Ferien vom Krieg 2009

Schritte zur konkreten Utopie einer friedlichen Welt

von Helga Dieter
Initiativen
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( c ) Netzwerk Friedenskooperative

Seit fünfzehn Jahren findet die vom Komitee für Grundrechte und Demokratie durchgeführte Aktion „Ferien vom Krieg“ eine erstaunliche Unterstützung bei Mitgliedern der Friedensbewegung: Über 20.000 Kinder und Jugendliche aus Krisen- und Kriegsregionen konnten auf der Grundlage privater Spenden und Sammlungen gemeinsam mit Gleichaltrigen aus den verfeindeten Gebieten zwei gemeinsame Wochen verleben.

Trotz vieler Warnungen, dass es bei solchen Begegnungen zwischen den aufgebrachten Jugendlichen unweigerlich zu Tätlichkeiten kommen würde, wenn sich zu Hause die Kämpfe zuspitzen, gab es bisher keinerlei Gewalt.

Auch für den Sommer 2009 sind wieder Freizeiten mit friedenspädagogischen Workshops, vielen Freizeitaktivitäten und Ausflügen für 350 Jugendliche aus den verfeindeten Gebieten des ehemaligen Jugoslawien geplant. Trotz oder wegen der militärischen UN-Präsenz sind solche Zusammenkünfte auch 13 Jahre nach dem Krieg immer noch außerordentlich selten. Der Alltag der Jugendlichen ist von den verheerenden wirtschaftlichen und psychischen Kriegsfolgen gekennzeichnet. Das Bedürfnis nach Informationen und Aufklärung über die Eskalation der Gewalt während der Balkankriege wird in den meisten Elternhäusern und Schulen abgewehrt. Bei den Freizeiten können diese Fragen von Jugendlichen aus Bosnien, Kroatien und Serbien aus gegensätzlicher Perspektive miteinander bearbeitet werden.

Gemeinsame Gruppen aus dem brodelnden Dreiländereck Südserbien, Mazedonien und Kosovo zu organisieren, ist noch schwieriger, und die Prozesse sind noch sensibler.

Im Sommer 2009 sind wieder Seminare mit fast 200 jungen Menschen aus Israel und Palästina geplant, darunter auch einer Frauengruppe. Sie kommen nach Deutschland, um zum ersten Mal unter gleichwertigen Bedingungen mit „den Anderen“ zu sprechen. Die Darstellung der persönlichen Betroffenheit durch Kriegsängste und –verletzungen, wie den Verlust von Angehörigen und Freunden, ist aufwühlend, zumal angesichts der „Terroristen“ bzw. „Besatzer“ von der anderen Seite. Nationale Propaganda und historische Mythen werden auf dem Prüfstand der Gegenseite als Zweckpropaganda und Kriegslügen der jeweils Herrschenden entlarvt und brechen in den zwei Wochen zusammen.

Nach diesem intensiven Wechselbad der Gefühle haben die meisten TeilnehmerInnen das Bedürfnis, in Kontakt zu bleiben, manche planen gemeinsame Aktivitäten. Das ist aufgrund der politischen Verhältnisse nicht einfach zu realisieren, doch es gibt dazu viele Ansätze.

Während des Gazakrieges schien es zweifelhaft, ob die Begegnungen auch im Sommer 2009 stattfinden könnten, doch die jungen Menschen in Israel und Palästina wollen die Friedensgespräche auf Graswurzelebene weiterführen, nachdem alle offiziellen Verhandlungen seit Jahrzehnten gescheitert sind.

In Nablus/Westbank freuen sich wieder 100 in der Stadt eingeschlossene Kinder, die seit Jahren unter nächtlichen Razzien leiden, auf Ferienspiele und ein großes Fest.

In der Hoffnung, dass die Grenzübergänge zum Gaza-Streifen bald geöffnet werden, sollen sich die geschundenen Kinder von Gaza in Ägypten bei „Ferien vom Krieg“ erholen können. Dazu werden Vorbereitungen getroffen.

Die sozialen Prozesse bei den Freizeiten werden in der jährlichen bebilderten Broschüre anschaulich geschildert. Darüber hinaus sind auf der Webseite viele Briefe, Interviews, Zeitungsartikel, Beiträge aus dem Chatroom, Fernsehberichte usw. dokumentiert.

Kontakt
Helga Dieter, Tel. 069-7892525
ubihedi [at] t-online [dot] de
www.ferien-vom-krieg.de

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