Eine Woche vor Ostern rufen wir mit unserem Aufruf "Kriege stoppen - Frieden und Abrüstung jetzt! " in mehreren Zeitungen zur Teilnahme an den Ostermärschen 2025 auf. Hilf auch du mit bei der Mobiliserung!
Aufruf zur Eröffnung eines europäischen Friedensdialogs
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Die dramatische Entwicklung des Krieges und der Menschenrechtsverletzungen in der Türkei, die millionenfache Vertreibung von Kurden aus ihren Lebensgebieten bis hin zum Übergreifen des Krieges auf den Irak hat Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Literatur und Kultur, aus Politik, Publizistik und Kirchen sowie aus der Friedens- und Bürgerrechtsbewegung der Bundesrepublik Deutschland veranlasst, zur Eröffnung eines europäischen Friedensdialoges zwischen den Menschen der Gesellschaften aufzurufen.
Der Aufruf geht von der Annahme aus, daß sich in der Türkei, wie auch im europäischen internationalen Umfeld, die Interessen und Kräfte verstärken, die für eine politische Lösung und eine sofortige Beendigung des Krieges in der Türkei eintreten. Die Aufforderung zum Friedensdialog richtet sich an Persönlichkeiten aus den verschiedensten Arbeits- und Lebensbereichen ebenso, wie an die im Exil lebenden Kurden und Türken. Wir hoffen auf ihre Bereitschaft, den sicher mühsamen Dialog zu führen und auf ihre Antwort. Wir bitten, in anderen europäischen Ländern ähnliche Initiativen zu ergreifen, so daß sich vielen Seiten Stimmen erheben.
Aufruf zur Eröffnung eines europäischen Friedensdialoges
Krieg in der Türkei:
Die Zeit ist reif für eine politische Lösung
Lange sagte man, Weiße und Schwarze könnten niemals gleichberechtigt miteinander leben. Man mordete, folterte, zerstörte und grenzte aus. Dennoch wurde eine politische Lösung gefunden. In Südafrika zieht wieder Hoffnung ein.
Jahrzehnte hörten wir nur von Drohung und Gegendrohung, von Attentaten und militärischer Vergeltung zwischen Israelis und Palästinensern. Endlich hatte man begonnen, gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Nach langem Hass ist der Weg schwierig. Doch Hoffnung auf Frieden und Entwicklung hat sich ermutigend entfaltet.
Terror und Gegenterror haben sich in Irland hochgeschaukelt. Mütter wehrten sich mit viel Mut dagegen. Lange versperrten die Schießwütigen auf beiden Seiten den Weg aus der Sackgasse. Nun hat man das Schießen eingestellt und sucht nach politischen Lösungen. Bald wird keiner mehr wissen, warum man so bitter anachronistisch kämpfte.
Die westeuropäischen Staaten haben sich Jahrhunderte bekriegt. Heute verhandeln sie ihre Konflikte. Im Vielvölker-Kontinent Europa ist es sinnlos, die Vielfalt von Kulturen und Völkern zu leugnen. Ethnischer Nationalismus wie im ehemaligen Jugoslawien ist wie ein Rückfall in schlimmste Barbarei.
In der Türkei herrscht seit Jahren Krieg unter einst befreundeten Völkern. Hunderttausende, ja, Millionen Kurden wurden aus ihren Lebensgebieten vertrieben, Dörfer und Landstriche zerstört. Folter und Mord sind an der Tagesordnung. Menschen sterben auf beiden Seiten. Auch Wirtschaft, Recht, Liberalität und Kultur fallen dem Krieg zum Opfer. Eine Gesellschaft zerstört sich selbst, statt die Vielfalt der in ihr lebenden Völker und Kulturen als unschätzbare Bereicherung anzunehmen und alle Kräfte für ein freundschaftlich gleichberechtigtes Zusammenleben zu mobilisieren.
Freundschaft zur Türkei kann in dieser historischen Situation nur heißen, ihrer großen Gesellschaft aus Türken, Kurden, Armeniern, aus Moslems, Christen und vielen anderen Völkern und Religionen beizustehen, um Gespräche und Verhandlungen für das zukünftige friedliche Zusammenleben endlich beginnen zu lassen.
Helfen wir alle mit, damit die Vernunft siegt, damit die seit Jahrhunderten bestehende Freundschaftsbrücke zwischen Kurden und Türken nicht weiter zerstört wird, die zivilen Kräfte sich stärken und Frieden, der Wunsch der großen Mehrheit dieser Völker, Wirklichkeit werden kann.
Im türkisch-kurdischen Krieg ist es höchste Zeit für eine politische Lösung.
Auf Einladung von Ulrich Albrecht, Franz Alt, Klaus Bednarz, Andreas Buro, Hans-Peter Dürr, Iring Fetscher, Ute Gerhard, Günter Grass, Jürgen Habermas, Inge Jens, Walter Jens, Margarete Mitscherlich, Wolf-Dieter Narr und Horst-Eberhard Richter unterstützen diesen
Aufruf: (z.B.) Heidi Alm-Merk, Karin Benz-Overhage, Renan Demirkan, Helga Einsele, Dieter Hildebrandt, Felicia Langer, Cem Özdemir, Lea Rosh, Dorothee Sölle, Martin Walser,
Auch Sie können zur Entfaltung des Dialoges beitragen
* Sie können unter den Aufruf in Ihrem Bereich Unterschriften sammeln und den Aufruf lokal veröffentlichen.
* Viele der Unterzeichnerinnen und Unterzeichner sind zum Gespräch mit den Medien bereit. sie können das vor Ort anbieten und vermitteln.
* Sie können auch beginnen, in Ihrem lokalen/regionalen Umfeld Ihnen bekannte Kurden und Türken zu einem runden Tisch einzuladen. Dabei ginge es um gemeinsame Suche, wie jeder von seiner Seite zum Frieden beitragen könnte.
In der kommenden Zeit geht es nun darum, den Dialog mit Türken und Kurden im Exil und im Heimatland zu entfalten, aber auch darum, ihn in andere europäischen Länder zu tragen. Der angestrebte Dialog hat zunächst die strategisch wichtige Aufgabe, die Möglichkeiten einer politischen Lösung als einen legitimen Anliegen, das nicht gegen die Türkei gerichtet ist, in der öffentlichen Auseinandersetzung zu verankern. Damit - und das ist das zweite Ziel - sollen auch alle die Kräfte in der Gesellschaft der Türkei legitimiert und geschützt werden, die auf eine politische Lösung drängen und offen für sie eintreten. Angesichts der Perspektivlosigkeit der gegenwärtigen Konfliktsituation wäre es ein enormer Fortschritt, könnte sich die Auseinandersetzung auf eine neue politische konstruktive Perspektive verlagern. Die dritte strategische Aufgabe haben wir leidvoll aus dem Bosnien-Krieg gelernt. Wir müssen dafür sorgen, daß aus den Exil-Gemeinden von Türken und Kurden nicht noch Öl ins Feuer des Konfliktes gegossen wird, sondern die Botschaft in die Türkei gelangt: Wir Türken und Kurden im Ausland treten ein für Versöhnung und Frieden. Dementsprechend sind runde Tische zu organisieren, dementsprechend müssen wir aber auch gegen jegliche Gewalttätigkeit zwischen den möglichen Dialogpartnern auftreten.
Abschließend ist zu erinnern: Ein Friedensdialog hat seine Bedingungen. Unterschiedliche Meinungen sind selbstverständlich, das ist das Wesen des Dialoges. Die Forderung nach Einheitspositionen und Geschlossenheit von welcher Seite auch immer, ist unzulässig. Keiner darf ausgeschlossen werden, wie sollte sonst eine Verständigung erreicht werden können? Natürlich wäre es enorm hilfreich, es gäbe während der langen Phase des Dialogs Einsichten und Eingehen auf die Argumente anderer, und zwar auch im Sinne der Veränderungen der eigenen Position. Das wäre sinnvolles Auf-einander-zugehen, keineswegs jedoch ein Gesichtsverlust. Fabelhaft wären einseitige deeskalierende Schritte im Kleinen und im Großen. Das Sinnvolles zu tun, auch ohne Gegenleistung augenblickliche Gegenleistung, ist weise. Viele solche Anforderungen, die aus dem Bemühen um Dialog entspringen, sind für die meisten der Beteiligten fremd und schwierig. Doch die alten Verhaltensweisen mit ihren fatalen Folgen sind hinreichend und noch und noch durchexerziert worden. Wir müssen uns auf Neues einlassen.