Indien/ Europa

Global vernetzt für Landrechte

von Gudrun Knittel

„Jan Satyagraha, der lange Marsch indischer Landloser und Adivasi, war ein Riesenerfolg. Der damit erzeugte politische Druck war so groß, dass die indische Regierung nach acht Tagen in Agra bereit war, eine Vereinbarung zu unterzeichnen, welche die Forderungen des Marsches erfüllte und eine zeitgebundene ‚Road Map‘ für die Umsetzung der dafür nötigen Prozesse und Schritte festlegte.“ (Mehr zur Vereinbarung www.cesci.ch.)

Rund 70.000 Menschen, stellvertretend für die Millionen armer und marginalisierter Bevölkerungsgruppen, hatten sich am 2. Oktober in Gwalior versammelt, und am 3. Oktober waren rund 50.000 Menschen trotz brütender Hitze von 37 Grad auf den 300 km langen Weg nach Delhi mitgegangen.

Ekta Parishad – mehr als eine Landrechtsbewegung
Ekta Parishad und an ihrer Spitze Rajagopal hatten zu dem Marsch aufgerufen. Ekta Parishad ist eine soziale Basisbewegung, die sich seit 20 Jahren in Zentral- und Südindien für die Rechte der ärmsten Bevölkerungsgruppen – der Landlosen und UreinwohnerInnen – einsetzt.

Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung Indiens leben auf dem Land und möchten auch dort bleiben. Dies ist nur möglich, wenn die Landrechte geschützt sind und der Zugang zu lebenswichtigen Ressourcen wie Anbauflächen, Wälder und Trinkwasser nicht durch Korruption und Großprojekte der Regierung und internationaler Unternehmen gefährdet wird.

Die Arbeit von Ekta Parishad ist den Prinzipien der Wahrheit, Gerechtigkeit und des gewaltlosen Widerstands verpflichtet. Die rund 400 Aktivistinnen und Aktivisten stammen mehrheitlich selbst aus den Dörfern der Betroffenen, für die sie sich engagieren. Ekta Parishad ist in mehr als zwölf indischen Gliedstaaten aktiv, organisiert friedliche Protestmärsche, Petitionen an politische Gremien und baut mit der lokalen Bevölkerung – meist Frauen – Projekte zur wirtschaftlichen Entwicklung auf. Rund 150.000 Personen in mehr als 5000 Dörfern arbeiten mit Ekta Parishad zusammen. (Siehe www.ektaparishad.com.)

Internationale Solidarität – The Meal
Für den Marsch in Indien hatte es auch eine breite internationale Unterstützung durch „The Meal“ gegeben. Dabei handelt es sich um ein gemeinsames öffentliches Mahl, das gleichzeitig an vielen Orten unseres Planeten miteinander vernetzt stattfindet. Es geht darum, die Bauern und Bäuerinnen hier und anderswo in ihrer Forderung nach Recht auf Nahrung und Zugang zu den natürlichen Lebensgrundlagen wie Land, Wasser und Saatgut zu unterstützen und die Welten von Bauern und Konsumenten einander näher zu bringen. Die Aktion gibt es seit 1999. Dieses Jahr fand sie in sechs europäischen Ländern sowie in Burkina Faso, Benin, Togo, Guinea, Kamerun, Mauretanien, Kongo, Palästina und auch in Afghanistan in Kabul statt. (Siehe www.the-meal.net.)

Alleweltonair – Bürgerfunk vernetzt Gruppen und Themen in Köln
Seit dem Frühjahr 2012 wurde das Thema "Gewaltfreier Kampf für Landrechte in Indien" auch in den Bürgerfunksendungen der Radiogruppe „alleweltonair“ des Allerweltshauses in Köln aufgegriffen. Zuletzt gab es z.B. eine Koproduktion  mit der Kölner Greenpeace Gruppe zum Thema genmanipuliertes Saatgut und die Auswirkungen der Produkte von Bayer und Monsanto in Europa und Indien. Die komplette Reihe „Indien in Bewegung“ ist nachzuhören unter www.alleweltonair.de.

Auf Initiative der Radiogruppe hatte sich Anfang des Jahres ein Koordinierungskreis gebildet, gemeinsam mit den Köln-Bonner FreundInnen von Ekta Parishad, der Deutsch-Indischen Gesellschaft und dem Gandhi-Preis, der eine ganze Reihe von Veranstaltungen zu Indien und Landrechten organisierte. Den Höhepunkt bildete im Dezember der Besuch von PV Rajagopal in Köln, der persönlich über die „Stärke der Armen“, den „Prozess des Dialogs“ und den Erfolg der Vereinbarung mit der indischen Regierung über eine Landrechtsreform berichtete. Am Abend darauf kam es zur Begegnung zwischen Rajagopal und Jill Carr Harris als entschieden gewaltfreien AktivistInnen aus Indien mit BesetzerInnen aus dem Braunkohletagebau in der Nähe von Köln, die ihren Widerstand als unter anderem auch gewaltfrei verstehen.

Gemeinsam/global: der gewaltfreie Kampf um Nahrung, Land und Wasser
“It is a struggle about land and land resources of the poor people, this is a common agenda across the globe”, stele Rajagopal fest. Land grabbing sei mit der Globalisierung ein großes Problem geworden.

Mit ihr sind über die ganze Welt hin große multinationale Konzerne dazu übergegangen, nicht nur das Land an sich zu reißen, sondern auch die anderen beiden lebenswichtigen Grundlagen: Wald und Wasser. Dieses Entwicklungsmodell werde die Landbevölkerung in die Städte und die Slums treiben.

Viele Gruppen und Themen waren in diesen Monaten zusammen gekommen. Der Marsch machte deutlich, wie sehr alles miteinander verwoben ist und wie sinnvoll, sich gegenseitig unterstützend und wirksam eine gewaltfreie beharrliche Vernetzungs- und Bewusstseinsarbeit über Kontinente und Kulturen hinweg sein kann, um eine neue Richtung einzuschlagen.

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Rubrik

Friedensbewegung international
Gudrun Knittel, alleweltonair (www.alleweltonair.de), Trainerin für Konfliktbearbeitung Köln.