Aufnahme von DeserteurInnen

Ein friedenspolitisches Signal

von Rudi Friedrich

Ali Avci aus der Türkei, André Shepherd aus den USA, Kriegsdienstverweigerer aus Eritrea, Armenien, Syrien und vielen anderen Ländern suchen in Deutschland Asyl, weil sie nicht länger bereit sind, Kriegsdienst zu leisten. Sie sahen keine Möglichkeit, von ihrem Land als Kriegsdienstverweigerer anerkannt zu werden und müssen mit Strafverfolgung rechnen. Sie hoffen auf den Schutz hier, und müssen leider sehen, dass ihnen hohe Hürden gesetzt werden.

Die Verfolgung von Kriegsdienstverweigerern gilt in der Regel nicht als Asylgrund. Deutsche Behörden und Gerichte billigen allen Staaten das Recht zu, die Wehrpflicht durchzusetzen, auch wenn es dort kein Recht auf Kriegsdienstverweigerung gibt oder wenn ihnen der Einsatz im Krieg droht. Das führt dazu, dass immer wieder Verweigerer und Verweigerinnen abgeschoben und dem Militär in anderen Ländern ausgeliefert werden. Die Wahrnehmung des Grundrechts auf Kriegsdienstverweigerung wird also ausländischen Verweigerern verwehrt.

Erst seit vier Jahren wird durch eine Richtlinie der Europäischen Union die Verfolgung von Verweigerern, die sich völkerrechtswidrigen Handlungen oder Kriegen entziehen, als asylrechtlich relevant angesehen. Das ist neu und müsste bedeuten, dass zumindest ein Teil der Verweigerer, wie z.B. André Shepherd, solch einen Schutz erhält. Aber immer noch ist offen, wie die deutschen Behörden mit dieser Situation tatsächlich umgehen.

Verweigerer aus anderen Ländern haben oft andere Motive für ihre Entscheidung. Sie wollen nicht mehr gegen ihre Nachbarn kämpfen, sie wollen sich nicht für die Ziele der Herrschenden verheizen lassen, sie erleben die Verbrechen eines Krieges gegen die Zivilbevölkerung, sie widersetzen sich einzelnen ungerechten Befehlen oder fürchten Folter und Haft wegen ihrer Kritik am Militär oder einzelnen Einsätzen. Aber wie auch immer ihre Begründung aussieht: Sie haben sich dazu entschieden, nicht mehr zu kämpfen. Und genau dies braucht Unterstützung.

Es wäre ein friedenspolitisches Signal, zu sagen: Wir geben ganz bewusst all denjenigen einen Schutz, die sich dem Einsatz im Krieg verweigern. Wir sind noch weit davon entfernt, dass dies Wirklichkeit wird. Aber jeder einzelne Fall, in dem es uns gelingt, einen Kriegsdienstverweigerer oder eine Deserteurin vor der Abschiebung zu schützen, ist ein Erfolg. Und in der Tat können wir dies oft erreichen, wenn wir politischen Druck von unten aufbauen und die Betroffenen ausreichende Unterstützung erhalten.

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