DVG/VK: Opfer staatlicher Kriminalisierung unterstützen

Carl-von-Ossietzky-Fonds für politische Prozesse gegründet

Politische Auseinandersetzungen werden oft nicht nur politisch geführt. Prozesse gegen politisch aktive Menschen aus der Friedensbewegung gibt es, solange es die Friedensbewegung gibt. So wurde der Publizist und Herausgeber der „Weltbühne" Carl von Ossietzky vor Gericht gestellt, weil er einen Artikel von KurtTucholsky mit dem Satz "Soldaten sind Mörder“ veröffentlichte. Carl von Ossietzky wurde von dem Gericht der Weimarer Republik freigesprochen. Heute ist das Tucholsky - Zitat noch immer ein Streitfall für die Gerichte, werden Menschen, die Tucholsky zitieren, wegen Beleidigung und Volksverhetzung angezeigt.

Mit dem "Erlaß zur Fernhaltung vor Verfassungsfeinden aus dem öffentlichen Dienst!' (Radikalenerlaß) wurde im ganzen Land auch Menschen; die in der Friedensbewegung aktiv waren, eben deswegen verfolgt und von der Ausübung ihres Berufes ausgeschlossen. Anfang der achtziger Jahre organisiert die Friedensbewegung gewaltfreie Aktionen und Blockaden an Raketenstützpunkten. Inzwischen sind Pershing 2 und Cruise -Missiles aus den Stützpunkten abgezogen: aufgrund des INF-Vertrags. Die TeilnehmerInnen der Blockadeaktionen aber stehen immer noch mit dem Vorwurf der: "Nötigung" vor Gericht.

Im Zuge der Aktionen gegen den Golfkrieg 199l bekam die Auseinandersetzung mit der Aufgabe von Soldaten im Krieg eine neue Dimension. Friedensgruppen, die eine Beteiligung von Bundeswehrsoldaten an diesem Krieg für verfassungswidrig und damit für unrechtmäßig hielten, riefen dazu auf, die Armee zu verlassen und den Befehl, in den Krieg zu ziehen, zu verweigern. Was folgte war eine Vielzahl von Strafanzeigen, Hausdurchsuchungen und Prozessen unter dem Vorwurf der "Aufforderung zu Straftaten".

Kriminalisierung hat Folgen

Für die von politischer Verfolgung Betroffenen bedeuten die Verfahren zunächst einmal eine psychische Belastung. Darüber hinaus aber haben sie oft ganz konkrete finanzielle Folgen: Wer nicht in der Lage, ist, einen Anwalt zu bezahlen, gibt oft vorzeitig auf, selbst wenn er/sie die Chance eines Freispruchs hätte. Die Betroffenen brauchen unsere Solidarität und Unterstützung - moralisch, menschlich, politisch, aber auch finanziell. Deshalb haben wir den Carl-von-Ossietzky-Fond für politische Prozesse gegründet.

Solidarität gegen Kriminalisierung

Der Name Carl von Ossietzkys ist Programm: Aufgabe des Fonds soll es sein, denjenigen, die aufgrund von pazifistischen oder gewaltfreien antimilitärischen Aktivitäten von Kriminalisierung bedroht sind, mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Von Kriminalisierungsversuchen Betroffene können sich mit der Bitte um finanzielle und ideelle Unterstützung an den Fonds wenden; über die Anträge wird von einem Vergabeausschuß entschieden.

Kriterien für die finanzielle Unterstützung sind die politische Bedeutung des Verfahrens, die Erfolgsaussichten und die soziale Situation der AntragstellerInnen.

Von besonderer Bedeutung ist die Öffentlichkeitsarbeit bei politischen Prozessen. Ein wesentliches Arbeitsfeld des Fonds wird daher die Sammlung und Weiterverbreitung von Informationen über Gerichtsverfahren und Urteile sein.

Adresse: Carl-von-Ossietzky-Fonds, c/o DFG/VK NRW, Braunschweiger Str. 22, 44145 Dortmund, 0231/818032, Fax 0231/818031, Spendenkonto. Nr. 810 W606, Bank für Sozialwirtschaft Köln (BLZ37020500).

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