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21. Dreijahreskonferenz der War Resisters' International im Dezember 1994 in San Leopoldo / Brasilien
Viver é Resistir - Die Kette der Gewalt aufbrechen
von
War Resisters' International (WRI) ist ein internationales Netzwerk, das nicht nur dem Widerstand gegen Krieg, sondern auch dem Mittel der gewaltfreien Aktion zur Beseitigung der Kriegsursachen verpflichtet ist. Gegründet 1921 in den Niederlanden und traditionell eher von den Friedensbewegungen Westeuropas und der USA geprägt, bemüht sich die WRI in den letzten Jahren, eine wirklich internationale Organisation zu werden und die Zusammenarbeit mit gewaltfreien Bewegungen vor allem in Asien, Afrika und Lateinamerika zu verstärken.
1960 tagte mit der 10. WRI-Dreijahreskonferenz die WRI zum ersten Mal in einem Land der "Dritten Welt" - sicherlich nicht zufällig in Indien. 25 Jahre hat es gedauert, bis 1985/86 wieder eine Dreijahreskonferenz in einem Land der "Dritten Welt" abgehalten wurde - erneut in Indien. Das Motto "Widerstand und Aufbau - Die Macht der Gewaltfreiheit" machte deutlich, daß sich die WRI nicht nur als antimilitaristische Organisation versteht, sondern unter der "Beseitigung aller Kriegsursachen" (WRI-Grundsatzerklärung) vor allem auch die Arbeit für eine gerechtere Weltwirtschaftsordnung versteht.
Aktuell ist die WRI vor allem an der Unterstützung von Friedensgruppen im ehemaligen Jugoslawien beteiligt. Hier ist die WRI eine der TrägerInnen des Balkan Peace Team, das durch eine internationale Präsenz vor Ort versucht, zwischen den Konfliktparteien zu vermitteln und Menschenrechtsverletzungen zu verhindern.
Ein weiteres, z.Zt. aktuelles Thema ist die Unterstützung von Kriegsdienstverweigerern in der Türkei. Hier kam es am 17. Mai diesen Jahres nach einer Pressekonferenz zu Verhaftungen von türkischen KDVern und Mitgliedern einer deutschen Beobachterdelegation. Gegen die türkischen KDVer, von denen sich z.Zt. noch zwei im Gefängnis befinden, wird ein Verfahren wegen des "Versuches, das Volk vom Militär zu distanzieren", zu erwarten sein.
Ende 1992 hat die WRI unter dem Titel Women Overcoming Violence - Frauen überwinden Gewalt - eine internationale Frauenkonferenz in Bangkok veranstaltet. Auf dieser Konferenz, an der 170 Frauen aus 63 Ländern teilgenommen haben, ging es um Gewalt gegen Frauen, Militarismus und Sexismus, Sextourismus etc... und gewaltfreie Gegenwehr von Frauen gegen Männergewalt.
Mit der Konferenz in Brasilien findet in diesem Jahr zum ersten Mal ein solches WRI-Treffen in einem lateinamerikanischen Land statt. Dies scheint interessant und vielversprechend, denn in Lateinamerika gibt es starke gewaltfreie Bewegungen, die über eine breite Verankerung in der Bevölkerung verfügen, und die auf langjährige Erfahrungen im Kampf gegen Unterdrückung und soziale Ungerechtigkeit zurückblicken können.
Gerade in den lateinamerikanischen Ländern wird deutlich, wie sehr sich ungerechte Strukturen in alltäglichen Gewalterfahrungen auswirken. Gewalt im Alltag wird häufig am schärfsten im Süden erfahren, aber folgt man/frau den Gliedern dieser "Kette der Gewalt", kann ihr Ursprung oft im reichen Norden gefunden werden.
Daher wird es unter dem Motto "Die Kette der Gewalt aufbrechen" auf der diesjährigen Dreijahreskonferenz darum gehen, Zusammenhänge zwischen verschiedenen Formen von Gewalt zu erkennen, zu analysieren und Ansatzpunkte für Strategien und für eine gewaltfreie Veränderung hin zu mehr Gerechtigkeit zu entwickeln.
Die Diskussionen auf der Dreijahreskonferenz drehen sich um gewaltfreie Ansätze an jedem Glied der "Kette der Gewalt". Themen der Konferenz sind z.B.:
* Frauen gegen Militarismus und Gewalt;
* Interkultureller Austausch zum gewaltfreien Training;
* Wehrpflicht und Kriegsdienstverweigerung;
* Übergang zur Demokratie;
* Rassismus, Nationalismus, ethnische Konflikte und indigene Völker;
* Alltagsgewalt: Soziale und städtische Un-Sicherheit;
* Alternativen zu Waffen: direkte gewaltfreie Interventionen und Soziale Verteidigung;
* Militarisierung und Umwelt;
* Strategien für eine gerechte Wirtschaft
* Die Vereinten Nationen - können sie mehr sein als ein Club der Sieger?
Die WRI strebt an, möglichst vielen Menschen aus Ländern der "Dritten Welt" die Teilnahme zu ermöglichen. Ein wichtiges Ziel der Konferenz ist der Austausch zwischen gewaltfreien Bewegungen und AktivistInnen aus den verschiedenen Regionen des Südens.
Auch die WRI-AG der Föderation Gewaltfreier Aktionsgruppen (FöGA), die eine der deutschen WRI-Sektionen ist, will zu einer besseren Süd-Süd-Vernetzung ganz konkret beitragen und hat sich deshalb vorgenommen, die Flug- und Teilnahmekosten für eine Frau aus Indien zu finanzieren: Saswati Roy ist Mitarbeiterin der indischen WRI-Sektion Swadhina, die ihren Sitz in Kalkutta hat. Swadhina kritisiert die zunehmende Industrialisierung und Kapitalisierung Indiens, die bei den benachteiligten Bevölkerungsschichten die Armut nur noch verstärkt und vor allem Frauen zu Opfern von Gewalt macht.