GKKE

Der jährliche Bericht der GKKE zum Thema Rüstungsexporte

von Tim Kuschnerus
Schwerpunkt
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„Der Krieg im Jemen wird auch mit deutschen Waffen geführt. Waffenexporte aus Deutschland tragen zu der humanitären Katastrophe im Jemen bei. Ursachen von Flucht und Vertreibung werden hier von der Bundesregierung nicht bekämpft, sondern mittelbar verschärft.“ Diese Kritik an deutschen Rüstungsexporten an Saudi-Arabien stand im Zentrum der Vorstellung des 21. und jüngsten Rüstungsexportberichts der GKKE am 18. Dezember 2017 in der Bundespressekonferenz in Berlin.

Demzufolge hat die Große Koalition von Union und SPD zwischen Januar 2014 und April 2017 Rüstungsexporte von über einer Milliarde Euro an Saudi-Arabien genehmigt. „Saudische Patrouillenboote haben Seehäfen blockiert und damit zivile Hilfslieferungen an den Jemen gestoppt. G-3 Sturmgewehre, mit deutscher Lizenz in Saudi-Arabien gefertigt, wurden aus der Luft abgeworfen, um jemenitische Bodentruppen zu unterstützen“, so die Prälaten Dr. Martin Dutzmann und Dr. Karl Jüsten, der evangelische bzw. katholische Vorsitzende der GKKE. Zusammen mit den beiden Vorsitzenden der Fachgruppe Rüstungsexporte, Dr. Max Mutschler und Dr. Simone Wisotzki, stellen die Prälaten den Rüstungsexportbericht der GKKE jedes Jahr im Dezember in der Bundespressekonferenz vor.

Der Fachgruppe gehören ExpertInnen von Universitäten und wissenschaftlichen Forschungsinstituten sowie aus dem Bereich der kirchlichen Friedens- und Entwicklungszusammenarbeit an. Der Bericht stellt öffentlich verfügbare Informationen über die deutschen Ausfuhren von Kriegswaffen und Rüstungsgütern des Vor- und der ersten Hälfte des laufenden Jahres und deren Genehmigungen zusammen. Die GKKE sichtet also das „Gestrüpp“ der Zahlen, bereitet diese Informationen auf und macht sie einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich. Entscheidend ist dabei die Einordnung und Bewertung der Zahlen im Kontext der Friedens- und Entwicklungspolitik.

Hierbei geht die GKKE von der ethischen Grundposition aus, dass es sich beim grenzüberschreitenden Transfer von Kriegswaffen und Rüstungsgütern um die Weitergabe von Gewaltmitteln, Waren und Leistungen handelt, die unmittelbar oder mittelbar den Tod von Menschen verursachen können. Der Transfer von Waffen ist grundsätzlich nach denselben ethischen Kriterien wie die Androhung oder Anwendung von Gewalt zu beurteilen. Nur unter speziellen Voraussetzungen und bei extremer Gefahrenlage kann dies legitim sein.
Für die Beurteilung von Rüstungsexporten legt die GKKE drei Kriterien zugrunde:

  • Rüstungstransfers dürfen kein gewalteskalierendes Handeln von Staaten nach innen wie nach außen begünstigen.
  • Rüstungstransfers haben im Einklang mit den Erfordernissen legitimer Regierungsführung zu stehen. Legitimes Regieren in den Empfängerländern manifestiert sich in demokratisch legitimierter rechtsstaatlicher und effektiver Regierungs- und Verwaltungsführung.
  • Bei Entscheidungen über Rüstungstransfers muss der friedenspolitische Primat gelten. Er muss auch Vorrang haben vor dem Drängen der Rüstungsindustrie, die Rüstungsausfuhren zu forcieren, um sogenannte „nationale Kernkapazitäten“ zu erhalten oder Arbeitsplätze in unserem Land zu sichern.

Weder die Produktion noch der Export von Rüstungsgütern werden von der GKKE grundsätzlich abgelehnt. Das staatliche Gewaltmonopol ist ein hohes Gut, das letztlich auch gesichert werden muss. Die GKKE fordert aber, dass die genannten Kriterien und das auf nationaler und EU-Ebene vorhandene Regelwerk bei Exportentscheidungen auch tatsächlich und konsequent zur Anwendung kommen müssen.

Der Rüstungsexportbericht der GKKE hat sich in den über 20 Jahren seines Erscheinens zu einem Referenzdokument entwickelt, das von der Bundesregierung, von Abgeordneten und sogar von der Rüstungsindustrie sorgfältig gelesen wird. Auch stellt der Bericht mit seinem jeweiligen inhaltlichen Schwerpunkt eine wichtige Grundlage für weitere Lobbyaktivitäten der GKKE dar. Dazu gehören Fachgespräche mit Abgeordneten, Podiumsdiskussionen und andere Formen des politischen Dialogs. So hat sich die GKKE im Vorfeld und während der Koalitionsverhandlungen Anfang 2018 mit Erfolg dafür eingesetzt, dass im Koalitionsvertrag ein Genehmigungsstopp von Rüstungsexporten in Länder, die am Krieg im Jemen beteiligt sind, festgeschrieben wurde. Auch wenn diese Formulierung durch einen ergänzenden Satz relativiert wurde, stellt sie doch eine wichtige Referenz dar. Damit wurde ein zentraler Punkt des genannten aktuellen Rüstungsexportberichts der GKKE im Koalitionsvertrag aufgegriffen. Bei dem im Dezember 2016 vorgestellten 20. GKKE-Bericht stand die Forderung nach einem restriktiven und verbindlichen Rüstungsexportkontrollgesetz im Zentrum (siehe den Beitrag von Katja Keul) und wird seitdem auch in einer breiteren Öffentlichkeit verstärkt diskutiert.

Die öffentliche Wahrnehmung des Themas Rüstungsexporte in den letzten Jahren ungemein gewachsen. Dies ist sowohl in der politischen Debatte als auch in der breiten Öffentlichkeit der Fall. Dazu haben ohne Frage zwei Jahrzehnte kontinuierlicher und hartnäckiger Arbeit der GKKE und die 21 bis heute veröffentlichten GKKE-Rüstungsexportberichte beigetragen.

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Tim Kuschnerus ist Evangelischer Geschäftsführer der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung.