Einladung zu einem Friedensdienst der Älteren

von Rüdiger Mack
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Vor einigen Jahren richtete EIRENE, internationaler christlicher Friedensdienst, „Freiwilligendienste der Älteren“ ein. Vorerst können ältere Freiwillige auf drei Arbeitsfeldern eingesetzt werden: in Nordirland (Versöhnungsdienste), in Frankreich. (Sozialarbeit) und·in den USA (Betreuung von Flüchtlingen u.a.).

Zusammen mit den jungen Freiwilligen werden die Älteren in zwei Wochenendseminaren und einem Ausreisekurs vorbereitet. Eine besondere Note erhält die Vorbereitung dadurch, daß ein „Ehemaliger“ die Älteren während der Einstiegsphase und später in der Dienstzeit berät und betreut. Die Projektträger in den Arbeitsfeldern sind in der Regel Freikirchen, insbesondere Quäker und Brethren. Meist arbeiten Jung und Alt zusammen und bilden eine Wohn- und Lebensgemeinschaft. In dieser Kooperation kommen sich die Generationen näher und lernen voneinander. Auf Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Einzelnen wird Rücksicht genommen. Wichtig sind entsprechende Sprachkenntnisse, Flexibilität und Bereitschaft zu einem einfachen Lebensstil. Unterkunft, Verpflegung und meist ein kleines Taschengeld gewähren die Projektträger. Für die übrigen Kosten kommen EIRENE und Unterstützerkreise auf.

Zwei Senioren und drei Frauen der mittleren Generation haben inzwischen die Arbeit in den USA aufgenommen. Sie haben sich für mindestens ein Dienstjahr verpflichtet. In ihren Projekten werden sie betreut von „Brethren Volunteer Service“ (=BVS).

Erste Rückmeldungen
Im Vorstand der AGDF (Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden, Dachorganisation der christlichen Friedensdienste) nahm ich an den Überlegungen zum Dienst der Älteren teil. Da keine Erfahrungen vorlagen, machte ich die Probe und arbeitete im Friedensbüro der Quäker und in einer Suppenküche in Philadelphia/ USA. Nach der Rückkehr zog ich folgendes Fazit:

„Nach sechs Jahren Ruhestand war ich an einem Tiefpunkt angelangt. Die Aufgaben, die ich mir vorgenommen hatte, waren erledigt. Ich verspürte in mir eine starke Resignation, ein unzufriedenes Fragen: Gibt es für den fast Siebzigjährigen noch neue Aufgaben, an denen er sich bewähren und verändern kann? Meine Familie sah dann auch in dem Ausbruch aus dem Alltagstrott einen Neuansatz. Zwar habe ich in den USA auch die Grenzen meiner Leistungsfähigkeit erlebt. Aber gerade diese Erfahrung half mir im Verein mit der Bestätigung, die ich von den Mitarbeiten empfing, eine neue Identität zu finden: Ich kann zurücktreten und auf eine spezielle Rolle verzichten. In den Dienst bleibe ich weiter eingebunden, indem ich neue Freiwillige werbe, sie auf den Dienst vorbereite und mit ihnen in der ‚Zeit vor Ort‘ Kontakt halte.“

Zwei Frauen haben inzwischen ihre einjährige Dienstzeit verlängert. Die Direktorin des BVS ist sehr beeindruckt von dem Engagement und wünscht, „… daß wir mehr Freiwillige dieses Alters von EIRENE bekommen“. Eine Freiwillige berichtet aus einem Heim für sexuell mißbrauchte Frauen in der Nähe von Washington D.C.:

„Wenn ich meine bisherigen sechs Monate überblicke, kann ich nur sagen: Es war eine reiche Zeit. Ich kann es noch gar nicht abschätzen, wie sehr die Arbeit mit Frauen und Kindern in mir Veränderungen geschaffen und wie sehr sie meinen Horizont erweitert hat. Natürlich stelle ich mir auch die Frage: Was habe ich den Menschen hier gebracht? Es gab Phasen des ‚was kann ich schon bewirken?‘. In meinen besseren Momenten weiß ich aber, daß ich dazu beigetragen habe, in das Leben mancher geplagten und gestreßten Frau ein bißchen Freude und Zuversicht zu bringen. Wichtig ist, die kleine Flamme am Lodern zu halten, die uns immer wieder antreibt, zu handeln und das Kleine zu tun, ohne zu verzweifeln, wenn uns das Große aus dem Blick gerät, oder ohne uns von unserer Verzweiflung am Großen lähmen zu lassen.“

Perspektiven
Wir meinen, daß viele Anstöße von de „Freiwilligendiensten der Älteren“ ausgehen können. Für die Gesellschaft sind sie interessant, da sie „junge Alte“ aktivieren und Menschen der mittleren Generation neu motivieren. Die Friedensdienste gewinnen durch die Einbeziehung der Älteren ein anderes Profil, da ihr Binnenleben farbiger und vielgestaltiger wird. Die Kirchen erhalten ein Lernfeld, auf dem sich Menschen im Christensein einüben können.

Eine besondere Aktualität bekommen unsere Dienste in der gegenwärtigen Phase des „konziliaren Prozesses“. Dazu heißt es in der Erklärung der EKD: „Große Sätze machen ohnmächtig. Es bedarf der Ausarbeitung von politischen Einzelschritten.“ Und weiter: Die Lebendigkeit des Prozesses erweise sich nicht in der Fortsetzung der Versammlungsketten, sondern im konkreten Eintreten der Kirchen und Christen für Gerechtigkeit, Freiheit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung.

Der „Dienst auf dem Planeten“ und „Das Überholen der Moderne“ – EIRENE hat sich das eine vorgenommen und will das andere versuchen!

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