25 Jahre Trägerkreis Atomwaffen abschaffen

Atomwaffen abschaffen - bei uns anfangen

von Marvin Mendyka
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Seit 1994 engagiert sich der Trägerkreis für eine Ächtung von Atomwaffen und eine atomwaffenfreie Welt. In diesem Jahr wird er 25 Jahre alt. Seither sind von dem Trägerkreis vielfältige Aktionen für eine atomwaffenfreie Welt ausgegangen. 2019 erhält die von ihm getragene Kampagne „Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt“ den Aachener Friedenspreis.

An die Öffentlichkeit trat der von IALANA, IPPNW, das Grundrechtekomitee, Netzwerk Friedenskooperative und Ohne Rüstung Leben gegründete Trägerkreis erstmals am Antikriegstag 1994 mit einer Pressekonferenz in Bonn. Anlass war die im Folgejahr bevorstehende Überprüfungskonferenz zum Nichtverbreitungsvertrag. Gegenüber der Presse wurde erklärt, man strebe den Ausstieg aus der Atomwirtschaft, eine umfassende nukleare Abrüstung und die internationale Ächtung aller Atomwaffen an – Letzteres bis zum 50. Jahrestag der Atombombenabwürfe auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki. Im Vorfeld der Überprüfungskonferenz wollte man die Haltung der Bundesregierung im Sinne der Friedensbewegung beeinflussen. Ebenso wandte man sich mit einer Massenbeilage in der „taz“ an die Öffentlichkeit.

In den Folgejahren wuchs der Trägerkreis auf einige Dutzend Organisationen an und 1997 fand eine erste große öffentliche Veranstaltung in der Universität München statt, u.a. mit Carl Friedrich von Weizäcker und Józef Rotblat, welcher 1995 stellvertretend für die „Pugwash Conferences on Science and World Affairs“ mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde. Schon im Jahr 1997 erlebten wir den ersten größeren Protestmarsch mit gut 150 Teilnehmenden, organisiert von der Gewaltfreien Aktion Atomwaffen Abschaffen (GAAA) und unterstützt von einem breiten Bündnis. Auch gab es eine große „Inspektion“ am Fliegerhorst Büchel. Die „InspekteurInnen“ waren motiviert durch das Gutachten des Internationalen Gerichtshofes von 1996 zur Völkerrechtswidrigkeit von Atomwaffen.
Ab 2003 gingen vom Trägerkreis verschiedene Kampagnen aus: „atomwaffenfrei bis 2020“ hieß es in den Jahren 2003-2006, 2007-2010 „unsere Zukunft – atomwaffenfrei“ und 2012 – 2015 „atomwaffenfrei.jetzt“. 2015 hat der „Trägerkreis Atomwaffen abschaffen“ die Kampagne „Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt“ ins Leben gerufen. Diese fordert von der Bundesregierung, dass die letzten Atombomben in Deutschland abgezogen, nicht aufgerüstet werden. Außerdem setzt sie sich für den Beitritt Deutschlands zum UN-Atomwaffenverbot ein, welches 2017 unter dem maßgeblichen Einfluss von ICAN zustande gekommen ist. Der Trägerkreis ist Teil des ICAN-Netzwerks und auch des internationalen Netzwerks „Abolition 2000“.

Um Druck auf die Bundesregierung zu machen, organisiert die Kampagne seit 2016 jährlich eine 20-wöchige Aktionspräsenz am Fliegerhorst Büchel in der Eifel. Zahlreiche Gruppen beteiligten sich in den vergangenen Jahren mit verschiedenen Aktionsformen – von Mahnwachen bis hin zu Aktionen des zivilen Ungehorsams wie etwa Blockaden und Go-In-Aktionen auf den Fliegerhorst - an diesen Aktionspräsenzen. Darüber hinaus hat die Kampagne gemeinsam mit ICAN Deutschland und der IPPNW Ende 2017 einen gemeinsamen Appell für den Beitritt Deutschlands zum Atomwaffenverbotsvertrag gestartet, welcher mittlerweile von mehr als 75.000 Menschen unterzeichnet wurde.

Der Einsatz für eine atomwaffenfreie Welt ist das Bohren dicker Bretter, und Fortschritte sind meist nur erkennbar, wenn man längere zeitliche Abschnitte betrachtet. Nichtsdestotrotz gibt es Fortschritte. In einem Artikel des FriedensForums aus dem Jahr 1994 hieß es im Titel noch: „48.000 Gründe, Atomwaffen abzuschaffen“. Gemeint waren die damals rund 48.000 Atomwaffen, die sich in den Arsenalen der Atommächte befanden. Heute sind es nur noch rund 15.000.

Auch bei der Forderung nach der Ächtung der Atomwaffen gab es in den vergangenen zwei Jahrzehnten Fortschritte. Der Internationale Gerichtshof (IGH) kam 1996 in dem bereits erwähnten Gutachten zu dem Schluss, dass die Bedrohung durch oder die Anwendung von Atomwaffen generell im Widerspruch zu den in einem bewaffneten Konflikt verbindlichen Regeln des internationalen Rechts und insbesondere den Prinzipien und Regeln des humanitären Völkerrechts stehen würde. Auch wenn der IGH offen ließ, ob die Bedrohung durch oder Anwendung von Atomwaffen in einer extremen Notwehrsituation, in der das reine Überleben eines Staates auf dem Spiel stehen würde, rechtmäßig oder unrechtmäßig sein würde, konnte damit ein erster Erfolg verbucht werden.

Ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zur Ächtung der Atomwaffen kam dann im Jahr 2017 mit dem Zustandekommen des Atomwaffenverbotsvertrages. Der Vertrag verbietet Entwicklung, Produktion, Test, Erwerb, Lagerung, Transport, Stationierung, Einsatz von und Drohung mit Atomwaffen. Weiterhin wird den Staaten die Stationierung von Atomwaffen auf eigenem Boden verboten. Der Vertrag wurde mittlerweile von 70 Staaten unterzeichnet. 23 von diesen haben ihn schon ratifiziert. Der Trägerkreis „Atomwaffen abschaffen – bei uns anfangen!“ setzt sich dafür ein, dass auch Deutschland dem Verbotsvertrag beitreten wird. Dass dafür ein langer Atem nötig ist, ist offensichtlich. Doch dass dieser beim Trägerkreis und seinen inzwischen über 65 Mitgliedsorganisationen vorhanden ist, dürften die vergangenen 25 Jahre Engagement für eine Welt ohne Atomwaffen unter Beweis gestellt haben.

Marvin Mendyka ist Campaigner bei "Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt".

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Referent für Social-Media und Öffentlichkeitsarbeit beim Netzwerk Friedenskooperative.