Aktuelle Bewertung des pax christi-Präsidiums zur Aktion

Ein Schiff für Gaza

von Pax Christi Saar
Krisen und Kriege
Krisen und Kriege
( c ) Netzwerk Friedenskooperative

Die deutsche Sektion von pax christi hat zusammen mit zahlreichen Nichtregierungsorganisationen aus 38 Nationen eine Aktion mitgetragen, die im internationalen Sprachgebrauch unter dem Begriff „FreeGaza-Flottilla“ am 21. Mai 2010 gestartet wurde. Als mitverantwortliche Organisation haben die deutsche Sektion von pax christi seit dem Aufbringen der Mavi Marmara durch die israelische Marine zahlreiche kritische Stellungnahmen erreicht. Während bei einem Teil der Rückmeldungen der öffentliche Protest gegen das Unrecht der Blockade des Gazastreifens ausdrücklich begrüßt wird, sehen andere pax christi mitverantwortlich für Gewalteskalation oder fragen an, wie die Aktion mit unserer Sorge um das Existenzrecht Israels in Einklang gebracht werden kann.

Ziel der Aktion „FreeGaza“ war es, Hilfslieferungen in den Gazastreifen zu bringen und gleichzeitig auf das Unrecht der Blockade aufmerksam zu machen. Gemessen an der außerordentlichen, weltweiten Aufmerksamkeit kann gesagt werden, dass das zweite Ziel voll erreicht wurde. Weltweit haben Regierungen einschließlich der Bundesregierung und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika die Blockade kritisiert und von Israel das Ende der Blockade gefordert. Unmittelbar nach Aufbringen der Mavi Marmara hat sich der Weltsicherheitsrat mit dem Vorgang befasst. Inzwischen hat die israelische Regierung die Einfuhrbestimmungen in den Gazastreifen für Güter des alltäglichen Gebrauchs gelockert.

Die Blockade hat ihre stillschweigende Akzeptanz der Weltöffentlichkeit verloren, alternative Konzepte zur Kontrolle von Waffenlieferungen oder Bauteilen für Waffen in den Gazastreifen werden diskutiert. Ein Ende der Blockade steht auf der politischen Tagesordnung.

Nach wie vor ist die Frage ungeklärt, wie es zur Gewalteskalation auf dem Schiff kommen konnte, in deren Folge neun Menschen starben. Die Aktion „FreeGaza“ arbeitet gewaltfrei. Die Zielsetzung der Entsendung der Schiffsflotte erlaubte keine andere Vorgehensweise. Nur unter dieser Voraussetzung konnte pax christi der Mitträgerschaft der Aktion zustimmen. Der Tod der neun Aktivisten verpflichtet uns, in aller Offenheit und auch mit der nötigen Selbstkritik nach den Ursachen der Gewalteskalation auf der Mavi Marmara zu fragen.

Hierzu gehören Fragen wie: Gab es tatsächlich Beteiligungen rechtsnationalistischer, gewalttätiger Gruppen? Wenn ja, wie konnten sie an Bord der Mavi Marmara gelangen? Welche Handlungen gingen von einzelnen Passagieren gegenüber den israelischen Soldaten aus? Aber auch diese Frage ist zu stellen: Warum hat die israelische Armee so unverhältnismäßig agiert? Und wie ist es zu den tödlichen Schüssen gekommen ist? pax christi hat von Anfang an eine unabhängige Untersuchungskommission zur Aufklärung dieser Vorgänge gefordert. Nicht um einseitige Schuldzuweisungen kann es dabei gehen, sondern um eine transparente Aufarbeitung der Vorkommnisse, auch wenn dabei eigenes Fehlverhalten offen gelegt werden sollte.

Trotz dieser Erfahrung bekräftigt pax christi die Entscheidung zur Mitträgerschaft dieser Aktion und die Kooperation mit der sie tragenden internationalen Organisation „FreeGaza“. Und sie war und ist dem Grundsatz der Gewaltfreiheit verpflichtet. Unsere Forderung nach Aufhebung der Blockade war und ist bis heute eingebettet in unsere besondere Verantwortung angesichts der Shoa. Unser Ziel ist es, dass die Menschen in Israel, im Westjordanland und in Gaza in Frieden und Freiheit leben können.

Die vollständige Erklärung kann unter  www.paxchristi.de eingesehen werden.

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