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Humanitäre Hilfe in Kroatien und Bosnien-Herzegowina
Internationale Konferenz von Nexus in Aachen
von
"Graswurzelhilfe" nennen sie ihr humanitäres Engagement in Kroatien und Bosnien-Herzegowina, das vor allem Kriegsflüchtlingen und Vertriebenen zugutekommt. Irgendwie hat auch der Phantasiename "Nexus" etwas mit solcher Hilfe von unten zu tun.
Sechzig Vertreterinnen und Vertreter aus 29 der insgesamt 51 Unterstützungsgruppen für NEXUS, das seinen Sitz in Zagreb hat, trafen sich Ende November, um Bilanz zu ziehen über die letzten etwa zwei Jahre seit Bestehen des NEXUS-Projekts, und um die weiteren Hilfsaktivitäten zu diskutieren.
Entstanden ist NEXUS Ende 1992 auf Initiative von internationalen Freiwilligen, die bereits in Flüchtlingslagern gearbeitet hatten, sich nun aber mehr der Versorgung der Flüchtlinge mit Nahrungsmitteln, Kleidern, Medikamenten, Spielsachen und Lernmaterial für Kinder etc. annehmen wollten.
Zu verdanken ist die Gründung von NEXUS Wam Kat aus der niederländischen Friedensbewegung und Astrid Koerts, einer Krankenschwester, ebenfalls aus den Niederlanden. Möglich wurde der Aufbau von NEXUS vor allem durch die finanzielle Starthilfe des deutschen Komitees für Grundrechte und Demokratie sowie einer dänischen und einer niederländischen Friedensgruppe.
Mit NEXUS war für kleine Hilfsgruppen in Westeuropa, die zu Hause Hilfsgüter sammelten und diese ins Krisen- und Kriegsgebiet bringen wollten, eine Anlaufstelle entstanden, die verlässliche Kontakte in die Flüchtlingslager hatte und seriös arbeitete. Es mußte ein großes Haus angemietet werden, um die Hilfsgüter zwischenzulagern. Ein Büro wurde eingerichtet auf modernem Stand mit Computern, Telefax, Telefon, E-Mail usw. Ein gesonderter Raum wurde zum Aufbewahren der Medikamente bis zur Weiterverteilung an die Bedürftigen als Apotheke im NEXUS-Haus eingerichtet. Zwei Kleinbusse wurden angeschafft, um die Hilfsgüter von Zagreb in die zum Teil fern gelegenen und in manchen Fällen auch nur unter Gefahr erreichbaren Bestimmungsorte zu transportieren. Da im Haus noch Zimmer frei waren, gestaltete man diese zu einer Friedensherberge, die zum vorübergehenden Aufenthalt bei der Durchreise genutzt wird, z.B. von internationalen Freiwilligen, die in den Flüchtlingslagern arbeiten und, was noch wichtiger ist, als vorübergehende Bleibe für Transitflüchtlinge bzw. -vertriebene aus Bosnien-Herzegowina, die in ein westeuropäisches Land reisen wollen.
Es ist eine harte Arbeit, die die wenigen jungen Leute zwischen 25 und 30 Jahren, die fest im Zagreber NEXUS-Haus arbeiten, zu vollbringen haben. Derzeit sind es sieben Personen. Mindestverpflichtung ist sechs Monate Tätigkeit. Die meisten halten es ein Jahr durch. Hinzu kommen Kurzzeitfreiwillige, die meist ihren Urlaub opfern. Der "Dienstälteste" ist Joe aus Detroit, der nun schon 18 Monate in Zagreb ist und sich vorgenommen hat zu bleiben, bis der Krieg zu Ende und das schlimmste Elend gelindert ist.
Die Konferenz ist getragen von einer sehr ernsthaften Auseinandersetzung mit allen Problemen. Eines der größten besteht in der Tatsache, daß gerade deshalb, weil NEXUS so gute Arbeit leistet, aus Flüchtlingslagern, aber auch aus Ambulanzen in Zagreb oder aus anderen Städten (z.B. läuft seit mehr als einem Jahr ein Hilfsprogramm für Tuzla in Nordbosnien), ständig neue Wünsche an NEXUS herangetragen werden und man dort oft Nein sagen muß, sowohl weil die Arbeitskapazität im NEXUS-Haus überlastet ist, als auch weil die Unterstützergruppen aus Westeuropa ihr Spendenaufkommen nicht steigern können.
Von den 51 größeren Unterstützergruppen kommen eine aus Dänemark, sieben aus Großbritannien, eine aus Finnland, 34 aus Deutschland, sieben aus den Niederlanden und eine aus Spanien. Diese Gruppen haben selbst wieder einen Unterstützerkreis von überschläglich 7000 Spenderinnen und Spendern.
Die Konferenz förderte auch den Austausch der oft sehr unterschiedlichen Erfahrungen, die Unterstützergruppen machen. So gibt es viele Gruppen, die lediglich auf eine Unterstützungsform orientiert sind, wie z.B. Patenschaft für ein Flüchtlingslager für die Versorgung mit Obst, Gemüse und Milch oder Brillen oder Medikamente oder die Lieferung allgemeiner Hilfsgüter. Aber über den Erfahrungsaustausch hinaus ist die Konferenz auch für viele ein erstes Kennenlernen, vermittelt ein Wir-Gefühl der Hilfsgruppen aus vielen westeuropäischen Ländern für die Flüchtlinge, Vertriebenen und notleidenden Opfer in Ex-Jugoslawien und erzeugt Mut und Durchhaltevermögen, das Projekt NEXUS zu erhalten und noch zu verbessern.
Ein neues Projekt wird in Aachen auf den Weg gebracht. Bei einem Besuch zur Übergabe von Lesebrillen und Medikamenten in Sarajevo gründeten Tamara und Joe gemeinsam mit einer kleinen Gruppe vor einigen Wochen NEXUS Sarajevo. Selma und Mumir sind deshalb als VertreterInnen dieser Gruppe auf verschlungenen Wegen extra aus Sarajevo angereist. Sie berichten über ihr erstes Projekt, und zwar die Versorgung von je nach Möglichkeiten 100 bis 300 absolut hilflosen alten Menschen, die keinerlei Angehörige mehr haben. Zwei Teams, die je 30 Menschen betreuen, arbeiten bereits, ohne jede Vergütung. Diese Teams setzen sich zusammen aus einer Ärztin bzw. einem Arzt, einer Krankenschwester, einer Sozialarbeiterin bzw. Sozialarbeiter und drei bis fünf weiteren HelferInnen, die Essen und Brennstoff besorgen, soweit erforderlich die Kranken waschen, die Zimmer reinigen, die Wäsche in Ordnung bringen, vorlesen oder (gemeinsam) singen usw.
NEXUS-Sarajevo ist heute auf dem Stand, auf dem auch NEXUS-Zagreb angefangen hat. Nur ist die Aufgabe in dem eingeschlossenen Sarajevo ungleich schwieriger. Da alle anderen Gruppen gegenwärtig überfordert sind, hat das deutsche Komitee für Grundrechte und Demokratie der Delegation aus Sarajevo zugesagt, möglichst noch im Dezember fünf Tonnen Hilfsgüter zu bringen. Diese werden in LKWs auf dem Landweg über Split und Mostar bis kurz vor Sarajevo gefahren und dann durch den Tunnel, der unter dem Flugfeld zur Innenstadt von Sarajevo führt, weitertransportiert. Gebraucht werden vor allem Nahrungsmittel, Wolldecken, Hygieneartikel, Waschmittel und Medikamente.
Möchte man ein Resümee ziehen, so wäre es angemessen, festzustellen, daß trotz des grausamen Krieges im ideellen, psycho-hygienischen, aber auch im materiellen Sinne gesehen die Hilfsaktionen von NEXUS im Gegensatz zu den Säbelrasselern und Realpolitikern ein Stück solidarische Friedensgesellschaft symbolisieren, wie wir sie uns zukünftig für die gesamte Menschheit wünschen und erarbeiten sollten.