Atomwaffen

Büchel macht Mut und Spaß

von Brigitte Hornstein
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Unter dem Motto „20 Wochen gegen 20 Atombomben“ protestierten dieses Jahr am Fliegerhorst Büchel wieder unzählige Menschen gegen Atomwaffen. Ich kam eine Woche vor dem gemeinsamen kirchlichen Aktionstag mit IPPNW und ICAN Anfang August dazu, als dessen prominente Rednerin Margot Käßmann die Predigt bei einem Gottesdienst hielt. Das war natürlich wirklich beeindruckend. Klar und deutlich bezog sie gegen die menschenverachtenden Atomwaffen Stellung. Das tat gut.

Zuvor war es noch ruhiger im Camp. Von Jahr zu Jahr zaubern Carsten und einige HelferInnen mehr Komfort – irgendwo im Nirgendwo, auf einer Wiese, die als erstes noch gemäht werden muss. Sehr beeindruckend! Es gab schon die Zelte, Verpflegung, Toiletten, sogar fließendes Wasser.

Anfangs waren erst wenige Menschen da. Wenn man dort ankommt, scheint es jedes Mal, als stelle sich ein anderer Modus ein; alles geht langsamer – nahe an der Natur, wenige Dinge, die ablenken – ich darf mich fokussieren, was mich bei aller Aufmerksamkeit gleichzeitig erholt. Erfreulicherweise wurde gerade die Landebahn für die Tornados der Bundeswehr, die unter der Woche sonst täglich ihre Übungsflüge machen, gewartet oder repariert – es herrschte also geradezu himmlische Stille.

Täglich trudelten neue Leute ein, die sich an den Vorbereitungen für das Wochenende beteiligen wollten. Wir unternahmen kleine Ausflüge in die Umgebung, um die Bevölkerung über die Atomwaffen in ihrer Nähe zu informieren sowie über das nahende Aktionswochenende. Die Stimmung war freundlich bis zurückhaltend. Aggressive Reaktionen erlebten wir nie. Viele Menschen schätzen inzwischen den gewaltfreien Widerstand und seine konsequente Friedlichkeit – das hat über die Jahre zu einem anderen Denken in der Bevölkerung geführt.

Nur an den morgendlichen Mahnwachen vor dem Haupttor um sechs Uhr in der Früh nahm ich – als Angehörige der Fraktion der „Eulen“ – dieses Mal nicht teil. Dafür am Nachmittag umso lieber. In wechselnder Besetzung standen wir vor dem Haupttor, durch das alle müssen, die im Fliegerhorst arbeiten, wenn sie nach Hause wollen. Wir verabschiedeten jeden gebührend, zusammen mit der Botschaft: „Wir sind nicht gegen Sie, nur gegen die Atomwaffen“. Denn die SoldatInnen wollen wir für unser Anliegen gewinnen. Sie sind nicht unsere GegnerInnen – die Waffen sind es sowie die PolitikerInnen, die vielleicht ihren Einsatz beschließen. Viele SoldatInnen winkten sogar zurück.

Während sich im Laufe der Tage das Camp füllte, begannen vor Ort die Vorbereitungen für die Workshops, die am Wochenende angeboten wurden, sowie die Vorbereitung für die Aktion Zivilen Ungehorsams, die nach dem Wochenende stattfinden sollte. Bei den Workshops war für jede und jeden etwas dabei – Singen, Theater, Musikbeiträge, Reflexionen zu Bildern, die mit Texten und Kommentaren versehen werden und an eine große Wand gepinnt werden konnten, Gespräche und das „Bombenballett“ von Nikolaus Huhn. Die 20 originalgroßen Bombenattrappen veranschaulichten die ansonsten eher abstrakte Gefahr der Atombomben. Es war eine bunte Mischung an Ideen, die den Vorlieben und Ideen derjenigen entsprachen, die Büchel 2019 vorbereitet hatten. So blieb bei aller Arbeit, die damit verbunden war, die Freude spürbar.

Das Camp wuchs – am Freitagabend waren plötzlich richtig viele Leute da. Eine Mischung aus Festival und Campingurlaub schwebte über allem – der Geist der Friedensbewegung der 80er Jahre – ich fühlte mich zurückversetzt zu den Anfängen meines politischen Engagements. Der Umgang war geprägt von der einen Sache, die uns verband, für die alle gekommen waren. Dinge, die uns im Alltag vielleicht trennen würden, spielten keine Rolle. Toleranz, Geduld und Friedlichkeit prägten die Stimmung. Am Sonntag waren es schließlich über 1.000 TeilnehmerInnen, darunter auch die Gruppe der US-AktivistInnen, die teils Jahre ihres Lebens im Gefängnis gesessen haben wegen Zivilen Ungehorsams gegen Atomwaffen in den USA.

Ich bin sehr froh, wieder in Büchel gewesen zu sein. Für mich bedeutet es, ganz konkret etwas zu tun, das meiner tiefen Überzeugung entspricht. Büchel macht Mut, es gibt Kraft, es macht Spaß. Allen, die neugierig geworden sind, kann ich nur empfehlen: Kommt auch einmal hierher! Nehmt Euch ein paar Tage frei, lasst das Handy zuhause, genießt die Weite, die Landschaft – und dann spürt den grotesken Widerspruch dieser Schönheit zu den Waffen, an deren Existenz die dröhnenden Tornados im Normalbetrieb hier (leider) regelmäßig erinnern. Es gibt sicherlich auch woanders schöne Möglichkeiten, seine freie Zeit zu verbringen. Für mich ist die Teilnahme an den Aktionen in Büchel eine der sinnvollsten und insgesamt gewinnbringendsten Arten, aktiv zu werden. Also – sehen wir uns 2020? Ich würde mich freuen! Ich werde sicherlich wieder dort sein!

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Brigitte Hornstein ist Ärztliche Psychotherapeutin und hat sowohl am Aktionsfestival gegen Atomwaffen in Büchel teilgenommen als auch mehrmals bei Aktionen Zivilen Ungehorsams dort vor Ort.