Krieg und Folter im Irak und die Beteiligung von Frauen an Menschenrechtsverletzungen

von Ellen Diederich

Nun ist es also dokumentiert und mit Fotos belegt: Die Beteiligung von Frauen an Menschenrechtsverletzungen, Folter, Demütigung von gefangenen Irakern. Bislang haben wir keine Information darüber, ob Menschenrechtsverletzungen dieser Art auch an irakischen Frauen vorgenommen wurden.

Folter an Frauen wäre nichts neues. Die systematische Folter und Vergewaltigung von Frauen kennen wir aus allen Militärdiktaturen und Kriegen. Frauen, das friedlichere Geschlecht?

Das Foto einer jungen US-amerikanischen Soldatin, Lynndie England, geht um die Welt. Sie hält einen nackten gefangenen irakischen Mann an der Leine, zeigt lachend auf eine aufgestapelte Gruppe nackter irakischer Männer. Widerlich, Ekel und Zorn erregend. Sie beruft sich auf Befehlsempfang. Auch wenn ein Befehl ausgeführt wird, gibt es Möglichkeiten der Aktion, zumindest im Gesichtsausdruck. Ihr Gesichtsausdruck ist nicht der des Entsetzens.

In vielen Zeitungsartikeln, Rundfunk- und Fernsehkommentaren wird die Frage gestellt: Wie kommt es dazu, dass sich Frauen an solchen Handlungen beteiligen können? Das gleiche Recht, Henker zu werden? (fragte Peggy Parnass bereits 1979).

Die Frauen der westlichen Welt fordern Gleichberechtigung. Bei dieser Forderung wird nicht befragt, welche Rechte das sind, mit denen wir gleichgestellt werden sollen. Die bestehenden Rechte werden als gegeben akzeptiert.

Zusammen mit Christina Schenk war ich im Herbst 2002 an einer Podiumsdiskussion in der Humboldt Universität beteiligt. Veranstalter war der Verband der Kritischen JurastudentInnen. Christina Schenk ist ehemalige PDS-Abgeordnete, radikale Befürworterin von Frauen ins Militär. Sie sagte in dieser Debatte: "Frauen müssen das Recht haben, jede Schweinerei begehen zu können, wenn sie das wollen." "Einige unsere besten Soldaten tragen Lippenstift". "Emma"

Bombardierungen werden aus dem sicheren Abstand des High Tech Krieges durchgeführt. Frauen sindauch Bomberpilotinnen.

Bei einer Diskussion mit einer britischen Bomberpilotin in Krefeld, die ihren Beruf so viel aufregender findet, als den Lehrerinnenberuf, den sie vorher ausgeübt hat, wurde ich gefragt: "Meinen Sie denn nicht, dass die Armeen jetzt durch die gleichberechtigte Teilnahme von Frauen am Krieg weiblicher und dadurch menschlicher werden?"

Was ist ein weiblicher Krieg?
Ich fragte die Bomberpilotin: "Was ist ein weiblicher Krieg? Was ist eine weibliche Bombardierung? Holen Sie die Bomben erst in die Maschine, streicheln sie, spritzen etwas Parfüm darauf und binden Schleifchen darum, bevor Sie sie abwerfen? Oder was ist es sonst?" Sie konnte die Frage nicht beantworten.

Die PilotInnen werfen die Bomben. Unten rennen Frauen und Kinder um ihr Leben. Etwa 80 - 90% aller Getöteten in den heutigen Kriegen sind Frauen und Kinder.

Wir winken von oben: "Schönen Gruß, diese Bombe wurde von einer Frau geworfen! Schönen Gruß von der Gleichberechtigung der Frauen aus den reichen Ländern."

Nicht das Geschlecht ist ausschlaggebend, sondern vielmehr, welchen Zurichtungen und Drangsalierungen zur Anpassung an den Dienst in hochgerüsteten Armeen die Menschen, Männer und Frauen, ausgesetzt sind. Die Marines, die Ledernacken, die Spezial Forces, die Geheimdienste und andere Militäreinheiten.

Die Funktion der Armeen, in denen Frauen und Männer Dienst tun, ist zu befragen. Welche Ziele verfolgen die US-Armee, die Bundeswehr, die NATO?

Was sind "die anderen Menschen"? Wer ist der "Feind"? Ist der Irak "Feindesland"? Im Irak sind über die Hälfte der Bevölkerung Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren. Was ist "die Achse des Bösen", "die Schurkenstaaten"? Wersind "die Terroristen"? Iran, Irak, Nordkorea, Kuba, Syrien, Al Kaida, Hamas? Oder sind es CNN, Coca Cola, McDonalds, Halliburton, Lockheed Martin, Bechtel, die US-Armee und andere?

Die Perspektiven sind unterschiedlich. Welche Mittel sindwem zur "Bekämpfung des Bösen" erlaubt? Vor allem, wenn man "Gott auf seiner Seite" hat, auf welcher Seite auch immer.

Beruf: Folterer
Foltern ist ein Handwerk, zu dem es wie bei jedem Handwerk, Ausbildungen gibt. Techniken werden gelernt, ÄrztInnen haben "wissenschaftliches Interesse", stellen ihre Kenntnisse zur Verfügung. In Georgia/USA gibt es eine Ausbildungsstätte des US-amerikanischen Militärs, die "School of the Americas". In dieser Schule wird systematisch zum Töten und Foltern ausgebildet. Zehntausende Männer, viele aus Lateinamerika, sind dort trainiert worden. Männer, die dann zum Beispiel Anführer der Contras und der Todesschwadronen geworden sind. Unter ihnen waren Roberto D`Aubuisson, Chef derTodesschwadronen in El Salvador, der Mörder von Erzbischof Oscar Romero, und Noriega, Drogenpräsident von Panama.

Hunderttausende Menschen sind Opfer dieser Männer geworden.

In den USA haben sich viele FriedensaktivistInnen für eine Schließung dieser Schule eingesetzt. Zweimal wurde von einem Sohn Robert Kennedys, Kennedy Junior, Kongressabgeordneter, der Antrag im Kongress zur Schließung der Schule eingebracht.

Beide Male wurde die Schließung abgelehnt. Wie diese Schule arbeitet, ist u.a. in dem Film: "Die Mörderschule", dokumentiert, ausgestrahlt im WDR.

In den Gefängnissen in El Salvador waren nachweislich US-amerikanische Ärzte bei den Folterungen anwesend. Sie testeten, wie lange Menschen bestimmte Folterungen aushalten können. Vergewaltigung von Frauen und Männern, tagelanges Stehen, Wasser aus der Kloschüssel trinken, mit Säure übergießen, Schläge vor den Augen der Kinder, Tonbänder, auf denen Schreie der Kinder den Gefangenen vorgespieltwurden, die "Capuche" überziehen. Das ist ein mit Leim gefüllter Plastiksack, der den Gefangenen über den Kopf gezogen wird, bis die Lungen sich mit Leim gefüllt haben. Kinder von AktivistInnen werden mit Absicht von Militär-LKW`s überfahren. Es gibt viele Praktiken. Dokumentiert sind viele der Verbrechen über Filme wie: "Beruf: Folterer" über Männer aus verschiedenen Ländern, u.a. aus Israel und Argentinien. (Ebenfalls ausgestrahlt vom WDR), Weitere Filme sind "Conavigua - Die Witwen Guatmemalas", "Oscar Romero" und andere.

Es gibt eine Kontinuität von Folter und von denen, die sie befehlen. John Negroponte, Befehlshaber der Folter aus sicherem Abstand.

Zur Zeit ist John Negroponte noch Botschafter der USA bei der UNO. Designiert als Botschafter der größten Botschaft der USA, das ist die im Irak. Ausgerechnet Negroponte. Seine Karriere begann in der Vietnamkriegsära. In der Zeit der schlimmsten Diktaturen, Kriege und Folterpraktiken in den 80erJahren in Mittelamerika, war Negroponte Botschafter in Honduras. Er spielte eine gewichtige Rolle in der Iran-Contra Affäre, in der Gelder aus geheimen Waffenverkäufen an den Iran für Unterstützung der rechten Contrabewegungen zum Sturz der Sandinisten, der FMLN und anderer revolutionärer Bewegungen verwandt wurden. Die Contras und Todesschwadronen überzogen Nicaragua, El Salvador, Guatemala und andere Länder Lateinamerikas. In Honduras waren Trainings- und Militärcamps, viele der Operationen starteten von dort aus.

Das 2. Internationale Russell-Tribunal fand zu Folter in Lateinamerika statt. Dort sind viele Dokumente und Zeugenaussagen zusammentragen worden.

Die hoch angesehenen Mörder
Der Irak ist seit zwanzig Jahren in einer permanenten Kriegssituation. Alle nur vorstellbaren Gräuel sind in diesem Krieg verübt worden. Flächenbombardements mit Bomben und Raketen, die pro Stück 365.000 US$ kosten, mit geächteten Waffen wie Napalm, Uranmunition, Daisy Cutter und anderen Perversionen, erdacht in kranken Gehirnen von (nahezu ausschließlich) Männern in den Erfinderwerkstätten der "zivilisierten Welt". Oder wie soll man es anders als krank bezeichnen, wenn der Beruf darin besteht, jeden Tag zur Arbeit zu gehen und immer neue Tode zu erfinden, Tode, die entsetzlich qualvoll sind. Menschen werden zum Experimentierfeld dieser "WissenschaftlerInnen".

Diese WissenschaftlerInnen machen ihre Arbeit aus dem sicheren Abstand der Theorie, der Forschung und des Geldes. Sie sind hoch bezahlt und hoch angesehen. Wie viele Tode, wie viele Krüppel, Schmerzen und Leid sie zu verantworten haben, wird nicht gezählt.

Die unterschiedliche Wahrnehmung
Die Anzahl der getöteten US-amerikanischen oder der Koalitionssoldaten ist bekannt. Nicht bekannt ist, wie viele IrakerInnen, vor allem ZivilistInnen, getötet, verletzt, verstümmelt wurden.

Menschenrechtsverletzungen
Der Irak wurde mit dem UN-Embargo belegt.Dieses Embargo hat 1 Million 500.000 IrakerInnen das Leben gekostet. Darunter etwa 500.000 Kinder.

"Dass wir das Embargo so gut durchgehalten haben, war - zwar bedauerlich - den Tod einer halben Million Kinder wert." Madeleine Albright, Außenministerin im Kabinett Bill Clinton. Sie ist wegen dieser Äußerung nicht entlassen und bestraft worden.

Verseuchung des Wassers, Zerstörung der Wasseranlagen, systematische Entwicklung von Hunger Die Wasserversorgung im Irak ist weitgehend zerstört. Zehntausende von Kindern leiden an Folgen des Gebrauchs von Uranmunition, die Rate der Missbildungen bei Neugeborenen ist unvorstellbar hoch. Die Landwirtschaft ist durch die Verminung und Verseuchung erheblich behindert. Nahezu 70% der irakischen Bevölkerung kann ohne Lebensmittelhilfe nicht überleben.

Die Hausdurchsuchungen durch die Koalitionstruppen im ehemaligen Jugoslawien, im Irak, in Afghanistan und anderen Kriegsgebieten entbehren jeder Achtung vor dem Persönlichkeitsrecht.

"DIE TÜR ÖFFNET SICH RASCH DURCH EINEN FUßTRITT. S. WEIß, WAS SIE GERADE SIEHT, IST DAS GESICHT DES KRIEGES: JEMAND ÖFFNET EINFACH DIE WOHNUNGSTÜR UND DER KRIEG TRITT IN DAS LEBEN, IN DEN MENSCHEN."

SLAVENKA DRACULIC, ALS GÄBE ES MICH NICHT

Alles das geschieht nicht zufällig, aus Versehen, oder weil einzelne besonders gewalttätig oder sadistisch sind. Missachtung, Verletzung, Erniedrigung, Tötung "des Anderen" ist immanenter Bestandteil eines jeden Krieges, gleichgültig, von wem er gefhürt wird. Man wundert sich über Gefolterte und Tote im Krieg! Merkwürdig.

Kontakt: Lothringer Str. 64, 46045 Oberhausen, Tel.: 0208/853607 Fax: 853716, email: Friedensa [at] aol [dot] com
 

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Ellen Diederich, Internationales Frauenfriedensarchiv Fasia Jansen e.V.