Afghanistankrieg beenden!

von Kelly Campbell
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( c ) Netzwerk Friedenskooperative

Im Vorfeld der Mandatsverlängerung für den Kriegseinsatz der Bundeswehr durch den Bundestag hatte ein breites Bündnis von Friedensgruppen Protest angemeldet, u.a. mit einer Demonstration und Kundgebung am 15. September in Berlin mit annähernd 10.000 TeilnehmerInnen.
Wir dokumentieren die Rede der US-Friedensaktivistin Kelly Campbell.

Liebe Freundinnen und Freunde,
Ich bin durch die Einladung der deutschen Friedensbewegung, an dieser Demonstration für den Rückzug der deutschen Truppen aus Afghanistan teilzunehmen, sehr geehrt. Ich schätze die deutsche Friedensbewegung wegen ihrer führenden Rolle darin, die Verantwortungen der internationalen Gemeinschaft für Afghanistan auf die Tagesordnung zu bringen. Ich habe die Auswirkungen des militärischen Anschlags auf Afghanistan selbst miterlebt, als ich im Januar 2002 in einer Delegation der Familienmitglieder der Opfer des 11.9. in Kabul war. Wir haben darauf bestanden, dass unser Schmerz kein Kriegsruf sei, und dass das Töten unschuldiger Afghanen und Afghaninnen uns keine Gerechtigkeit bringen würde. Wir haben diese Reise unternommen, um die Auswirkungen der Entscheidung unserer Regierung zu bezeugen, Afghanistan in Vergeltung für den Tod unserer Lieben zu bombardieren, und um unsere Anteilnahme mit Afghanen und Afghaninnen zu zeigen, die ihre Familienmitglieder durch die US-Bombardierung verloren hatten. In Afghanistan haben wir Familien getroffen, deren Häuser durch die US-Bombardierungen zerstört worden sind und Familien, deren Lieben durch die amerikanische Bombardierung von Wohnbezirken getötet worden waren. In den Krankenhäusern haben wir Kinder getroffen, die durch US-Streubomben Glieder verloren hatten.

Aufgrund dessen, was ich in Afghanistan erlebt habe, glaube ich, dass die internationale Gemeinschaft sich auf die dringenden Bedürfnissen Afghanistans nach humanitärer Hilfe und Wiederaufbau - und nicht auf das Militärische - konzentrieren soll. Seitdem ich vor fünfeinhalb Jahren in Afghanistan war, ist die Sicherheitslage - trotz des Einsatzes ausländischer Truppen am Boden und Bombardierung aus der Luft - immer schlimmer geworden. Wir sehen das Erstarken der Taliban, das Auftauchen von Selbstmordattentätern, die gewaltige Zunahme des Opiummarktes, und Kriegsherren in Machtstellungen in der Regierung. Gleichzeitig werden immer mehr afghanische Zivilisten durch die US- und NATO-Einsätze getötet, versprochene Wiederaufbauprojekte werden nicht verwirklicht, vielen Frauen geht es nicht besser als zuvor, und Hilfsorganisationen verlassen das Land wegen der schlechten Sicherheitslage. In jedem Jahr, das wir dort bleiben, nimmt die Anzahl getöteter Soldaten der USA und der verbündeten Länder zu. Es wird Zeit, dass wir eine andere Art und Weise finden, unserer Verantwortung gegenüber dem afghanischen Volk gerecht zu werden.

In den USA ist die Besatzung Afghanistans in den letzten viereinhalb Jahren vom Überfall auf und Besetzung des Iraks überschattet worden. Der Mythos des Erfolgs in Afghanistan, der dazu beigetragen hat, die amerikanische Öffentlichkeit zu überzeugen, den Überfall auf Irak zu unterstützen, wird in weiten Kreisen in den USA noch geglaubt. Die Geschichte lautet, dass Afghanistan der gute Teil des Kriegs gegen den Terror war; derjenige, bei dem wir Extremisten geschlagen, Frauen befreit, und die Demokratie in einem Land herbeigebombt haben. Der amerikanische Überfall auf Afghanistan wird noch immer von den meisten in den USA als eine angemessene Reaktion auf den Schrecken, den wir am 11. September erlebt haben, angesehen. Nach dem 11. September war es in den USA vorherrschende Meinung, es müsse "etwas" getan werden. Aber war der militärische Einsatz in Afghanistan das Klügste, das wir hätten machen können? Sind Bin Laden und andere möglichen Hintermänner des Anschlags vor ein internationales Gericht gestellt worden? Hat dieser Einsatz zu einer internationalen Diskussion über die Strategie geführt, wodurch die Ursachen von Terrorismus und politischer Gewalt verändert werden könnten? Ist diese Welt für überhaupt einen Mensch sicherer geworden? Stattdessen hat der Einmarsch und fortdauernde Besatzung in Afghanistan - von der Eröffnung des Gefangenenlagers Guantanamo Bay und den Verletzungen der Menschenrechte der Gefangenen dort ganz zu schweigen - zu einer Spirale der Gewalt geführt, die noch mehr Opfer von politischer Gewalt geschaffen hat, was noch mehr Menschen erzeugt, die gegen die USA und unsere Verbündeten Gewalt anzuwenden bereit sind, was wiederum sicherstellt, dass dieser Kreislauf sich fortsetzt.

Ich bin als Vorstandsmitglied von "United for Peace and Justice" hier, ein Bündnis von mehr als 1.400 Organisationen, die sich in den USA für Frieden und Gerechtigkeit einsetzen. Obwohl der Fokus unseres Bündnisses bis jetzt gewesen ist, den Krieg im Irak zu beenden, fangen wir recht verspätet an, die Lage in Afghanistan zu analysieren und als US-Friedensbewegung unsere Verantwortung für die amerikanische militärische Besatzung Afghanistans anzugehen. Sehr gern arbeiten wir zusammen mit und lernen wir von der deutschen Friedensbewegung, und von den Friedensbewegungen anderer Länder, um diese internationalen Fragen anzugehen, die uns alle betreffen.

Ich vertrete heute hier auch die "9/11 Familien für eine friedliche Zukunft", eine Organisation der Familienmitglieder der Opfer des 11. September. Wir setzen uns dafür ein, diesen Kreislauf der Gewalt zu brechen, indem wir unsere Trauer in Taten für Frieden und Gerechtigkeit umsetzen. Wir glauben, dass keine Familie irgendwo auf der Erde den Verlust eines geliebten Menschen durch politische Gewalt erleiden sollte, und wir bestehen darauf, dass unser Schmerz kein Kriegsruf ist. Der Name unserer Organisation entstammt einem Zitat von Martin Luther King Jr., in dem es heißt: "Kriege sind armselige Meißel, um eine friedliche Zukunft zu stemmen ... wir müssen friedliche Ziele durch friedliche Mittel anstreben." Wir schließen uns Ihnen heute an im Eintreten für friedliche Mittel, um friedliche Ziele zu erreichen - in Afghanistan, Deutschland, den USA, und auf der ganzen Welt.

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Kelly Campbell ist Mitglied der Organisation "Eleventh of September Families for Peaceful Tomorrows".