Koordinierungsausschuß der Friedensbewegung: die eigene Arbeit demokratisieren

von Mechthild Jansen

Friedensbewegung - das war und ist zugleich immer eine Bewegung für DEMOKRATIE: Bevölkerung hat sich verantwortlich eingemischt in die Politik, weit mehr Menschen als zuvor haben demokratische Rechte wahrgenommen und haben dadurch auch demokratische Möglichkeiten ausgeweitet.

Solange die Friedensbewegung tätig ist, hat sie sich auch immer mit der Entwicklung ihrer eigenen demokratischen Struktur und Arbeitsweise beschäftigt. Friedensbewegung will eine Bewegung von unten und basisdemokratisch sein, sie will - bei den vielfältigen Gruppierungen und Ebenen ihrer Arbeit - zugleich untereinander koordinieren, kooperieren, austauschen und möglichst produktiv streiten. Sie will durchschaubar, offen, für alle Interessierten zugänglich und für jedermann- und frau kontrollierbar sein. Wie das am besten im Koordinierungsausschuß, im Büro des KA, auf den Aktions- und Strategiekonferenzen zu gewährleisten sei, darüber gab es immer wieder ausführliche Debatten.

Der Koordinierungsausschuß hat Ende 1987 diese Debatte um die eigene Struktur und Arbeitsweise erneut aufgenommen. Es gab beachtliche Unzufriedenheiten (vergl. auch die letzten Rundbriefe).

Das Problem stellt sich besonders in Zeiten, die nicht vom spontanen Aufschwung und starken Nachwuchs für die Friedensbewegung bestimmt sind, sondern eher von den Mühen der Ebene, der Suche nach Neubestimmung in einer neuen Etappe unserer Arbeit unter erheblich veränderten Ausgangsbedingungen. Eine neue Qualität der Arbeit, ein neuer Gärungsprozeß soll gefördert werden und das bedeutet eine neue Herausforderung an Arbeitsweise und Struktur. Dazu müssen Erstarrungen, Ermüdungen, Stagnationsmomente, sich weiter ausbreitende männliche Dominanz, ausgedünnter politischer Hintergrund bei den jeweiligen Gruppen des KA oder in den Basisstrukturen der Friedensbewegung, verstärkte Abhängigkeit von etablierten Parteien und Organisationen überwunden werden. Bisweilen scheint das eine zu schwierige Aufgabe zu sein, wenn mensch die Situationen im Koordinierungsausschuß vor Augen hat (oder auch manche Erscheinungen auf Aktionskonferenzen). Doch wir haben nur diesen einen KA, dem enorme historische Verdienste zukommen, der über einen großen, wertvollen Erfahrungsschatz in der Zusammenarbeit so unterschiedlicher politischer Gruppen verfügt. Diesen Fundus nicht auszuschöpfen, wäre ein Schnitt· ins eigene Fleisch der Friedensbewegung.

Es lohnt jede Anstrengung, den Versuch zu unternehmen, auf Basis .der gegebenen Voraussetzungen die KA-Arbeit weiterzuentwickeln und zu erneuern. Sollte dies nicht gelingen, so kann ein derartiger Koordinationskreis jedoch auch keine heilige Kuh sein und um des Prinzips willen aufrecht erhalten werden.

Das Wesentlichste für die KA – Arbeit ist die Erarbeitung einer gemeinsamen inhaltlichen und handlungsorientierten Perspektive der Friedensbewegung. Sie zu verwirklichen, dazu ist der KA ein Instrument. Nach ihren Zielen und Aufgaben hat sich Arbeitsweise und Struktur zu richten. Die dann zu schaffende oder geschaffene Struktur gibt zum einen demokratische Sicherung und ist zum anderen Hilfsmittel - und nicht schon Lösung der Probleme des KA oder der Friedensbewegung selbst. Insofern ist vor falschen Erwartungen zu warnen. Zum Gelingen unserer Vorhaben ist ein neuer eigener Lernprozeß unabdingbar. Dazu gehören

  • bei allen Beteiligten der politische Wille zu konstruktiver Arbeit zwecks Wiederbelebung eines KAs, der politischer Relevanz der Friedensbewegung verkörpern mag
  • das Handeln für eine enge Verzahnung mit allen Basisprozessen der Friedensbewegung
  • die Zurkenntnisnahme der Realitäten unserer eigenen Arbeit mit allen ihren Schwierigkeiten, Problemen, Unsicherheiten und Ratlosigkeiten
  • die Verabschiedung vom politischen Größenwahnsinn und das gleichzeitige Ausschöpfen unserer vorhandenen Kräfte, Konzentration auf gemeinsame Anliegen
  • das Infragestellen festgefügter Politikbilder in den eigenen Köpfen und die Fähigkeit zu neuen Lern- und Denkprozessen
  • der Abschied von politischen Machtkategorien, die sich bei näherem Hinsehen doch als hohl oder als Abbilder von Abschreckungspolitik zeigen
  • mit der Änderung bei sich selbst anzufangen.

Neue Struktur des KA

Seit Ende Dezember hat der KA eine neue Struktur. Sie hat manche Verbesserung geschaffen, befriedigt bislang jedoch noch keine/n - nicht zuletzt, weil viel zu oft der Rückfall in alte Mechanismen stattfindet.

Es hat aber auch von allen empfundene konstruktive Momente oder Phasen der Diskussion, Kooperation, Offenheit, von mehr Vertrauen, konstruktiver Kritik und der Ermutigung gegeben. Unsere weiteren Bemühungen zielen auf folgende

Maßnahmen:

  • Wir versuchen, unsere Arbeit transparenter, offener, zugänglicher zu gestalten
  • Viele der Mitgliedsorganisationen des KA haben sich wenig oder gar nicht mehr an der aktiven KA-Arbeit beteiligt. Wir wollen zur Mitarbeit wieder- und darüber hinaus neue Gruppen als Mitglieder des KA gewinnen. Der KA soll so in seiner Breite und Vielfalt wiederhergestellt und in·seiner Funktion, politisches Diskussions- und Entscheidungsorgan über unsere gemeinsame Arbeit zu sein, neu instandgesetzt werden.
  • Um unseren eigenen Gesichtskreis zu erweitern, bemühen wir uns um regelmäßigeren Austausch mit anderen Friedensgruppen, berufsspezifischen Initiativen, der Friedensforschung, Friedens- und SicherheitspolitikerInnen. Der KA lädt dazu Gäste ein oder zu breiteren Treffen.
  • Wir bemühen uns um bessere Vorbereitungen der KA-Sitzungen, klarere Verantwortlichkeiten, Einstellung auf die unterschiedlichen Bedingungen haupt- und ehrenamtlich arbeitender KA-Gruppen. Zu diesem Zweck hat der KA folgende Arbeitsgruppen und den SprecherIn-Kreis gebildet: AG deutsch-sowjetische Zusammenarbeit, AG deutsch-französische Zusammenarbeit, AG Linnich, AG Groß-Kampagnen, AG Strukturen, AG Finanzen und die Rundbrief-Redaktion. Die AGs verfolgen selbstverantwortlich ihre Arbeit und tragen ihre Ergebnisse in den KA zurück. Der KA ist das einzige Entscheidungsorgan.

Das sind erste Ansätze einer Verbesserung unserer Arbeit, die mehr Demokratie und mehr Kreativität unserer Arbeit freisetzen könnte.

Ideen, Anregungen, Kritik sind uns herzlich willkommen. Bereitschaft zur Mitarbeit allemal.

 

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