Japanisches Friedenskomitee zu G8

Wir gehören alle einer weltweiten Bewegung an

von Tadaaki Kawata

Es war der Tag an dem der landesweite Kongress des Japanischen Friedenskomitees beginnen sollte, der 9. Juni, als ich frühmorgens am Flughafen ankam. Eben erst von dem G8-Alternativgipfel zurückgekehrt, stand ich mehr als 20 Stunden nach meiner Abreise aus Rostock am Rednerpult in der Kongresshalle in Kyoto und berichtete von den Protesten rund um den G8-Gipfel. Mehr als 400 Delegierte aus ganz Japan waren gekommen, und alle verfolgten gespannt die Bilder auf dem Großbildschirm und meinen Bericht von den verschiedenen Aktivitäten in Rostock und Heiligendamm.

Die Teilnehmer applaudierten, für mich ganz unerwartet, als ich von der Demonstration am 2. Juni berichtete, und von dem farbenfrohen Aktionstag gegen Krieg, Folter und Militarismus in Warnemünde und am Flughafen Rostock Laage. Für die Zuhörer war es wie ein frischer Windhauch, als sie von den Aktionen und Protesten hörten, die kraftvoll aber gewaltlos waren. Bisher hatten meine Zuhörer keine Möglichkeit gehabt zu erfahren, wie es wirklich war, denn in den japanischen Medien wurden nur immer wieder die Gewaltszenen gezeigt.

Ein Delegierter aus Tokio sagte mir später: "Es war für uns alle wirklich gut zu erfahren, wie erfolgreich die Proteste gegen den G8-Gipfel waren. Ich hatte während des Berichts das Gefühl wir gehörten alle einer weltweiten Bewegung an. Das ist für uns sehr ermutigend."

Weshalb bin ich nach Rostock gekommen
Gerade in einer Situation, in der die USA gemeinsam mit ihren Verbündeten die Militärbasen für die Strategie des Angriffskriegs restrukturieren, halten wir es für uns wichtig, den internationalen Austausch und die Solidarität in der Bewegung gegen Militärbasen weiter auszubauen. Bisher unterhält das Japanische Friedenskomitee mit den Friedensbewegungen in Asien, insbesondere in Südkorea, auf den Philippinen und in Australien gute Kontakte. In den vergangenen Jahren haben wir aber auch unsere Kontakte nach Europa sowie nach Nord- und Lateinamerika ausgeweitet.

So war ich im Dezember 2005 auf Einladung des Deutschen Friedensrats in Deutschland und habe am Kasseler Friedensratschlag teilgenommen. Dort bin ich auch Kristian Golla vom Netzwerk Friedenskooperative begegnet und wir haben über die Kampagne "Atomwaffen Abschaffen" gesprochen: In einem Workshop auf dem Kasseler Friedensratschlag berichtete ich über US-Militärbasen in Japan und über die Bewegung gegen diese Militärbasen. In den vergangenen Jahren waren Friedensaktivistinnen und Friedensaktivisten aus Deutschland in Japan und haben an der Internationalen Konferenz gegen Atombomben, die alljährlich vom 5. bis 9. August in Hiroshima und Nagasaki stattfindet, teilgenommen. Diese Begegnungen führten zu einem besseren gegenseitigen Verständnis und wir sehen mit großem Interesse, wie sich auch in Deutschland Friedensaktivistinnen und Friedensaktivisten mit dem Thema "Militärbasen" beschäftigen.

Deshalb war es sicher auch kein Zufall, dass auf dem Alternativgipfel in Rostock der Workshop "G8 = Intervention and Occupation" stattfand, der vom internationalen Netzwerk gegen Militärbasen durchgeführt und vom Deutschen Friedensrat vorbereitet wurde. Ich habe gemeinsam mit Walden Bello, Boris Kagarlitsky aus Moskau und Andrea Licata vom Comitate Vicenza als Referent an diesem Workshop teilgenommen. Am gleichen Tag fand auch der Workshop "Kriegsvorbereitung auf dem Bombodrom" statt. Dort trafen sich Friedensaktivistinnen und Friedensaktivisten, die in der Bewegung gegen Militärbasen aktiv sind, zu einem Erfahrungstausch. Für mich war es sehr interessant, mehr über die Friedensarbeit und die Entwicklungen der Bewegung gegen Militärbasen in Deutschland und in Europa zu erfahren.

Es war wohl das erste Mal, dass im Rahmen eines Alternativgipfels ein solcher Workshop angeboten wurde, und ich habe gerne an diesen Workshops teilgenommen, denn ein solcher Austausch ist wichtig.

Einen weiteren Grund gab es noch für mich, diese Reise zu unternehmen. Ich war sehr daran interessiert, Informationen und Analysen über die Rolle, die die Friedensbewegung in der Sozialforumsbewegung hat, zu bekommen und mit nach Japan zu nehmen. Die Frage von Krieg und Militarismus hat seit dem Weltsozialforum 2002 in Porto Alegre einen festen Platz auf den Sozialforen. Die "Internationale Konferenz zum Verbot von fremden Militärbasen", die letzten März in Ecuador stattgefunden hat, war ein direktes Ergebnis davon, und das Gleiche gilt auch für die Workshops auf dem Alternativgipfel.

Der Alternativgipfel zeigt, dass die Friedenbewegung mehr und mehr integriert ist in die weltweiten sozialen Bewegungen. Dies gibt uns auch mehr Möglichkeiten zur Aktionseinheit in einer vielfältiger werdenden Friedensbewegung.

Wie die Friedensbewegung in Japan die Europäische Friedensbewegung sieht
Viele Delegierte unseres Kongresses baten mich, nachdem sie meinen Bericht gehört hatten, um Informationen über die Friedensbewegung in Europa.

So bestand zum Beispiel großes Interesse daran, mehr über die Aktivitäten in der FREIen HEIDe am Bombodrom zu erfahren. Diese Aktionen hatten sofort die Sympathien der Friedensaktivisten und Friedensaktivistinnen, die selbst gegen Truppenübungsplätze der US-Marine kämpfen und die ein Ende der Militärübungen fordern.

Im Zusammenhang mit der Schließung von Militärbasen haben in Japan, insbesondere in Okinawa, ökologische Fragen eine große Bedeutung, hier gibt es Gemeinsamkeiten mit der Bewegung in Vicenza in Italien, wo Anwohner gegen die Erweiterung des US-Luftwaffenstützpunkts kämpfen und für eine Konversion der bestehenden Militäreinrichtungen eintreten. Die wachsende Bewegung gegen die Raketenschilde in der Tschechischen Republik hat unsere volle Solidarität, denn auch in Japan sind Raketenschilde installiert und sie sind für uns eine brennende Frage im Zusammenhang mit den Plänen zur Reorganisation der US-Basen in Japan.

Alle diese Informationen und Erfahrungen sind für die Friedensbewegung in Japan sehr wertvoll, denn wir erkennen, dass die Probleme weltweit gleich sind.

Was kommt als nächstes?
Im August findet die alljährliche Internationale Konferenz gegen Atomwaffen in Hiroshima und Nagasaki statt, zu der wir auch Teilnehmer aus Deutschland erwarten. Es war für uns auch ermutigend, während des G8-Gipfels lokale Gruppen zu sehen, die für die Abschaffung der Atomwaffen eintreten.

Im November dann wird das Japanische Friedenkomitee zusammen mit vielen anderen Organisationen eine landesweite Friedenskonferenz durchführen, die unter dem Motto steht "Für die Kündigung der japanisch-amerikanischen Militärallianz und für die Schließung der Militärbasen". Bei der Vorbereitung werden wir auch darüber sprechen, wie wir die internationale Solidarität in der Bewegung gegen Militärbasen weiterentwickeln können. Die Erfahrungen aus Rostock können uns dabei helfen.

2008 ist in Japan ein Jahr mit vielen Herausforderungen für die Friedensbewegung. Zunächst findet im Mai eine internationale Konferenz der Artikel 9-Bewegung statt(1). Sie bietet Gelegenheit, über die Schaffung einer friedlichen Weltordnung auf Grundlage der Prinzipen des Artikel 9 der japanischen Verfassung ausführlich zu beraten.

Der G8-Gipfel 2008 ist im Juli in Japan. Der Tagungsort dieses Gipfels, Hokkaido, hat eine ganz besondere Bedeutung für die Anti-Bases Bewegung. In der Vergangenheit wurde Hokkaido zum Bollwerk gegen die Sowjetunion ausgebaut, und dort waren starke japanische Armeeverbände stationiert. Bis heute ist dort ein großer Truppenübungsplatz der japanischen Selbstverteidigungsarmee, der jedoch auch von US-Streitkräften genutzt wird.

Inzwischen haben auch die Vorbereitungen für die Aktivitäten um den Hokkaido-Toyako Gipfel begonnen. In den nächsten Monaten werden wir diese Aktivitäten noch erheblich verstärken.

Zum Schluss möchte ich noch erwähnen, dass wir gerade dabei sind, eine Reise nach Deutschland zu organisieren. Eine Gruppe von 20 Friedenaktivisten wird im August Deutschland besuchen, und ich hoffe, das ist eine weitere Möglichkeit, unsere freundschaftlichen Beziehungen zu vertiefen.

Tadaaki Kawata ist Mitglied des geschäftsführenden Vorstands des japanischen Friedenskomitees. Er ist aktiv in der Friedenserziehung tätig und Autor des Buchs "Personal Wars". Das Japanische Friedenskomitee ist die älteste Friedensorganisation in Japan und wurde 1949 gegründet. Das es seine Arbeit während der amerikanischen Besatzungszeit begann, sind bis heute Militärbasen und Militär-Bündnisse Schwerpunkte der Arbeit und der Aktivitäten. Das Japanische Friedenskomitee hat mehr 20.000 Mitglieder und bringt die Wochenzeitung "Friedensnachrichten" (Heiwa Shinbun) und ein monatlich erscheinendes Magazin "Friedensbewegung" (Heiwa Undou) heraus.

Anmerkung

  1. Der Artikel 9 der Japanischen Verfassung enthält den Verzicht auf das Recht zur Kriegsführung. Dieser Verfassungsartikel gerät jedoch zunehmend in Widerspruch zur Realität. Aus diesem Grund gibt es seit Jahren Bemühungen diesen Artikel zu ändern oder abzuschaffen. Dagegen gibt es einen großen Widerstand, und es ist eine Bewegung entstanden, deren Ziel die Erhaltung des Artikels 9 ist. Inzwischen hat diese Bewegung mehr als 6000 aktive Gruppen.

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Rubrik

Friedensbewegung international