gebiet der früheren DDR.

In der DDR machten sich seit Mitte der 1980er Jahre unter dem Eindruck von Gorbatschows Entspannungspolitik Veränderungen im Freund-Feind-Denken bemerkbar. So begann sich an der Militärakademie die Einsicht durchzusetzen, dass Krieg im atomaren Zeitalter nicht mehr „Mittel der Politik“ sein konnte und der Sicherheitsbgriff einer Neubestimmung bedurfte. Ernst Woit, von 1978 bis 1991 Professor für Geschichte der Philosophie an der Technischen Universität Dresden, nahm lebhaften Anteil an dem sich verändernden friedenspolitischen Denken, richtete Seminare zur Friedensforschung ein und wurde 1988 Mitglied des „Wissenschaftlichen Rates für Friedensforschung“ an der damaligen Akademie der Wissenschaften der DDR:

Nach der Vereinigung der beiden deuschen Staaten erlebte die ostdeutsche Friedensszene besonders in Dresden einen erheblichen Aufschwung, und Ernst Woit nahm von Anfang an daran teil. Zu nennen sind die Gründung der „Sächsischen Friedensinitiative e.V.“; die Einrichtung des Dresdner Friedenssymposiums, das jewils zum Jahrestag und im Gedenken an der Zerstörung Desdens (13. Februar 1945) stattfindet; schließlich die Bildung der „Dresdner Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik e.V“: aus Mitgliedern der früheren Militärakademie. In der Studiengemeinschaft, der sich Ernst Woit 1997 als Mitglied anschloss und in der er einer der bestinformierten Vordenker war, wurden die friedenswissenschaftliche Erörterung vor allem auf die Frage einer gemeinsamen globalen Sicherheit fokussiert und 1996 mit den alljährlich bis zum Jahr 2014 abgehaltenen internationalen Symposien über die „Idee einer globalen Friedensordnung“ erheblich erweitert.

Ernst Woit hatte neben dem Vorsitzenden Prof. Wolfgang Scheler großen Anteil an den dort geführten Gesprächen. Seiner Ansicht nach war mit Ende des Kalten Kriges und der globalen Bipolarität ein „Epochenwechsel“ eingetreten. Eine die ganze Menschheit umfassende Friedensordnung würde Woit zufolge auf einen gesellschaftlichen Zustand abzielen, „für den es in der bisherigen Geschichte keine Erfahrung und keine Tradition gibt“. Der zentrale Begriff für sein Denken war in humanitärer Gesinnung die Würde des Menschen, der für ihn in enger Beziehung zu den Menschenrechten steht.

Ernst Woit sprach nicht nur von Idealen, er lebte sie auch in seiner kritikfähigen Geradlinigkeit, in seiner dialogbereiten Mitteilsamkeit und seiner Offenherzigkeit im persönlichen Umgang.

Ernst Woit starb nur wenige Monate nach seiner Frau Erika, die ihn liebevoll über sieben Jahrzehnte in seinen Aktiviätten unterstützte. Wir haben einen guten Freund verloren.

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