"Diese Arbeit ist wie ein unbedeutender Eunuch am Hof des kaiserlichen China.“

Dies sind die Worte des ehemaligen Hollywood-Verbindungsmannes des Pentagon, Phil Strub, der das Entertainment Liaison Office (ELO) des US-Militärs leitete. Das ELO hat Tausende von Filmen und Fernsehsendungen in PR-Fahrzeuge für die amerikanische Kriegsmaschinerie verwandelt, eine Operation, die so erfolgreich war, dass sie von CIA, FBI, NSA und Homeland Security kopiert wurde.

Strub hatte ein Interesse daran, den Einfluss der ELO im Pentagon herunterzuspielen. Die Öffentlichkeit wäre natürlich beunruhigt, wenn sie wüsste, dass er über Macht verfügte, die mit Medienmogulen wie Rupert Murdoch oder Jeffrey Katzenberg konkurrierte. Tatsächlich sind die Beweise inzwischen überwältigend, dass dies einer der dominierenden Propagandaapparate auf dem Planeten ist, der die Narrative der Popkultur prägt, die weltweit von Milliarden Menschen konsumiert wird.

In den letzten Jahren hat unsere Forschungsgruppe die Freigabe von Zehntausenden Seiten von Dokumenten erzwungen, ein endgültiger Beweis dafür, dass viele Tausende Filme, Videospiele und Fernsehsendungen durch die Filter der ELO gegangen sind. Das Pentagon hat die Produzent*innen dazu gebracht, zahllose Hinweise auf die endemischen internen Probleme des Militärs (sexuelle Übergriffe, Selbstmorde von Veteranen, institutioneller Rassismus), Kriegsverbrechen (Staatsstreiche, Attentate, Folter, Massenvernichtungswaffen), militärische Inkompetenz (Beschuss durch eigene Truppen, Verlust der Kontrolle über Atomwaffen, Niederlagen auf dem Schlachtfeld) und andere kontroverse Themen (Privatarmeen, Ressourcenkriege, Waffenhandel) zu entfernen. Darüber hinaus ändert das Pentagon routinemäßig Drehbücher mit Rekrutierungs- und Waffenwerbung und der Vorstellung, dass militärische Gewalt wirksam ist. Manchmal verlangen sie eine "komplette Neufassung", ein anderes Mal weigern sie sich einfach, den Film zu unterstützen, was die Produktion des Films erschwert oder oft sogar unmöglich macht.

Die Einsätze sind hoch. Wären die USA in den Krieg im Irak gezogen, wenn das Pentagon nicht geholfen hätte, Top Gun zu produzieren? Die ELO selbst stellt fest, dass der Film „die Wiederherstellung des Images des Militärs, das durch den Vietnamkrieg zerstört worden war, abgeschlossen hat". Und laut Produzent Jerry Bruckheimer wäre er ohne die Zusammenarbeit mit dem Pentagon nicht möglich gewesen.  Überlegen Sie, ob die westliche Bevölkerung die Risiken eines Krieges mit dem Iran oder die hohe Zahl der Todesopfer im Jemen so bereitwillig akzeptieren würde, wenn wir nicht in einem Meer feindseliger Darstellungen muslimischer Länder von Homeland (CIA) bis Lone Survivor (Pentagon) geschwommen wären?

Natürlich gibt es weltweit noch andere Systeme der Täuschung: totalitäre Staaten wie China und Nordkorea, internationale russische Trollingoperationen, der überraschend geschickte Medienarm des ISIS. Aber das Pentagon und die CIA sind etwas Besonderes. Wir sprechen von der mächtigsten Militär-/Intelligence-Operation auf dem Planeten, die sich die mächtigste Unterhaltungsindustrie der Welt zunutze macht. Darüber hinaus arbeiten sie aus einer liberalen Demokratie heraus, was ihre Operationen nicht nur besonders verabscheuungswürdig macht, sondern ihnen auch Deckung gibt.  
Der Hoffnungsschimmer ist, dass die ELO zerbrechlich ist. Es gab mehrere Gelegenheiten, bei denen Gesetzgeber in den USA ihre Abschaffung gefordert haben. In jüngster Zeit hat das Pentagon die Notwendigkeit erkannt, Kritiker*innen zu beruhigen, dass die US-Steuerzahler*innen die Rechnung nicht begleichen müssen, auch wenn es Beweise für, sagen wir mal, "innovative" Buchhaltungspraktiken gibt, die die Studios immer wieder für noch mehr Geld anklopfen lassen. Die ELO argumentiert, dass die Skriptänderungen klein seien, nur um die Genauigkeit zu gewährleisten, und dass nichts davon auf Zensur oder Propaganda hinauslaufe. Diese Abwehrkampagne deutet darauf hin, dass die Öffentlichkeit die ELO immer besser versteht. Es ist längst überfällig, Maßnahmen zu ergreifen. Jetzt, da wir über eine solide Dokumentation ihrer Aktivitäten verfügen, gibt es eine Öffnung.

Was kann also getan werden? 

Es gibt keine einfache Antwort, aber es gibt eine Reihe von Optionen.

Boykott. Manchmal sickert die Tatsache, dass das Pentagon oder die CIA bei einem Film kooperiert haben, durch die Presse. Warum weigern Sie sich nicht öffentlich, für staatlich geförderten Schund wie Top Gun 2 oder Captain Marvel zu zahlen?

Nutzen Sie die Seiten für Filmrezensionen! Ganze Kulturkampagnen haben ihre Botschaft über solche Kanäle verstärkt. Heutzutage kann eine Rezension Widerstand sein.

Verbessern Sie Ihre visuelle Ernährung und unterstützen Sie innovativere Arbeit. Schauen Sie sich The Boys an, eine glühende Anti-Superhelden-/Anti-Unternehmenssatire aus Amazon Prime, die populärer wurde als jede Marvel-Serie, was vor den Streaming-Diensten unmöglich schien. In ähnlicher Weise waren District 9 und Get Out experimentelle antirassistische Filme, die keineswegs Erfolgsgaranten waren, sondern vom Publikum angenommen wurden.

Verbreiten Sie Informationen. Ziehen Sie in Erwägung, eine Vorführung unseres kommenden Films Theaters of Command (Media Education Foundation, 2020) zu veranstalten. Wenn Sie in die Dokumente einsteigen wollen, ist die beste Ressource SpyCulture.com, betrieben von Tom Secker, die eine Analyse von Pentagon- und CIA-Dokumenten enthält, die er durch unerbittliche Anfragen unter Berufung auf den Freedom of Information Act aufgedeckt hat. 

Schließen Sie sich dem Kampf für Transparenz an. Beschämen Sie die USA, indem Sie verlangen, dass die Regierung die Dokumente freigibt, von denen Millionen von Seiten noch immer unter Verschluss sind. (Während einer unserer jüngsten Schlachten um die Beantragung von Dokumenten gab die Navy beispielsweise zu, dass sie 240.000 Seiten mit Skriptnotizen für Filme und Fernsehsendungen, die sie unterstützt hat, zurückhält). Das Haushaltsgesetz für den Nachrichtendienst für 2017-18 enthielt eine Richtlinie, die auf einem Jahresbericht besteht, der Auskunft darüber gibt, was die ELOs der Nachrichtendienste vorhaben. Verlangen Sie, dass sie ihn veröffentlichen. Wenn sie den Bericht herausgeben, sollten Sie ihn genauestens prüfen. Demokratische Nationen sollten auf einer automatischen Offenlegung bestehen, vor allem in Deutschland, wo sich das Militär bei der Unterstützung von Reality-Shows wie Die Rekruten an die USA angelehnt hat. 

Jahrzehntelang ist es dem Pentagon und der CIA gelungen, sanierte und hurrapatriotische Erzählungen zu produzieren. Aber wir stellen uns einen besseren Film vor: In einer Welt, in der das Imperium über den Globus marschiert und ein verführtes Hollywood ihm zujubelt, erheben sich die Menschen, um die Maschine aufzuhalten. Demnächst in diesem Theater.

Roger Stahl ist Direktor von Theaters of Command und Professor für Kommunikationswissenschaften an der University of Georgia. Matthew Alford und Tom Secker sind Autoren von National Security Cinema und Koproduzenten des Dokumentarfilms, der ab Ende 2020 von der Media Education Foundation vertrieben wird.
Übersetzung: C. Schweitzer