Perspektiven der Rüstungsindustrie in Deutschland

Entmythologisierung eines Filzgiganten

von Peter Lock
Schwerpunkt
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Mindestens zwanzig Jahre waren große Teile der Friedensbewegung scheinbar plausiblen pseudo-marxistischen Sichtweisen des rüstungs­industriellen Sektors in der Bundesrepublik aufgesessen. Dem soge­nannten militärisch-industriellen Komplex (MIK) wurde eine gefährliche Einflussnahme auf die Politik unterstellt. Eine schwer kontrollierbare Verfilzung von Rüstungsindustrie und Politik erlaubte nach dieser Auf­fassung die Realisierung außerordentlicher Profite und förderte zudem das gefährliche Wettrüsten. Dass die deutsche Großindustrie konspiriert hatte, um Hitler an die Macht zu bringen, machte die unterstellten Ma­chenschaften des "Rüstungskapitals" scheinbar plausibel. Da diese Sichtweise zugleich nützlich war, um politisch gegen das aberwitzige Wettrüsten mit der Sowjetunion zu mobilisieren, verfestigte sich ein Bild des MIK, das nicht den ökonomischen Fakten entsprach, die die Entwicklung der Rüstungsindustrie bestimmten.

Komplementär hierzu gelang es der po­litischen Lobby der Rüstungsindustrie, von sich ein Bild eines leistungsfähigen, innovativen Hochtechnologiesektors zu zeichnen. Daraus wurde die Notwendig­keit einer umfassenden staatlichen För­derung der deutschen Rüstungsindustrie zur Aufrechterhaltung der langfristigen Wettbewerbsfähigkeit der gesamten deutschen Industrie abgeleitet. Ständig wurde auf den vorgeblich bedrohlichen Tatbestand verwiesen, dass man hinter den USA, Frankreich und Großbritan­nien bei den Rüstungsausgaben und be­sonders bei den Aufwendungen für mi­litärische Forschung gefährlich weit zu­rückliege. Dass vor allem Großbritannien trotz oder gerade wegen seiner weit überdurchschnittlichen Ausgaben für Rüstung und militärische Forschung der große industrielle Verlierer in Europa war, fand wenig Beachtung in der politi­schen Diskussion.

Tatsächlich aber handelte es sich bei der deutschen Rüstungsindustrie bereits während des Kalten Krieges um ein zwar von Politikern umhegtes, aber gleichzeitg sehr differenziertes Kon­glomerat von Unternehmen, deren Ver­hältnis zur Rüstungsproduktion sehr unterschiedlich war. Im Gegensatz zu Frankreich und Großbritannien, und selbstredend auch den USA, hat die Bundesrepublik keine zentralisierte staatliche Rüstungsforschung betrieben. Ansätze hierzu hatte es zwar auf niedri­gem Niveau in den sechziger Jahren ge­geben, als verschiedene Fraunhofer-In­stitute vom Verteidigungsministerium ihre wesentlichen Aufträge erhielten. Ab 1970 jedoch reduzierte sich der Anteil militärischer Forschung bei der Fraunhofer Gesellschaft kontinuierlich. Gleich­zeitig war es erklärte ökonomische Doktrin verschiedenster Bundesregie­rungen, dass die Herstellung von Rü­stungsgütern vorrangig als privatwirt­schaftliche Aufgabe anzusehen sei.

Aufgrund alliierter Verbote kam deut­sche Rüstungsfertigung erst in der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre wie­der in Gang. Unter der Regie von F.J. Strauß landeten unverhältnismäßig viele Aufträge in Bayern, was dort zu einer Entwicklung von stärker rüstungs­abhängigen Industrien geführt hat. Diese Strukturen haben sich politisch dahin­gehend verfestigt, dass die Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses des Deut­schen Bundestages der CSU angehörten und zumeist den Wahlkreis Ottobrunn (Standort von MBB) vertraten. Bis zum Ende de Kalten Krieges konnte man ge­radezu von einem "bayerischen" Unter­nehmenstypus in der Rüstungsfertigung sprechen. Diese z.T. eher mittelständi­gen Firmen waren darauf ausgerichtet, "Anschlussaufträge von der Bundes­wehr" zu erhalten. Im sicheren Dunst der militärischen Geheimhaltung ent­wickelte sich politisch-industrieller Filz, der Einfluss auf viele Beschaffungsvor­haben der Bundeswehr gewann und sich vor allem mit der Mönch-Verlagsgruppe ein anzeigenfinanziertes politisch-ideo­logisches Sprachrohr schuf.

In den neunziger Jahren hat sich die deutsche Großindustrie weitgehend aus der Rüstungsfertigung zurückgezogen. Nur dort, wo die Rüstungsfertigung deutliche Synergieeffekte für die zivile Produktion der Konzerne zeitigt, enga­giert sie sich weiter, Beispiel: Daimler-Chrysler (DASA).

Luftfahrtindustrie
Die deutsche Luft- und Raumfahrtindu­strie war in den Jahren absoluten Ver­botes nach 1945 technologisch soweit zurückgefallen, dass man der Bundes­wehr keine Luftrüstungssysteme aus ei­gener Entwicklung anbieten konnte. An vielen Produktionsstandorten aus der Vorkriegszeit etablierten sich zwar zahl­reiche Unternehmen neu. Aber über viele Jahre mussten sie sich durch Li­zenzfertigung und später internationale Koproduktionen wieder an das interna­tionale Technologieniveau heran arbei­ten. Hierzu waren umfangreiche staatli­che Zuschüsse notwendig. Erst Ende der achtziger Jahre gelang es in einem politischen Kraftakt, den wesentlichen Kern der deutschen Luftrüstungsindustrie unter dem unter­nehmerischen Dach von Daimler Benz zu konsolidieren.

Trotz teilweise erheblicher Forschungs- und Entwicklungssubventionen war es der deutschen Luftrüstungsindustrie zu keinem Zeitpunkt gelungen, sich mit ei­genständig entwickelten Produkten auf dem nationalen oder internationalen Märkten durchzusetzen. Bei den großen, in meist multilateraler Koproduktion entwickelten Systemen, wie zum Bei­spiel der MRCA Tornado oder zuletzt dem Eurofighter, gab es für MBB bzw. DASA und MTU immer noch Teilberei­che, in denen man nachholend das je­weilige Projekt nutzte, um Kompetenz­lücken gegenüber den Partnern zu schließen. Das kostentreibende Prinzip "juste retour" (gerechter Ausgleich), das in allen Koproduktionen gilt, erlaubt es, hohe Lernkosten auf nationaler Ebene in die Gesamtkosten einzubrin­gen. Kritische Beobachter sprechen von der Regel der geringsten Kompetenz bei der Vergabe von Teilaufträgen unter den beteiligten Nationen. Diese Ineffizienz militärischer Projekte hatte zunächst den Hintergrund, dass die jeweils beteiligten Staaten ihre Unternehmen um jeden Preis fördern wollten. Hierbei hat sich das Interesse auf die zivile Luftfahrtin­dustrie verlagert. Die scharfe Konkur­renz mit der amerikanischen Luftfahrt­industrie hatte zu einem Subventions­wettlauf geführt, den man durch die Vereinbarung von Obergrenzen staatli­cher Zuschüsse für Forschung und Ent­wicklung eingedämmt hat. Militärische Projekte werden von diesem Abkom­men nicht erfasst. Daher hat sich die Subventionskonkurrenz auf militärische Projekte verlagert. Der militärisch kaum mehr benötigte Eurofighter dürfte daher vor allem als verdeckte Subvention der zivilen Luft- und Raumfahrtindustrie überlebt haben.

Inzwischen ist die länderübergreifende Konsolidierung der europäischen Luft- und Raumfahrtindustrie weit vorange­schritten und wird in diesem Jahr mit EADS bereits die Form eines eigenstän­digen Unternehmens annehmen. Sie wurde durch einen lange anhaltenden Boom der zivilen Flugzeugmärkte be­günstigt und durch die Megazusammen­schlüsse in den USA beschleunigt. Ohne Zweifel wird sich die Luftrüstungsindu­strie dem Sog der imperativen zivilen Konsolidierung nicht entziehen können, was die nationalen Netzwerke des poli­tischen Filzes, die bislang das Beschaf­fungswesen bestimmt haben, langsam entwertet bzw. ihre sehr viel kompli­ziertere multilaterale Rekonstruktion auf europäischer Ebene erfordert.

Heeresrüstung
Im Gegensatz zur Luftrüstung konnten deutsche Rüstungsunternehmen nach ei­nigen Anlaufschwierigkeiten an den Entwicklungsstand bei Ende des Krieges anknüpfen und sich auch auf europäischen Exportmärkten etablieren, Beispiele gepanzerte Fahrzeuge, auto­matische Gewehre und Geschütze. Ei­nige Unternehmen hatten sich pro­duktnah (z.B. schwere LKW, Diesel­motoren) auf zivilen Märkten etabliert. Heckler & Koch hatte seine Techniker nach Spanien (Santa Barbara) ausgela­gert und dort ein Gewehr zum G-3 wei­terentwickelt. Ein Sonderfall stellt die Firma Rheinmetall dar, die von der Röchling Familie mit der für die Ent­eignungen im Saarland gezahlten Ent­schädigung aus Staatsbesitz erworben und zielstrebig wieder zu einem Spezi­alunternehmen für Heeresrüstung aus­gebaut wurde. Allerdings beginnen die ersten Unternehmen bereits in den sieb­ziger Jahren systematisch in zivile Bereiche zu diversifizieren.

Seit Wegmann 1999 die Systemführer­schaft beim Leopardpanzer übernom­men hat, sind die traditionellen deut­schen Stahlunternehmen sämtlich aus dem Rüstungsgeschäft ausgestiegen. Heckler & Koch war dem Konkurs nahe, wurde von Royal Ordnance (Britisch Aerospace Systems) über­nommen, steht aber inzwischen wieder zum Verkauf. Die übrige Heeresrü­stungsindustrie wurde weitgehend unter dem Dach von Rheinmetall konsolidiert (Kuka, IWKA, MAK, Krupp-Atlas Elektronik u.a.m.). Die Konsoldierung und Konzentration bei Rheinmetall zielt aber eindeutig auf den europäischen Rü­stungsmarkt. Rheinmetall hat niederlän­dische Munitionsfirmen und 1999 die militärische Fertigung von Oerlikon-Bührle mit Fertigungsstätten in der Schweiz, Italien und Frankreich über­nommen.

Marineindustrie
Sieht man einmal von der lange Zeit in­ternational marktbeherrschenden Stel­lung der deutschen Werften beim Bau konventioneller U-Boote ab, so handelte es sich beim Bau größerer Kriegsschiffe zumeist um gezielte regionalwirtschaft­liche Strukturhilfen und verdeckte Sub­ventionen zur Aufrechterhaltung der deutschen Werftindustrie. Bei der Ver­gabe von Aufträgen für ein Baumuster wurden regelhaft zahlreiche Werften be­rücksichtigt, so dass die Kostenvorteile, die sich aus einer fallenden Lernkosten­kurve ergeben, vom Auftraggeber nie angestrebt wurden. Die gewünschten strukturpolitischen Effekte des Marine­schiffbaus schlugen sich von Anfang an in einer äußerst großzügigen Exportge­nehmigungspraxis nieder.

Allerdings wurden die politischen Ab­sichten, regionale Wirtschaftspolitik durch Marineschiffbau zu betreiben, von technologischen Entwicklungen unter­laufen. Der werftseitige Anteil an der Wertschöpfung sank kontinuierlich und dürfte inzwischen unter 30 % gefallen sein. Die internationale Spezialisierung im Bereich von Marineelektronik be­deutete zudem, dass erhebliche Wert­schöpfungsanteile importiert werden mussten (u.a. Holl.Signaal-Thomson).

Ein interessanter Aspekt der Marinein­dustrie ist, dass die erfolgreichsten Ex­porteure von Überseeschiffen (Blohm & Voß und Lürssen) jeweils mit Schiffsty­pen weltweit Märkte erobert haben, die nicht aus subventionierten Beschaf­fungsvorhaben der Bundesmarine her­vorgegangen sind. Vielmehr handelt es sich bei den erfolgreichen Meko-Fre­gatten und Schnellbooten von Lürssen um eigenständige Entwicklungen, die aus der Anwendung ziviler Konstrukti­onsprinzipien hervorgegangen sind. Sie sind somit frühe Beispiele eines erfolg­reichen "spin-in" ziviler Technologien in die Rüstungsfertigung.

Technologische Entwicklungstrends
Sieht man einmal von einigen Hyper­technologien ab, wie sie nur noch in den Vereinigten Staaten mit großem finan­ziellen Aufwand entwickelt werden, so zeichnet sich im Kontext einer rasanten Integration von Märkten immer deutli­cher ab, dass von der zivilen Industrie vorangetriebene Innovationen den tech­nischen Fortschritt bei Produkten und Produktionsverfahren bestimmen. Die Forschungs- und Entwicklungsaufwen­dungen weltweit operierender Konzerne übersteigen seit langem die militäri­schen Forschungsbudgets um ein Viel­faches. Leistungsfähige Entwicklung von Rüstungsgütern setzt daher in im­mer stärkerem Maße den Rückgriff auf zivile Komponenten voraus, z.B. Chips und spezielle Werkstoffe. Dies bedeutet, dass das Zeitalter großer vertikal inte­grierter Rüstungskonzerne vorüber ist. Rüstungsproduzenten sind weitgehend zu Unternehmen geworden, die sich auf die Integration von Systemen aus über­wiegend zivilen Komponenten verste­hen. Für die extrem vertikal integrierte Rüstungsindustrie Russlands zum Bei­spiel, die zu keinem Zeitpunkt auf eine entwickelte, innovative Zivilindustrie zurückgreifen konnte, ist eine Umstel­lung auf das neue Paradigma kaum zu leisten, nicht zuletzt weil sie nicht über die notwendigen Mittel und nach zehn Jahren des Wandels noch immer nicht über die notwendigen Marktzugänge verfügt.

Rolle der Rüstungsexporte
Besonders in den Bereichen Heeresrü­stung und Marineschiffbau waren die Exporte für die betreffenden Unterneh­men von einiger Bedeutung. In den mei­sten Fällen war die Absicherung der Exportkredite durch den Steuerzahler in der einen oder anderen Weise Ge­schäftsvoraussetzung. Bei Exporten in­nerhalb der NATO wurden häufig du­biose Handelskompensationen verein­bart. Im Falle zahlungsfähiger Nach­frage nach deutscher Rüstung wurden Exportgenehmigungen selten verwei­gert, obwohl die Industrie immer über restriktive Exportregeln klagte. Geogra­phisch gesehen gab es Exporttabus im Umfeld von Israel und im Falle von Taiwan (U-Boote). Ansonsten sind po­litische Empfindlichkeiten durch Li­zenzvergaben ( G-3, Panzer an das ar­gentinische Militärregime) umgangen worden. Für Länder, die eine eigene Rü­stungsindustrie aufbauen wollten, war die Bundesrepublik als größtes Herstel­ler- und Exportland von Industrieanla­gen und Werkzeugmaschinen immer er­ste Adresse. Aus diesem Grunde ist es in diesem Bereich auch zu vielen krimi­nellen Verstößen gegen bestehende Ex­portregeln (z.B. Giftgasfabrik nach Ly­bien, schweres Wasser nach Pakistan etc.) gekommen. Schließlich sind die umfangreichen Lieferungen von ge­brauchten Rüstungsgütern zu nennen, die mit der Auflösung der NVA großen Umfang angenommen haben. Für die Rüstungsindustrie sind diese Aktivitäten eher nachteilig, denn sie verstopfen po­tentielle Märkte.

Zur Einschätzung der weiteren Ent­wicklung ist festzuhalten, dass zahlungs­fähige Exportkunden äußerst rar gewor­den sind. Diese wenigen Länder sind fest im Griff der amerikanischen und im Falle Saudi Arabiens auch der britischen Rüstungsindustrie. Es kommt noch hinzu, dass der internationale Markt voller Angebote von generalüberholten und modernisierten Waffensystemen und russischen Dumpingangeboten ist. Für die privatwirtschaftlich verfasste deutsche Rüstungsindustrie, die in ei­nem Hochlohnland fertigt, gibt es da wenig zu verdienen. Aus unternehmeri­scher Sicht wird man sich da auf die Umrüstung der europäischen NATO-Streitkräfte für "humanitäre Interventio­nen out-of-area" konzentrieren müssen. Auch die hochtrabenden Pläne der türki­schen Streitkräfte, 1000 neue Panzer, Hubschrauber, Kampfflugzeuge und an­deres mehr, werden sich an den wirt­schaftlichen Gegebenheiten reiben und zu kleinen Brötchen werden, die ohne finanzielle Garantien des deutschen Steuerzahlers nicht erworben werden können. Der Rüstungsmarkt ist in einem solchen Maße zum Käufermarkt gewor­den, dass man in ihm nur Erfolg haben kann, wenn man mit erheblicher krimi­neller Energie die verlangten Beste­chungsgelder zahlt und/oder der Liefer­staat letztlich die Finanzierung des Ge­schäftes übernimmt. Man schätzt, dass das Schmiergeld regelhaft zwischen 10 und 20 Prozent der Auftragssumme liegt.

Ausblick
Kriegerische Konflikte werden derzeit überwiegend in den ärmsten Ländern der Welt mit Kleinwaffen ausgetragen. Die traditionellen Militärapparate stehen dieser Entwicklung hilflos gegenüber, obwohl an sie zunehmend Anforderun­gen von der Politik gestellt werden, Mittel für humanitäre und konflikt­schlichtende Einsätze in solchen Regio­nen bereit zu halten. Aus diesem Anfor­derungsprofil ergeben sich Forderungen nach technisch neu gestalteter Ausrü­stung. Dieser Ausrüstungstrend für Out-of-area bedeutet Nachfrage nach Mitteln zur umfassenden, präventiven Aufklä­rung und Informatisierung verbunden mit einer Tendenz zu schwerem Polizei­gerät. Hinzu kommen neue logistische Anforderungen, u.a. militärische Trans­portflugzeuge. Es ist davon auszugehen, dass sich die privatwirtschaftlich struktu­rierte Rüstungsindustrie in Deutschland auf diese Nachfrage in einem Prozess der Konsolidierung im europäischen Maßstab orientieren wird und bei nicht mehr gegebener Wirtschaftlichkeit tra­ditionelle Betätigungsfelder aufgeben wird. Der Gestaltungsrahmen hat sich eindeutig auf Europa verlagert, auch wenn die Veränderungen in anderen eu­ropäischen Staaten mit einer stärkeren Rolle des Staates, wie z.B. Frankreich, sich langsamer vollziehen werden.

Bei dem Versuch ihre nationale Gestal­tungsmacht zu verteidigen, sprechen deutsche Politiker pausenlos von einem vorgeblichen Investitionsstau bei der Bundeswehr. Diesen Stau gibt es aber nicht wirklich, wenn sich die Bundes­wehr nur endlich von allem Ballast der früheren Doktrin befreien und auf die zukünftigen Aufgaben konzentrieren würde. Aber davor stehen vielfältige, tief eingegrabene Interessen und büro­kratische Routinen, Bürgermeister, die die Schließung von Standorten verhin­dern wollen. Nur eine breite ergebnisof­fene politische Diskussion darüber, wie­viel Militär, in welcher multi-nationalen Verankerung unser Land braucht, kann uns da weiterbringen. Auch die Frie­densbewegung hat sich darauf noch nicht hinreichend eingelassen. Sie starrt ein wenig wie das Kaninchen passiv auf die Ergebnisse, die die sogenannte Zu­kunftskommission noch in diesem Jahr vorlegen wird. Eine eigene, realitäts­tüchtige Vision hat sie noch nicht ent­wickelt. Hierzu ist es höchste Zeit, mit raus aus der NATO allein ist es nicht getan.

Denn sonst haben diejenigen das Wort, die einem militärischen Wettlauf Europas mit dem unakzeptablen Welt­beherrschungsarsenal der USA das Wort reden.

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Peter Lock ist freier Sozialwissenschaftler. Aktueller Forschungsschwerpunkt: Globalisierung und bewaffnete Gewalt. Weiteres unter www.Peter-Lock.de