"Wir schreiben Geschichte!" – Wir trecken nach Berlin!

Gorleben stilllegen, Ausstieg sofort!

von Wolfgang Ehmke
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( c ) Netzwerk Friedenskooperative

30 Jahre ist es her: die Trecker rollten, die Bauern aus dem Wendland machten sich auf den Weg in die niedersächsische Landeshauptstadt.  Zwei Jahre zuvor hatte Ministerpräsident Ernst Albrecht (CDU) Gorleben als Standort für ein Nukleares Entsorgungszentrum (NEZ) benannt. Kernstück war die geplante Wiederaufarbeitungsanlage (WAA). Ausschlaggebend war die Abgelegenheit der Region, ihre dünne Besiedlung und Nähe zur DDR, die geologische "Qualität" des Salzstocks wurde als drittklassig eingeschätzt. Oberirdische Zwischenlager, eine Brennelementfabrik sowie ein Endlager im Salzstock Gorleben-Rambow sollten auf das 12 Quadratkilometer große NEZ konzentriert werden.

Zeitgleich ereignete sich ein schwerer Störfall im amerikanischen Atomkraftwerk Harrisburg . Menschen mussten evakuiert werden, der als unwahrscheinlich geltende Störfall, die Kernschmelze trat ein. "Albrecht, wir kommen!" skandierten Tausende von DemonstrantInnen und reimten – in Anspielung auf den Dauerregen – "wenn´s sein muss, auch geschwommen!"

Der Massenprotest gegen Atomkraft blieb nicht ohne Wirkung: Ernst Albrecht ruderte zurück und sperrte sich gegen die WAA-Pläne, die Plutoniumfabrik sei technisch machbar, politisch aber nicht durchsetzbar. An dem atomaren Zwischen- und Endlager in Gorleben aber hielt er fest.

30 Jahre nach der Standortbenennung rächt sich, dass es kein seriöses Auswahlverfahren für die Errichtung des Endlagers gab. Ohne erhebliche Zweifel an der Eignung des Salzstocks Gorleben hätte es niemals ein Moratorium gegeben. Provokant ist deshalb der Versuch des Bundesumweltministers Sigmar Gabriel (SPD), bei der Suche nach einem Endlager weiter Gorleben im Pool zu behalten und trotz des Desasters in Morsleben und der Asse II bei der Endlagersuche auf eine doppelte geologische Barriere zu verzichten. Monika Tietke für die Bäuerliche Notgemeinschaft: "Fliegen ohne Landebahn – das muss ein Ende haben, wir treten deshalb für ein Ende der Atommüllproduktion ein. Wir wollen den Schiet nicht haben".

Das Bundesumweltministerium räumt nun erstmalig im März 2009 auf seiner Homepage ein, dass in Gorleben nicht nur erkundet, sondern auch schon gebaut wurde. In Verbindung mit dem Streit um die Kosten des Moratoriums heißt es:"Daraus wird deutlich, dass Gorleben bereits vor einem atomrechtlichen Planfeststellungsbeschluss in einem Umfang ausgebaut worden ist, der mit der Absicht reiner Erkundung allein nicht zu erklären ist" (BMU, März 2009)

Der Präsident des BfS, Wolfram König, sekundiert: "Gorleben ist größer gebaut worden, als es für die Erkundung nötig gewesen wäre. Das war seit langem bekannt. Das Ganze lief ohne formale Öffentlichkeitsbeteiligung, ohne Umweltverträglichkeitsprüfung und allein nach Bergrecht ab." (Braunschweiger Zeitung 5.06.09)

König hatte im Interview mit der Frankfurter Rundschau die Kosten der Erkundung eines weiteren Standorts auf 400-500 Millionen Euro geschätzt. Die Ausgaben in Gorleben beliefen sich jedoch auf 1,51 Mrd. Euro. Die Kosten für den Offenhaltungsbetrieb  bezifferte die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (Drucksache 16/12957 vom 11. Mai 2009) mit 239,8 Mio. Euro bis Ende 2008. Stimmt es also, dass bereits 700 bis 800 Mio. Euro in den Ausbau des Endlagers Gorleben investiert wurden? Dazu gehören nach den Aussagen von BMU und BfS die beiden Schächte, die Größe der Salzhalde sowie die Größe der Außenanlage und der Gebäude. Wer angesichts dieser Tatsachen von einem transparenten und ergebnisoffenen Suchverfahren in Gorleben spricht, macht sich nur noch lächerlich.

Über 30 Jahre befeuerte der Widerstand im Wendland den bundesweiten Anti-Atom-Protest. Bauplatzbesetzungen, Blockadeaktionen auf der Schiene und der Straße gegen Castor-Transport – der Widerstand ist frech, aufmüpfig und bunt. Bäuerliche Notgemeinschaft und die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg rufen gemeinsam mit Umweltverbänden und Anti-Atom-Initiativen zum Treck nach Berlin zur abschließenden Großdemonstration am 5.9.09 auf. Zum Trägerkreis der Großdemonstration gehören die Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad, das bundesweite Anti-Atom-Netzwerk .ausgestrahlt, der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), die Internetinitiative Campact , die Umweltorganisation Robin Wood und die Ärzteinitiative IPPNW. Wir als Mit-Veranstalter rechnen mit einer großen Resonanz, betonen aber die parteipolitische Unabhängigkeit. Kurz vor den Bundestagswahlen werden wir ein Zeichen setzen gegen die Atomkraft, für den Ausbau der Regenerativen und den Klimaschutz. Den Konzernen geht es allein um Extraprofite, das Unfallrisiko und das Atommülldesaster schert sie einen Deubel.

Aktuelle Informationen über den Aufruf, den Trägerkreis und Unterstützer sowie die Route des Trecks findet man unter www.anti-atom-treck.de. Spendenkonto des Trägerkreises: BI Lüchow-Dannenberg e.V., Kontonr. 46 766 302
BLZ: 430 609 67, GLS Gemeinschaftsbank eG

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Wolfgang Ehmke ist Sprecher der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg e.V. www.bi-luechow-dannenberg.de buero@bi-luechow-dannenberg.de.