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Citigroup: Finanzdienstleister ohne Skrupel

von Redaktion FriedensForum

Citigroup ist ein großer Finanzdienstleister mit Sitz in New York. Die Gesellschaft, die 1998 als Zusammenschluss von Citicorp und Travelers Group gegründet wurde, hat weltweit 332.000 Angestellte und über 200 Millionen Kunden in mehr als 100 Ländern. Die Citigroup war in verschiedene Finanzskandale zu Anfang dieses Jahrzehnts verwickelt, darunter Enron und WorldCom. In jüngster Zeit hat sie massive Verluste durch die Krise auf dem Immobilienmarkt erlitten und musste sich an Quellen wie die Abu Dhabi Investment Authority und an die Regierung Singapurs um 20 Milliarden Dollar Kapital-Infusionen wenden. Zuletzt geriet sie Anfang August 2009 in die Schlagzeilen, als sie trotz ihrer finanziellen Schwierigkeiten einen Rekordbonus von 100 Millionen Dollar an ihren Chef-Manager auszahlte.

Die Geschichte der Gesellschaft setzt sich aus der Arbeit verschiedener Firmen zusammen, die im Laufe der Zeit zu Citicorp, einer multinationalen Bankengesellschaft, die in mehr als 100 Ländern operiert, oder zur Travelers Group, deren Geschäft Kredite, Finanzierung von Konsumenten, Aktienmarkt und Versicherung sind, verschmolzen sind. Von daher datiert die Geschichte zurück zur Gründung der City Bank von New York (später Citibank) 1812, der Bank Handlowy 1870, Smith Barney 1873, Banamex 1884 und Salomon Brothers 1910.

Die Zahl der Wirtschaftsverbrechen, in die die Citigroup involviert ist, ist extrem lang. Hier beleuchten wir nur ein paar von ihnen.

Vorgetäuschte internationale Tauschgeschäfte und Anleihen
Zwischen 1973 und 1980 hat die Citibank rund 58 Millionen Dollar Gewinne von Ländern mit hohen Steuern zu steuerfreien Oasen mit Hilfe vorgetäuschter internationaler Tauschgeschäfte und Anleihen transferiert. Diese Auslandsoperationen wurden als “Parken” bezeichnet.

Die Kontrolle von Tauschgeschäften zielt darauf, exzessive “Verknappung” von Währungen zu verhindern. Eine Aktie oder eine Währung verknappt man, indem man sie verkauft, ohne dass man sie besitzt. Wenn ein Händler denkt, dass der Schweizer Franken an Wert verliert, dann wird er ihn verkaufen. Er muss ihn nicht besitzen, um das zu tun. Regierungen glaubten, dass Leute, die Währung abstießen, deren Wert reduzieren würden. Deshalb haben viele Länder Grenzen geschaffen, wie viel Geld in ihrer Währung eine Bank maximal besitzen darf. Um diese Grenzen zu vermeiden, verschoben die Citibank-Händler ihre “Positionen” ins Ausland.

Geldwäsche in Chile
Im Oktober 2004 erhoben die Steuerbehörden Chiles eine Anklage wegen Steuervermeidung gegen den früheren Militärdiktator Augusto Pinochet. Eine seiner Geldwäsche-Banken war die Citibank, die nach Angaben des Permanenten Untersuchungs-Unterausschusses des US-Senats mindestens 5 Millionen Dollar, vielleicht auch etliche Millionen mehr, versteckte und wusch.

Apartheid
Citicorp war durch seine Töchter in der Citibank mit 800 Millionen USD Anleihen der größte Geldverleiher an Südafrika während der Zeit der Apartheid. Diese Zahl stellte ein Viertel der insgesamt 3,2 Milliarden US-Anleihen an Südafrika dar. Die Kreditpolitik von Citicorp gegenüber Südafrika war bis 1985, sowohl dem öffentlichen wie dem privaten Sektor Geld zur Verfügung zu stellen. Erst dann wurde Citicorp in Folge des verstärkten Drucks durch Anti-Apartheid-Kräfte in den USA wie durch neue Beschränkungen der Föderation in Bezug auf Kredite an Südafrika gezwungen, seine Kreditvergabe an den öffentlichen Sektor zu beenden.

Deregulierung und der Enron Skandal
In den neunziger Jahren wurde das ehrwürdige alte Glass-Steagall-Gesetz – das Gesetz, das die Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC) in den Vereinigten Staaten schuf und Bankreformen einschloss, um Spekulationen zu kontrollieren – von Citibank und anderen großen Interessengruppen der Finanzwelt angegriffen, die versprachen, dass aus den Arten der Konsolidierung, die das Gesetz speziell verbot, große Gewinne an Effizienz erzielt werden könnten. 1997 war das Gesetz so geschwächt, dass es Banken erlaubt wurde, Versicherungsfirmen zu erwerben. 1999 war Dank der Lobbyarbeit von Citi und anderen das Glass-Steagall-Gesetz Geschichte. Investment Banking, Versicherungen und Finanzbürgschaften kamen wieder unter einem Dach zusammen.  

Mit der Aufhebung des Gesetzes waren J.P. Morgan Chase & Co. und die Citigroup, die Nachfolgerin von Citicorp, frei, sowohl Geld zu verleihen wie Sicherheiten für Enron, WorldCom und andere zu geben. Zum Beispiel erhielt Citigroup insgesamt 167 Millionen Dollar von Enron für verschiedene Dienste zwischen 1997 und 2001. Citigroup und J.P. Morgan Chase gaben Enron mehrfach hohe Anleihen, die als Energiehandel getarnt wurden und die dann Enron erlaubten, fälschlich die Einkünfte aus dem Leihgeschäft als Geldbewegungen von Geschäftsoperationen zu deklarieren., wodurch Investoren, Analysten, Steuereintreiber und Angestellte in die Irre geführt wurden, die ihre Ersparnisse und Jobs verloren.

Senator Carl Levin sagte in einer der vielen Untersuchungen des Kongresses über Enron aus (s. den Bericht "The Role of the Financial Institutions in Enron's Collapse"): “Citigroup und Chase … halfen nicht nur Enron, sie entwickelten die täuschenden Vorauszahlungen als ein Finanzprodukt und verkauften es anderen Firmen als sogenannte bilanz-freundliche Finanzierung und verdienten damit Millionen an Gebühren für sich selbst.” In der Zwischenzeit drängten diese Banken, obwohl sie wussten, wie wackelig Enrons Finanzen wirklich waren, Anleger dazu, mehr Enron Aktien zu kaufen. Mit Sicherheit sprachen sie keine Warnungen aus, nicht einmal gegenüber Kreditagenturen.

Die Besetzung des Irak
Citigroup war eine der aktivsten Finanzinstitutionen bei der Neuordnung der Wirtschaft des Irak besonders in der ersten Zeit nach der Besatzung. In dieser Periode bot Citigroup privaten Unternehmen erhebliche Kredite an, die gegen späteren Verkauf irakischen Öls abgesichert wurden.

Citigroup hatte eine einflussreiche Position im Irak-Expertenrat, der eine Lösung für den Irak erarbeiten sollte. Diese zehnköpfige Gruppe – mit Unterstützung spezifischer Untergruppen bestehend aus 44 Experten aus Universitäten, Regierung und des privaten Sektors – empfahl eine “Umstationierung” und “Übergang von einer kämpfenden zu einer unterstützenden Rolle” für das US-Militär im Irak. Die Berater dieses Rats – anders als seine Mitglieder selbst – umfassen Vertreter von Bechtel, Citigroup, dem American Enterprise Institute, Heritage Foundation und dem Hudson Institute.

EADS
Im Juli 2005 beteiligte sich Citibank mit einer Summe von 145 Millionen Euro an einem Umlauf-Kredit von 3 Milliarden Euro für EADS, einem anderen Kriegsgewinnler.

Einzelheiten der Rettung von 2008
Das US-Finanzministerium und die Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC) beschlossen, 306 Milliarden USD von Immobilien- und Wirtschafts-Krediten der Citigroup abzusichern. Im Austausch stimmte Citigroup zu, Vorzugsaktien an den Staat und FDIC auszugeben. Der Staat stimmte auch zu, hierfür 20 Milliarden des Rettungsfonds (Troubled Asset Relief Program - TARP) in die Citigroup mit einer 8 % Dividende zu investieren. Am Tag vor dieser Einigung wurden die Aktien der Gesellschaft mit 3,77 USD gehandelt – einem Preis, der einen Gesamtverlust von 244 Milliarden USD in gerade einmal zwei Jahren darstellte.

Die Citigroup musste auch bestimmten Restriktionen bei der Vergütung von Managern und dem Hypotheken-Programm der FDIC zustimmen. Gleichzeitig kündigte Citi an, dass es 52.000 Arbeitsplätze einsparen werde.

Die Rettung war ein großer Gewinn für jene finanziellen Institutionen und deren Aktienbesitzer und wurden bei Naomi Klein in ihrem Artikel "The Bailout Profiteers" so beschrieben: "Das ist, was die US Steuerzahler erhielten: Keine Kontrolle bei den Zinsen, keine Mitbestimmungsrechte, keine Sitze in den Vorständen der Bank und gerade fünf Prozent an Dividenden an die Regierung, während die Aktienbesitzer weiterhin jedes Vierteljahr Milliarden an Dividenden kassieren. Und dazu kommt noch, dass die Banken bereits angekündigt haben, goldene Boni an ihre Manager zu bezahlen – alles bevor die Steuerzahler ihr Geld zurückbekommen.”

Mehr Informationen über die Citigroup gibt es bei http://www.citigroup.com und http://www.crocodyl.org/wiki/citigroup. Der Text wurde den War Profiteers' News, December 2008, No. 16, der War Resisters’ International entnommen (http://www.wri-irg.org/node/6286) und von der Redaktion übersetzt und leicht bearbeitet.

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