Widerstand

von Jochen Stay
Schwerpunkt
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Manche Chancen erhalten soziale Bewegungen nur einmal. In der aktuellen Situation besteht die reale Möglichkeit, die Reaktoren reihenweise vom Netz zu blockieren und gleichzeitig einen schnelleren Stopp der Wiederaufarbeitung durchzusetzen, als ihn Atomwirtschaft und Bundesregierung gerne hätten. Wer in diesem Ansinnen einen Anflug von Größenwahn vermutet, der/dem sei eine einfache Rechnung nahegelegt: Entscheidend ist nicht, ob bei jedem Transport Tausende präsent sind, sondern dass die Polizei beim ersten Transport so viele Überstunden macht, dass erstmal Ruhe ist. Wir wissen von Gorleben und Ahaus, dass die Polizei kräftemäßig pro Jahr nur einen 30.OOO-Mann/Frau-Einsatz schafft, 30.000 PolizistInnen sind dann nötig, wenn ca. 10.000 QuerstellerInnen erwartet werden. Schafft es die Anti-AKW-Bewegung also, zum ersten Transport 10.000 Menschen zu mobilisieren, dann war erste Transport - ob er durchkommt oder nicht - auch der letzte für etwa 12 Monate (siehe dazu auch die Einschätzung des niedersächsischen Innenministers). Und selbst wenn die Polizei diesen Kraftakt zweimal im Jahr schafft, reicht das noch lange nicht aus, um die Entsorgungsengpässe zu beseitigen.
Wenn alle Menschen, die die Nutzung der Atomenergie aus den unterschiedlichsten Gründen für unverantwortbar halten, in den nächsten Monaten nicht wie das Kaninchen nach der Schlange auf die Konsensgespräche starren, sondern selbst aktiv dafür sorgen, dass keine Castor-Transporte mehr rollen, dann wird das die AKW-Betreiber in größere Schwierigkeiten bringen, als alle rot-grünen Ausstiegs-Rhetorik zusammen. Schön ist an dieser erfolgversprechenden Handlungsperspektive auch, dass da nicht "nationale Interessen" gepflegt werden, sondern in enger Zusammenarbeit mit Initiativen aus Frankreich und Großbritannien gemeinsamer Widerstand entsteht.

Nachdem die Anti-Atom-Bewegung in den letzten Monaten angesichts des Bonner Theaters etwas ratlos erschien, ergeben sich aus der neuen Situation konkrete und erfolgversprechende Handlungsoptionen. Dabei können die Initiativen auf große Unterstützung aus der atomkritischen Öffentlichkeit rechnen, denn viele sind völlig enttäuscht von Rot-Grün.

Also: Die internen Atommüll-Lager platzen. Die Atomindustrie reagiert erst panisch, scheint durch die Erlaubnis, weiter zur WAA transportieren zu können aber beruhigt. Und die AtomkraftgegnerInnen? Ran an die WAA-Transporte! Vielfältiger Widerstand ist angesagt. Wir lassen sie nicht mehr raus: "Verstopfungs-Strategie" und Stopp der Wideraufarbeitung. Gleichzeitig Sand ins Getriebe bei Genehmigung und Bau der neuen Zwischenlager. Wann, wenn nicht jetzt?

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