Die ehrenfhaften Verwerflichen

Immer mehr "FriedenstäterInnen" im Gefängnis

von Martin Singe

Immer mehr Menschen werden es, die wegen ihrer Sitzblockaden vor Massenmordinstrumenten vom Staat bestraft werden; immer mehr weigern sich auch, die Geldstrafen an den Staat zu entrichten und sind bereit, in den Knast zu gehen.

Einige von ihnen mußten bereits Haftstrafen von über 100 Tagen absitzen, wie Hinrich Olsen und Holger Jänicke aus Mutlangen. Am 2. Mai diesen Jahres ging Wolfgang Sternstein in den Knast von Rottenburg. Dutzende anderer Friedenstreiterlnnen haben Haftstrafen zwischen 20 und 60 Tagen zu verbüßen. Die Strafjustiz dreht sich weiter im alten Stil. Praktisch nirgendwo findet eine wirklich inhaltliche Auseinandersetzung statt. Richter und Staatsanwälte bügeln alle Argumentationen in der Regel mit dem Hinweis auf das BGH-Urteil vom Mai ’88 ab. Dort sei ja nun endgültig von höchster Seite alles gesagt worden, was Sitzblockaden betrifft - so entlasten Richter und Staatsanwälte ihr Gewissen, dem sie eigentlich verantwortlich waren. Im nächsten "Friedensforum" wollen wir noch einmal ausführlicher über den Stand der Prozesse und Entwicklungen aus rechtlicher Sicht an den verschiedenen Orten berichten. Heute sollen Stichpunkte und die Kontaktanschriften genügen. Es ist nach wie vor wichtig, Solidarität zu leisten: zu den Prozessen zu gehen, Rechtshilfekonten zu unterstützen, Verurteilten in den Knast zu schreiben, an die dafür Verantwortlichen zu schreiben und nicht zuletzt, sich an weiteren Aktionen zu beteiligen (natürlich aus eigenem inneren Antrieb, damit dies nicht §111- mäßig mißverstanden wird!)
In Mutlangeu/Schwühisch Gmünd laufen weiter alte Prozesse von Pershing Blockaden. Kontakt/Termine: Carl-Cabat-Haus, Schulstraße 6, 7075 Mutlangen.

In Pirmasens laufen ständig die neuen Prozesse gegen die Blockiererlnnen des Giftgaslagers aus der Aktionswoche vom Juni 1988. Nach der geplanten Aktion am 23. 5. 1989 kann sich die Zahl der Prozesse drastisch erhöhen. Neu in Pirmasens ist, daß hier auch reine Gesinnungstäter bestraft werden. Obwohl ganze Tage keinerlei Verkehr fuhr, werden Leute verurteilt, weil sie Nötigungsabsichten hatten. Inzwischen gibt es sogar Verfahren wegen Beihilfe zur versuchten Nötigung. In Pirmasens und ganz Rheinland-Pfalz gibt es eine breite bewegte Öffentlichkeit, die die Prozesse begleitet.
Kontakt: Kampagne Sitzenbleiben für den Frieden (s. u.)
Im Hunsrück gehen die Prozesse sowohl wegen Blockaden der Missiles- Basis als auch gegen Blockadeaufruferlnnen weiter. Blockadeaufruferlnnen werden hier inzwischen auch bestraft, wenn ihnen nichts nachgewiesen werden kann. Eine rechtliche Prüfung der Kriterien von §111 wird in keiner Weise vor Gericht durchgeführt. Allerdings steht hier das erste OLG-Urteil in Sachen Aufruf noch aus.

Kontakt: Friedensbüro Hunsrück, Bopparder Straße 25, 5448 Kastellaun, Tel 06762-6075.
Dies sind nicht alle Orte, an denen Prozesse gegen die Friedensbewegung laufen. Bitte schickt Informationen auch von anderen Prozessen an die Redaktion des „Friedensforum“.

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Martin Singe ist Redakteur des FriedensForums und aktiv im Sprecher*innenteam der Kampagne "Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt".